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Die Schwestern Sylvia, Amelia und Julia sind wilde Teenager, die ihre Mutter permanent überfordern. Deren Sonnenschein ist die von allen innig geliebte kleine Olivia. In einer heißen Sommernacht verschwindet die Kleine spurlos. Dreißig Jahre später taucht Olivias Lieblingsspielzeug auf. Was ist damals passiert? Die Schwestern betrauen den Privatdetektiv Jackson mit dem Fall. Nach und nach lernt Jackson die drei Schwestern näher kennen und sieht, dass das Verschwinden Olivias das Drama ihres Lebensist. All ihre Träume und Sehnsüchte haben sich verflüchtigt, die kleine Schwester dagegen ist…mehr

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Produktbeschreibung
Die Schwestern Sylvia, Amelia und Julia sind wilde Teenager, die ihre Mutter permanent überfordern. Deren Sonnenschein ist die von allen innig geliebte kleine Olivia. In einer heißen Sommernacht verschwindet die Kleine spurlos. Dreißig Jahre später taucht Olivias Lieblingsspielzeug auf. Was ist damals passiert? Die Schwestern betrauen den Privatdetektiv Jackson mit dem Fall. Nach und nach lernt Jackson die drei Schwestern näher kennen und sieht, dass das Verschwinden Olivias das Drama ihres Lebensist. All ihre Träume und Sehnsüchte haben sich verflüchtigt, die kleine Schwester dagegen ist ständig anwesend. Jackson kennt dieses Gefühl. Auch er hat seine Schwester plötzlich verloren. Obwohl er nicht glaubt, dass er den Fall lösen kann, trägt er pflichtbewusst seine Ermittlungsergebnisse zusammen und entdeckt durch einen Zufall den Schlüssel zu dem tragischen Verlust der drei Schwestern.
Autorenporträt
Kate Atkinson, geb. 1951 in York, studierte in Dundee und kehrte nach ihrem Universitätsabschluss in ihre Heimatstadt zurück. Bereits ihre ersten Kurzgeschichten werden mit Preisen ausgezeichnet.
1996 erhält sie für ihren ersten Roman (Behind the Scenes at the Museum, deutsch: Familienalbum) den angesehenen Whitbread Award.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2005

Die Sehnsucht der Axtmörderin
Bloß nicht stillstehen: Kate Atkinsons rätselhafter neuer Roman

Ein dreijähriges Mädchen verschwindet in einer heißen Sommernacht spurlos aus einem Zelt im elterlichen Garten; ein Vater hastet siebenundzwanzig Jahre später wie im Traum auf seine Tochter zu, die in ihrem eigenen Blut zu ertrinken scheint; an einem ganz normalen Nachmittag des Jahres 1979 weckt ein Mann ein schlafendes Baby, eine Frau spaltet dem Mann mit der Axt und dem Zorn eines in die Enge getriebenen Lebens den Schädel.

Polizei und Armee durchkämmen auf der Suche nach der kleinen Olivia Felder und Moore, und die englische Schriftstellerin Kate Atkinson läßt von Anfang an keinen Zweifel daran bestehen, daß die drei Episoden, mit denen ihr verstörender neuer Roman beginnt, das weitere Leben der Figuren lenken werden: das ausweglose Dasein der zurückgelassenen Väter, der Mütter und Kinder, die bei Kate Atkinson, deren Bücher den eiskalten Schrecken im Herzen der Familie beschreiben, vor allem doch immer Überlebende sind. Theo streichelt das blutverklebte Haar seiner Tochter, während sich das Phantombild von Lauras unbekanntem Mörder schon unauslöschlich in seine Erinnerung brennt; Michelle betrachtet ihr Baby, das inzwischen längst wieder schläft, und denkt an den Duft des wilden Flieders, den sie am Morgen - in einem anderen Leben, in einer freudlosen Welt - ins Haus getragen hatte. Die "Case Histories", so der englische Titel von "Die vierte Schwester", erzählen von schicksalhaften Momenten, in denen eine brutale Erschütterung den Faden der Zeit zu zerreißen scheint: Als unheilvolles Präludium haben die drei Vorgeschichten einen traumatischen Klang, der diesen spannenden Roman bis in die letzten Winkel durchdringt und die fragilen Biographien der Figuren noch Jahre nach den Ereignissen mit konzertanter Wucht zu zerschlagen droht.

Ein groteskes Schwesternpaar engagiert Jackson, weil ein lange verschollenes Spielzeug plötzlich wiederaufgetaucht ist; für einen Vater soll er den Mörder seiner Tochter finden, für Shirley Morrison das Kind ihrer Schwester Michelle. Jackson Brodie, Protagonist des Romans, ist Privatdetektiv. Er ist der Vater eines frühreifen achtjährigen Mädchens, er träumt mit fünfundvierzig Jahren bereits von einem Ruhestand im Süden Frankreichs. Im Sommer 2004 laufen in seinem kleinen Büro in Cambridge die disparaten Handlungsstränge der drei Anfangskapitel zusammen und verbinden sich zu einer Geschichte, in die Jackson bald ebenso unlösbar verwickelt ist wie seine in den dunklen Räumen ihrer Vergangenheiten gefangenen Auftraggeber.

Julia und Amelia, zwei der drei Schwestern der vor nunmehr vierunddreißig Jahren verschwundenen Olivia, sind an den scharfen Rändern der zerbrochenen Familie zu glücklosen Zynikerinnen herangewachsen, deren Haß sich vor allem gegen ihren erst vor wenigen Tagen verstorbenen Vater richtet. Theo ist zehn Jahre nach der Ermordung seiner Tochter haltlos aus dem Leben gekippt und hofft auf die erlösende Rückkehr des gesichtslosen Mannes im gelben Golfpullover, der Laura mit seinem Jagdmesser den Hals aufschnitt. Ganz Cambridge ist sein Reliquienschrein. Bäume stehen auf dem verlassenen Friedhof, und in einem der zahlreichen Schreckensbilder, die diesen Roman zu einem zwiespältigen Vergnügen machen, sitzt ein Vater am Grab seiner Tochter und stellt sich vor, wie die Wurzeln der Bäume unbeirrt und heimlich durch ihren Brustkorb wachsen.

Jacksons Ermittlungen geben der Handlung eine zielgenaue Richtung, aber "Die vierte Schwester" ist am Ende ebensowenig ein Kriminalroman, wie er in erster Linie von der verschwundenen Olivia handelt, dem jüngsten der vier Kinder des in bedeutungsloser Arbeit vertieften Mathematikers Victor Land, in dessen Schreibtisch kurz nach seinem Tod das Kuscheltier gefunden wird, das im Sommer 1970 zusammen mit Olivia verschwand. Zwar lassen das Nacheinander und die Zusammenhanglosigkeit der drei Familientragödien, die Atkinson auf den ersten sechzig Seiten prägnant und skizzenhaft abarbeitet, den Anfang etwas fragmentarisch erscheinen, aber im Anschluß an diese Exposition versteht es die Autorin hervorragend, ihren Roman in der Balance zu halten und bis zu seinem überraschenden Ende einer verborgenen Ordnung zu unterwerfen. Sie zoomt Jackson Brodie und drei der anderen Figuren in der schnellen Folge zumeist kurzer Kapitel abwechselnd dicht heran; sie unterläuft die Chronologie der Ereignisse, indem sie die verschiedenen Perspektivlinien, auf denen sich die Handlung bewegt, effektvoll aufeinandertreffen läßt; sie bündelt die Innenperspektiven ihrer Figuren zu einem einzigen messerscharfen Blick, dem keine Deformierung des bloßgestellten Körpers der modernen Familie entgeht. Ein Kind wird entführt, ein anderes wird das zufällige Opfer eines Psychopathen. Ein Vater mißbraucht seine schönste Tochter und zerstört das Leben ihrer unattraktiven Schwester, indem er diese zurückweist. Unbemerkt wächst im Bauch einer Schwangeren neben dem Baby ein bösartiger Tumor; eine junge Frau ruft nach der Ermordung ihres Mannes die Polizei, nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis ist sie dann unaufhaltsam auf der Flucht: In jenem England, in dem Kate Atkinsons Familienroman spielt, ist es schließlich die Figur der als "Axtmörderin" bekannt gewordenen Michelle Fletcher, in der die ungestillte Sehnsucht nach einem freien und unbeschadeten Leben am deutlichsten zum Ausdruck kommt. Michelle hat ihre Erinnerungen weitgehend verdrängt, weshalb auch der Leser ihr nur allmählich auf die Spur kommt; sie springt mühelos von einem Leben ins nächste und verspürt keine Verantwortung für die Ruinen, die sie anderen dabei hinterläßt. Das Glück, so die entmutigende These von Kate Atkinsons Roman, liegt nicht im Schoß der Familie; "der Trick", so Michelle, bevor sie ein weiteres Mal in ihren Wagen steigt, "bestand darin, nicht stillzustehen".

"Die vierte Schwester" ist nach den weniger überzeugenden Romanen "Ein Sommernachtsspiel" und "Die Ebene der schrägen Gefühle" zweifellos Atkinsons gelungenstes Buch seit der Veröffentlichung ihres literarischen Bestsellers "Familienalbum" vor zehn Jahren. Während der vergleichsweise konventionelle Aufbau ihres Debütromans mit verhältnismäßig wenigen Überraschungen aufwartete, fasziniert "Die vierte Schwester" nicht zuletzt aufgrund der komplexen Struktur, in der die Autorin die Lebensgeschichten ihrer Figuren wirkungsvoll zu entfalten versteht.

Paradoxerweise ist es andererseits aber gerade diese spielerische Komplizierung der Erzählung, die schließlich dazu beiträgt, daß sich trotz aller Bewunderung für Kate Atkinsons Kunstfertigkeit nicht der Eindruck einstellen will, es mit etwas Ernsthafterem als einem sehr gelungenen und in seiner Perfidie auf jeden Fall außergewöhnlichen Unterhaltungsroman zu tun zu haben. Das schauerliche Weltbild, zu dem sich die stark überinszenierten Geschichten verdichten, wirkt in seiner monochromen Ausmalung wie die Kehrseite einer eskapistischen, in rosaroten Farben dahinfließenden Glücksliteratur.

THOMAS DAVID

Kate Atkinson: "Die vierte Schwester". Roman. Aus dem Englischen von Anette Grube. Droemer Verlag, München 2005. 400 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

"Falsches Leben, falsche Männer, falsche Träume" - Kate Atkinsons Charakterisierung ihrer vornehmlich weiblichen Figuren hat Rezensent Maik Söhler nach der Lektüre des vorliegenden Romans noch etwas hinzusetzen, nämlich "falsche Frauen". Denn die Geschichte um den Privatdetektiv Jackson Brodie, der von drei Schwestern beauftragt wird, die Spur ihrer vor 30 Jahren verschwundenen Schwester Olivia aufzunehmen, führt den Leser in eine für Atkinson sehr typische Welt geschundener und antriebsloser Existenzen, deren Identität alles andere als sicher ist, erzählt Söhler. Irgendwie, so der Rezensent weiter, ist alles um Brodie herum gewalttätig und blutig, und die Welt, die sich in diesem Roman eröffnet, erscheint gut und gerne als eine der hässlichsten aller möglichen Welten. Kein bisschen frischer Wind rege sich - weder im Allgemeinen noch im Fall Olivia. Keiner der damals ermittelnden Beamten lebe mehr, es gebe keine neuen Spuren, und somit könne Brodie lediglich hoffen, aus "Gesprächen mit den noch lebenden Psychowracks", bei denen Vergessen und Verschweigen Hand in Hand gehen, Erkenntnisse zu gewinnen. Dem Rezensenten hat dieses gruselige Ambiente sehr gut gefallen, weniger jedoch, dass auch Brodie eine entsprechende Vorgeschichte vorzuweisen hat - die Ermordung seiner geliebten Schwester. Dies wirke nicht nur konstruiert, sondern auch insofern kitschig, als der Mord den Ausgang aus einer heilen Welt bedeute - eine heile Welt, die inmitten der grauen Gruseligkeit nichts verloren habe.

© Perlentaucher Medien GmbH
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