„Die Vision des Papstes“ – eine Idee drängt nach Verwirklichung
Besonders gut an dieser Neuausgabe finde ich, dass sie – 40 Jahre nach Erstveröffentlichung – unter authentischem Verfassernamen erscheint, nämlich Edmund Schlink, und nicht mehr wie 1975 unter Pseudonym. Bereichert wird diese
Neuausgabe durch zwei einfühlsame Geleitworte verschiedener Konfessionen, und zwar von Kardinal Lehmann…mehr„Die Vision des Papstes“ – eine Idee drängt nach Verwirklichung
Besonders gut an dieser Neuausgabe finde ich, dass sie – 40 Jahre nach Erstveröffentlichung – unter authentischem Verfassernamen erscheint, nämlich Edmund Schlink, und nicht mehr wie 1975 unter Pseudonym. Bereichert wird diese Neuausgabe durch zwei einfühlsame Geleitworte verschiedener Konfessionen, und zwar von Kardinal Lehmann und von Bischof Klaus Engelhardt. Zusammen mit Schlinks Standardwerk „Ökumenische Dogmatik“ gehört diese Novelle sicher zum bleibenden Vermächtnis eines großen Ökumenikers. Doch wer war eigentlich der Verfasser, was motivierte ihn?
Edmund Schlink (1903-1984) war evangelischer Theologe und Professor für Systematische Theologie. Unter dem Pseudonym Sebastian Knecht veröffentlichte er im Jahre 1975 die Erzählung „Die Vision des Papstes“, mit der er die ökumenische Verständigung neu beleben wollte; außerdem erhoffte er sich durch die pseudonyme Publikation, die in mehrere Sprachen übersetzt wurde, vielfältige Impulse für den internationalen zwischenkonfessionellen Dialog. Ganz nebenbei weist diese Erzählung den Autor als exzellenten Kenner der Materie aus.
Diese Erzählung handelt nicht von einem historischen Papst – und dennoch beansprucht sie, eine wahre Geschichte zu sein. Aber ihre Wahrheit ist keine historische Wahrheit, sondern die Wahrheit einer Idee, die in die Geschichte hineinwirkt, ein Impuls, der nach geschichtlicher Verwirklichung drängt.
Diese Idee ist keine Erfindung des Autors, denn sie beschäftigt seit vielen Jahrhunderten das abendländische Denken: die Idee des „Papa angelicus“, eines „engelgleichen Papstes“, der die Zerrissenheit des Leibes Christi visionär wahrnimmt und sich die Überwindung konfessioneller Grenzen zur Lebensaufgabe macht. Mit anderen Worten, eines Nachfolgers Petri, durch dessen Dienst die eigentliche Bestimmung der einen und allumfassenden Kirche erfüllt und die Sehnsucht der Menschheit gestillt würde. So will Schlinks Erzählung zugleich eine Warnung davor sein, dass die Kirchen sich gegeneinander verhärten, und zu Versöhnung und Frieden anregen.