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Die Wahl rechtsextremer Parteien sorgt in regelmäßigen Abständen für mediale Aufmerksamkeit und Besorgnis. Dennoch ist das Phänomen des sehr gemischten Erfolges rechtsextremer Parteien noch wenig geklärt. Dieses Buch untersucht deshalb erstmals umfassend und auf breiter empirischer Datenbasis für 13 EU-Staaten sowie Norwegen und über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren die Wähler und die Bedingungen für die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien.

Produktbeschreibung
Die Wahl rechtsextremer Parteien sorgt in regelmäßigen Abständen für mediale Aufmerksamkeit und Besorgnis. Dennoch ist das Phänomen des sehr gemischten Erfolges rechtsextremer Parteien noch wenig geklärt. Dieses Buch untersucht deshalb erstmals umfassend und auf breiter empirischer Datenbasis für 13 EU-Staaten sowie Norwegen und über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren die Wähler und die Bedingungen für die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien.
Autorenporträt
Dr. Kai Arzheimer ist Politikwissenschaftler und lehrt am Department of Government, University of Essex.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2009

Tiefer sitzende Einstellungen
Den rechtsextremen Wählern in Westeuropa auf der Spur

Seit den achtziger Jahren sind rechtsextreme und -populistische Parteien zu einer Dauererscheinung der meisten politischen Systeme in Westeuropa geworden. Über die Ursachen dieser Veränderung besteht - wie könnte es anders sein - in der Wissenschaft keine Einigkeit. Dies macht es den politischen Akteuren des "Mainstreams" leicht, die Erklärungen für den Erfolg der extremen Rechten in ihrem Sinne zurechtzubiegen. Neigen die Vertreter des bürgerlichen Lagers dazu, in der Zuwanderung den Hauptgrund für das Anwachsen der Rechtsaußenparteien zu sehen, so führen die Linken deren Aufstieg gerne auf die Arbeitslosigkeit und zunehmende Verteilungsungerechtigkeit zurück. Beiden Seiten stellen dabei zur Begründung übereinstimmend auf die Protestwahlthese ab, in der die Hoffnung auf eine prinzipielle Rückkehrbereitschaft der abtrünnigen Wähler in die jeweiligen Lager mitschwingt. Die wesentlich unbequemere Einsicht, dass es sich bei der Wahl der extremen Rechten um ein tiefer sitzendes Einstellungssyndrom handeln könnte, soll damit offenbar verdrängt werden.

Aus welchen Gründen die Wähler in Westeuropa sich tatsächlich für die extreme Rechte entscheiden und warum deren Wahlerfolge sowohl im Zeitverlauf als auch zwischen den einzelnen Ländern so stark schwanken, liegt wissenschaftlich durchaus nicht im Dunkeln. Kai Arzheimers voluminöser Studie gebührt das Verdienst, dass sie diese Fragen auf der Basis der in jahrzehntelanger Forschung entwickelten Erklärungsmodelle der Wahlforschung im Allgemeinen und der Rechtsextremismusforschung im Speziellen zum ersten Mal systematisch und annähernd erschöpfend adressiert. Gestützt auf das verfügbare Umfragedatenmaterial und unter Einsatz der einschlägigen statistischen Methoden (insbesondere der Regressionsanalyse), werden in der Untersuchung nicht weniger als 63 Hypothesen getestet, die aus den Fragen ableitbar sind. Berücksichtigung finden außer der Schweiz alle Länder der früheren EU-15 plus Norwegen. Die Auswahl der Parteien orientiert sich an einem weitgefassten Begriffsverständnis der extremen Rechten, das eher räumlich als inhaltlich angelegt ist, den Grad der extremistischen oder antidemokratischen Orientierung der betreffenden Parteien also bewusst offenlässt.

Zur Erklärung des Wahlverhaltens werden zwei Gruppen von Variablen unterschieden. Die erste Gruppe umfasst die individuellen Merkmale des Wählers, die sich grob in sozialstrukturelle (Geschlecht, Alter, Bildung, Kirchenbindung) und Einstellungsmerkmale unterteilen lassen (Links-rechts-Einstufung, Demokratiezufriedenheit, Einstellungen gegenüber Fremden). Während der Einfluss dieser Merkmale in allen Ländern in dieselbe Richtung tendiert, hängt es von den jeweiligen Kontextbedingungen des politischen Systems ab, wie stark sie die Unterstützung der extremen Rechten begünstigen oder nicht. Zu den Kontextbedingungen gehören zum Beispiel die Asylbewerberquote, die Arbeitslosenzahl, die Höhe der Sozialleistungen, das Wahlsystem, die Regierungskonstellation und die Themenagenda der Mainstream-Parteien.

Was die erste Gruppe angeht, kann der Autor den Einfluss der einstellungsbezogenen Merkmale deutlich nachweisen. Die These des "unideologischen Protestwählers", die an Wahlabenden von den Vertretern des Mainstreams regelmäßig bemüht wird, um eigene Verluste an die Rechtsaußenparteien zu verharmlosen, muss also zurückgewiesen werden. Der stärkste Einfluss auf die Wahlentscheidung geht von der negativen Einstellung gegenüber den Migranten aus, die unter männlichen, jüngeren und weniger gebildeten Befragten sowie Arbeitern und Arbeitslosen am ausgeprägtesten ist.

Was die Kontextbedingungen betrifft, stehen sowohl die Asylbewerber- und Arbeitslosenquote als auch die Berücksichtigung ("Salienz") rechter Themen in der Programmatik der anderen Parteien mit der Wahl der extremen Rechten in einem positiven Zusammenhang. Die Vorstellung, den Rechtsextremen durch die Übernahme ihrer Themen das Wasser abgraben zu können, erweist sich von daher als irrig. Auf der anderen Seite wirkt es sich nachteilig auf die Unterstützungsbereitschaft der extremen Rechten aus, wenn die etablierten Vertreter einen restriktiven Kurs in der Einwanderungspolitik einschlagen. Dasselbe gilt für die Regierungsmacht oder Regierungsbeteiligung linker Parteien, die es der bürgerlichen Rechten ermöglicht, sich in der Oppositionsrolle zu radikalisieren. Für die beiden letztgenannten Hypothesen, die der Salienzhypothese scheinbar widersprechen, sind die empirischen Belege freilich insgesamt recht schwach.

Wenig ergiebig sind die Befunde, die die weit auseinanderklaffenden Ergebnisse der Rechtsaußenparteien in den einzelnen Ländern erklären sollen. Das Spektrum reicht hier von annähernder Bedeutungslosigkeit (iberische Länder) bis hin zur hochgradig relevanten politischen Kraft (Belgien, Österreich, Frankreich, Dänemark und Norwegen). Der Autor folgert daraus, dass in der Untersuchung nicht berücksichtigte längerfristige Einflüsse der politischen Kultur, des Elitenverhaltens und der Medien für diese Unterschiede verantwortlich seien, die sich der Erfassbarkeit durch eine quantitative Analyse weitgehend entzögen. In dieser sympathischen Reflexion der Grenzen des eigenen Forschungsansatzes spiegelt sich ein generelles Problem der quantitativ-statistischen Verfahren, die aufgrund ihrer hohen Komplexität gegen eine empirische Widerlegung praktisch immunisiert sind (sofern man sich nicht die Mühe macht nachzurechnen). Über den engeren Kreis der methodisch versierten Wahlsoziologen hinaus wird man die Resultate dieser imponierenden Forschungsarbeit daher wohl registrieren, aber nicht wirklich nachvollziehen können.

FRANK DECKER

Kai Arzheimer: Die Wähler der extremen Rechten 1998-2002. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008. 501 S., 49,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Verdienste dieser Studie von Kai Arzheimer streicht Frank Decker deutlich heraus. Dass der Autor die Gründe für die Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in Westeuropa erstmals systematisch und "annähernd erschöpfend" analysiert und sich dazu sowohl der einschlägigen Modelle der Wahl- wie auch der Rechtsextremismusforschung bedient, hält er für so sinnvoll wie überfällig. Respekt hat Decker vor dem Berg an Umfragematerial, das den Autor unter Zuhilfenahme statistischer Methoden zu nicht weniger als 63 Hypothesen führt. Decker erläutert das Variablenmodell, mit dem der Autor rechtes Wahlverhalten zu erklären versucht. Er stellt fest, dass Arzheimer den Einfluss individueller Merkmale des Wählers wie auch die Bedeutung von "Kontextbedingungen", etwa die Arbeitslosenquote, nachweisen kann. Betreffend den Vergleich zwischen den Ländern erscheinen Decker die vorgestellten Befunde allerdings wenig ergiebig. Um so sympathischer ist ihm der Autor, der in diesem Zusammenhang die Grenzen des eigenen Forschungsansatzes reflektiert. Das Zielgruppenfazit des Rezensenten lautet: Ein Buch weniger für den interessierten Laien, als für methodisch versierte Wahlsoziologen.

© Perlentaucher Medien GmbH
Pressestimmen zur 1. AUflage:

"[...] umfassende Forschungsarbeit, die für ein konkretes Forschungsgebiet eine ganze Reihe interessanter, empirisch gut untermauerter Erkenntnisse bereithält." Politische Bildung, 1-2013

"Kai Arzheimer hat mit diesem Buch eine sehr ambitionierte, methodisch durchdachte, anspruchsvolle und überzeugende Studie vorgelegt, [...]." PVS - Politische Vierteljahresschrift, 2-2010

"Arzheimers Studie beeindruckt durch den enormen Aufwand seiner wissenschaftlichen Arbeit, wobei der empirische Wahlforscher mit der Auswertung seines statistischen Materials den unterschiedlichsten analytischen Verästelungen nachgeht. In dieser Breite dürfte die Studie noch für Jahre einen hohen Maßstab für weitere Analysen zum Themenkomplex setzen. [...] die zukünftige Debatte und Forschung [sollte] diese bedeutende und wegweisende Arbeit nicht ignorieren." www.hpd.de (hpd - humanistischer pressedienst), 19.01.2009

"Methodisch stellt der Band mit der zentralen Längsschnittanalyse und ergänzenden Querschnittsanalysen den 'state of the art' politikwissenschaftlicher Rechtsextremismusforschung dar. Arzheimer kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere fremdenfeindliche Einstellungen auf der Individualebene die Wahl derartiger Probleme erklären und die spezifische Soziodemografie ihrer Elektorate erklären können. Darüber hinaus weist der Autor aber auch auf die gewichtige Rolle von Kontexteffekten hin. Insgesamt präsentiert er eine herausragende empirische Arbeit im Bereich der Rechtsextremismusforschung." www.zpol.de (Zeitschrift für Politikwissenschaft), 09.12.2008
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