Der österreichischer Schriftsteller Franz Werfel (1890-1945) hatte 1930 eine Nahostreise unternommen und war dabei mit dem Schicksal armenischer Flüchtlinge konfrontiert worden, die über ein Jahrzehnt zuvor aus der Türkei vertrieben worden waren. Durch diese Begegnungen derart erschüttert, beschloss
er, den Widerstand der Armenier gegen die Übermacht der Türken, das Verbrechen dieses Genozids in…mehrDer österreichischer Schriftsteller Franz Werfel (1890-1945) hatte 1930 eine Nahostreise unternommen und war dabei mit dem Schicksal armenischer Flüchtlinge konfrontiert worden, die über ein Jahrzehnt zuvor aus der Türkei vertrieben worden waren. Durch diese Begegnungen derart erschüttert, beschloss er, den Widerstand der Armenier gegen die Übermacht der Türken, das Verbrechen dieses Genozids in Form eines großen Romans ins dauernde Bewusstsein der Europäer zu bringen.
Im Mittelpunkt seines 1933 erschienenen Romans „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ steht der wohlhabende Geschäftsmann Gabriel Bagradian, der nach jahrelangem Aufenthalt in Paris mit seiner Familie in seine vorderasiatische Heimat zurückkehrt. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhindert die Rückkehr nach Europa. Trotz seiner Immunität muss er am eigenen Leibe die zunehmende Diskriminierung der Armenier durch die Türken erleben.
Als der Bevölkerung die tödliche Deportation droht, übernimmt Bagradian die Führung der bedrängten Armenier und organisiert den militärischen Widerstand. Der lang gediente Armee-Offizier hatte zuvor das naheliegende Gebirgsmassiv des Musa Dagh erkundet und einen Plan zum Ausbau einer Festung entwickelt. Und tatsächlich gelingt es ca. 5000 tapferen Armeniern mit dem Todesmut der Verzweiflung, den angreifenden türkischen Truppen wochenlang Paroli zu bieten.
Der Roman, der kurz nach dem Erscheinen von den Nationalsozialisten verboten wurde ist ein literarisches Dokument über den ersten staatlich legitimierten Völkermord der modernen Geschichte. Zugleich wurde er als Gleichnis auf die in Deutschland bald einsetzende Judenverfolgung angesehen.
Im Freiburger Audiobuch Verlag ist nun auf zwei MP3-CDs eine gekürzte Lesung (Spieldauer 782 Minuten) dieses bewegenden Romans erschienen. Dafür konnte der bekannte Sprecher Christian Brückner (Jg. 1943) gewonnen werden, der seine vielseitige Stimme wunderbar einsetzt, um das erschütternde Schicksal der Armenier erlebbar zu machen. Bei jedem Satz spürt man, dass Brückner vorher die Gedanken und Worte des Autors gewogen hat und sie dann in den Rhythmus seiner Lesung einbaut. Zum besseren und übersichtlichen Anhören ist die Lesung in zahlreiche Tracks (meist von einer Länge von sieben Minuten) unterteilt.
Fazit: Ein faszinierendes Stück Weltliteratur als Hörbuch.
Manfred Orlick