Das Leben im Hühnerhof läuft wie gewohnt: Jedes Huhn weiß, was es zu tun hat (Eier legen) und wo es am schönsten ist (dort, wo es jeden Tag Futter gibt). Umso größer ist deshalb die Aufregung, als Wasserschweine im Hühnerhof Schutz suchen, weil draußen Jagdsaison ist. Die »Eindringlinge« dürfen bleiben, aber die Hühner diktieren die Regeln. Als aber ein Küken anfängt, mit einem Wasserschwein zu spielen, geraten die Vorurteile ins Wanken. Eine Geschichte, die ihre Wahrheiten schmunzelnd zeigt und zum Schluss gar den eigenen Witz übertrifft.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Marlene Zoehrer gefällt die kleine Fabel über Vorurteile, Freundschaft und Freiheit von Alfredo Soderguit. Der uruguayische Autor und Künstler erzählt darin, wie eine Herde Wasserschweine vor der Jagdzeit in einen Hühnerunterschlupf flieht und wie sich nach einem dramatischen Schlüsselerlebnis ein Miteinander von Schweinen und anfänglich misstrauischen Vögeln entwickelt, so Zoehrer. Die Bilder in Buntstiftoptik erzeugen nicht nur Spannung, sondern regen auch zum Nachdenken über ein friedliches Miteinander an, schließt die Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.09.2021Unterkunft für nasse Nager
Eine Fabel über Vorurteile, Freundschaft und Freiheit
Eine kleine Hütte mit rotem Wellblechdach und Wetterhahn, idyllisch am schilfbewachsenen Ufer gelegen – die Hühner haben es gut getroffen. Ihr Leben innerhalb des Maschendrahtzauns verläuft bequem und in geregelten Bahnen. Kein Wunder also, dass die Aufregung groß ist, als mit einem Mal eine Herde Wasserschweine an ihrem Uferabschnitt auftaucht. „Sie sind viele. Sie sind haarig. Sie sind nass. Und sie sind viel zu groß! NEIN! Hier ist kein Platz für sie.“
Die Hühner sind empört; doch die Wildtiere sind in Not: Die Jagdzeit hat begonnen. Sie können nicht zurück. Unter strikten Auflagen, die nicht hinterfragt werden dürfen und der Ab- und Ausgrenzung der Neuankömmlinge dienen, gewähren die Hühner den Nagern schließlich doch Unterschlupf im Gehege. Während sich ein Küken und das junge Capybara, wie die Wasserschweine in ihrer südamerikanischen Heimat auch genannt werden, gleich sympathisch sind, öffnet den erwachsenen Hühnern erst ein dramatisches Schlüsselerlebnis – die Wasserschweine retten ein Küken vor dem Wachhund – die Augen: Wasserschweine im Hühnerstall sind für alle ein Gewinn. Und vielleicht sollte man sogar das mit dem bequemen Leben nochmals überdenken?
Die Geschichte, die Alfredo Soderguit in diesem in Buntstiftoptik gestalteten Bilderbuch erzählt, wirkt lange nach. Sie regt zum Nachdenken und Sprechen über Vorurteile, Ausgrenzung, Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Freiheit an. Dank der sympathischen Protagonisten und der in Grau- und Brauntönen (mit einzelnen roten Akzenten) gestalteten Bilder des uruguayischen Künstlers hebt sich „Die Wasserschweine im Hühnerhof“ dabei positiv von Büchern mit ähnlicher Thematik und Handlung ab. Gekonnt nutzt er, der für seine Animationsfilme ausgezeichnet wurde, unterschiedliche Bildformate und -folgen, um Spannung zu erzeugen. Und um in einem fein austarierten Zusammenspiel von Text und Bild, von Daseinsernst und Leichtigkeit ebenso vielschichtig wie einfühlsam und glaubwürdig von der Hoffnung auf ein friedliches Miteinander zu erzählen. (ab 4 Jahre)
MARLENE ZOEHRER
Alfredo Soderguit: Die Wasserschweine im Hühnerhof. Aus dem Spanischen von Eva Roth. Atlantis, 2021. 40 Seiten, 16 Euro.
Illustration aus Alfredo Soderguit: Die Wasserschweine im Hühnerhof
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Eine Fabel über Vorurteile, Freundschaft und Freiheit
Eine kleine Hütte mit rotem Wellblechdach und Wetterhahn, idyllisch am schilfbewachsenen Ufer gelegen – die Hühner haben es gut getroffen. Ihr Leben innerhalb des Maschendrahtzauns verläuft bequem und in geregelten Bahnen. Kein Wunder also, dass die Aufregung groß ist, als mit einem Mal eine Herde Wasserschweine an ihrem Uferabschnitt auftaucht. „Sie sind viele. Sie sind haarig. Sie sind nass. Und sie sind viel zu groß! NEIN! Hier ist kein Platz für sie.“
Die Hühner sind empört; doch die Wildtiere sind in Not: Die Jagdzeit hat begonnen. Sie können nicht zurück. Unter strikten Auflagen, die nicht hinterfragt werden dürfen und der Ab- und Ausgrenzung der Neuankömmlinge dienen, gewähren die Hühner den Nagern schließlich doch Unterschlupf im Gehege. Während sich ein Küken und das junge Capybara, wie die Wasserschweine in ihrer südamerikanischen Heimat auch genannt werden, gleich sympathisch sind, öffnet den erwachsenen Hühnern erst ein dramatisches Schlüsselerlebnis – die Wasserschweine retten ein Küken vor dem Wachhund – die Augen: Wasserschweine im Hühnerstall sind für alle ein Gewinn. Und vielleicht sollte man sogar das mit dem bequemen Leben nochmals überdenken?
Die Geschichte, die Alfredo Soderguit in diesem in Buntstiftoptik gestalteten Bilderbuch erzählt, wirkt lange nach. Sie regt zum Nachdenken und Sprechen über Vorurteile, Ausgrenzung, Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Freiheit an. Dank der sympathischen Protagonisten und der in Grau- und Brauntönen (mit einzelnen roten Akzenten) gestalteten Bilder des uruguayischen Künstlers hebt sich „Die Wasserschweine im Hühnerhof“ dabei positiv von Büchern mit ähnlicher Thematik und Handlung ab. Gekonnt nutzt er, der für seine Animationsfilme ausgezeichnet wurde, unterschiedliche Bildformate und -folgen, um Spannung zu erzeugen. Und um in einem fein austarierten Zusammenspiel von Text und Bild, von Daseinsernst und Leichtigkeit ebenso vielschichtig wie einfühlsam und glaubwürdig von der Hoffnung auf ein friedliches Miteinander zu erzählen. (ab 4 Jahre)
MARLENE ZOEHRER
Alfredo Soderguit: Die Wasserschweine im Hühnerhof. Aus dem Spanischen von Eva Roth. Atlantis, 2021. 40 Seiten, 16 Euro.
Illustration aus Alfredo Soderguit: Die Wasserschweine im Hühnerhof
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