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Die Wehrmacht ist weitgehend erforscht, und doch ist ihr Bild bis heute umstritten. Jürgen Förster bietet eine kurzgefasste, auf profunder Akten- und Literaturkenntnis beruhende Darstellung dieser militärischen Organisation. Beginnend bei der Reichswehr untersucht er ihre strukturelle Entwicklung bis hin zur Wehrmacht als tragender Säule des Dritten Reiches. Der Einfluss der NS-Politik, das Verhältnis zur SS, die personelle Elite in der zweiten Kriegshälfte, der 20. Juli 1944 als strukturelle Zäsur und Hitler als militärischer Führer sind weitere Themen. Försters Studie ist eine Pflichtlektüre…mehr

Produktbeschreibung
Die Wehrmacht ist weitgehend erforscht, und doch ist ihr Bild bis heute umstritten. Jürgen Förster bietet eine kurzgefasste, auf profunder Akten- und Literaturkenntnis beruhende Darstellung dieser militärischen Organisation. Beginnend bei der Reichswehr untersucht er ihre strukturelle Entwicklung bis hin zur Wehrmacht als tragender Säule des Dritten Reiches. Der Einfluss der NS-Politik, das Verhältnis zur SS, die personelle Elite in der zweiten Kriegshälfte, der 20. Juli 1944 als strukturelle Zäsur und Hitler als militärischer Führer sind weitere Themen. Försters Studie ist eine Pflichtlektüre für die zeitgeschichtlich interessierte Öffentlichkeit, Studenten und Schüler.

Inhaltsverzeichnis:
I. Die Ausgangslage: Reichswehr und Landesverteidigung
II. Die Wehrmacht als zweite Säule des Dritten Reiches
III. Die Wehrmacht als Instrument der NS-Politik
IV. Das Verhältnis von Wehrmacht und SS
V. Manipulation oder Evolution? Die Wehrmacht-Elite in der zweiten Kriegshälfte
VI. Der 20. Juli 1944 als strukturelle Zäsur
VII. Hitler als militärischer Führer
Autorenporträt
Jürgen Förster, geboren 1940, ist Lehrbeauftragter für Militärgeschichte am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.2007

Traute Gemeinsamkeit
Wehrmacht und NSDAP bildeten doch ein einziges Fundament

Man muss mit Daten schon etwas anfangen können: "Mehr als der 30. Januar 1933, 30. Juni oder 2. August 1934 markieren der 16. März und 21. Mai eine Wende in der Militärgeschichte des Dritten Reiches." Übersetzt: Weder Hitlers "Machtergreifung" noch der "Röhmputsch" oder die Übernahme der Funktionen des Reichspräsidenten durch Hitler nach dem Tod Hindenburgs sind so wichtige Zäsuren wie die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und der Erlass des Wehrgesetzes. Das ist die Kernaussage eines Buches, das erst auf den zweiten Blick seine eigentliche Bedeutung enthüllt, erscheint es doch auf den ersten als eine eher trockene administrative Geschichte der Wehrmacht - noch eine, möchte man meinen, denn derlei gibt es seit 1978 zuhauf. In Wahrheit geht es Förster gar nicht um die Militärverwaltung, sondern um eine der grundlegenden Thesen der deutschen Militärgeschichte überhaupt: Die Wehrmacht sei die eine Säule, die NSDAP die andere gewesen, beide zusammen hätten Atlas gleich das ganze "Dritte Reich" getragen. Alles falsch! Aus Verordnungen, Befehlen, Gesetzen und derlei unscheinbaren Quellen destilliert der Autor etwas durchaus Neues: Die Wehrmacht stützte nicht das "Dritte Reich", als welche Säule auch immer, die Wehrmacht war das "Dritte Reich", und deswegen hat nie die Gefahr bestanden, dass die SS zur ernsthaften Konkurrenz wurde. Von Anfang an habe Hitler gewusst, was er an der Wehrmacht hatte, mehr noch: nur die Wehrmacht machte ihn mächtig.

Nun wird man einwenden können, dass das mindestens seit der "Wehrmachtausstellung" auch die allgemeine Meinung zu werden begann, und gerade in den letzten Jahren wurden die "Verbrechen der Wehrmacht" schonungslos aufgedeckt und analysiert. Aber immer noch hielten die Deuter der Wehrmachtsgeschichte daran fest, dass zum einen nicht alle Wehrmachtangehörigen in die Staatsverbrechen verstrickt waren, zum anderen sehr viele nur im klassisch tragischen Sinn, und außerdem gab es nicht nur "das andere Deutschland", sondern auch "die andere Wehrmacht", die mit dem 20. Juli 1944 dramatisch unterging. Auch falsch, sagt Förster: Zum einen setzt die Idee "Verbrechen" voraus, dass es auch die Denkfigur des Nicht-Verbrechens gibt. Die Nationalsozialisten, mit wenigen Ausnahmen, haben sich nie als "Verbrecher" gefühlt - die hohen Offiziere auch nicht, und das ist nun völlig anders zu deuten als bisher. Die endgültige und restlose "Durchnazifizierung" der Wehrmacht war kein Resultat des 20. Juli 1944, sondern hatte bereits viel früher eingesetzt - gleichsam in einem historisch-genetischen Prozess. Es gab also keine "zwei Säulen", sondern nur ein einziges tragfähiges Fundament, das wie Beton aus Sand und Zement aus Wehrmacht und Partei zusammengerührt war. Deswegen ist die Frage nach dem Anteil der Wehrmacht am Nationalsozialismus falsch gestellt. In seiner nüchternen, unaufgeregten Art versteht es der langjährige Mitarbeiter des Militärgeschichtlichen Forschungsamts, diese These an Hand vieler Beispiele zu belegen. Dabei greift er dankenswerterweise häufig auf Erkenntnisse und Literatur zurück (Manfred Messerschmidt, Klaus-Jürgen Müller, Andreas Hillgruber), die in der jungen militärgeschichtlichen Szene bereits weitgehend vergessen sind.

Von der neuen Grundthese aus werden alte Einsichten wie jene, in der Geschichte der militärischen Spitzengliederung bilde sich das Geschick Ludwig Becks (Generalstabschef des Heeres bis 1938) ab, relativiert und büßen ihre Dramatik ein. Jedoch ist nicht daran zu zweifeln, dass Hitler in jeder Beziehung ein "starker Diktator" war und bis zum Ende blieb. Die hohen Militärs folgten ihm freudig und blindlings - bis zum Kommandobefehl. Die weltanschaulichen Rivalitäten zwischen Wehrmacht und SS verweist Förster in den Bereich der Fabel: Traute Gemeinsamkeit war die Regel, die Querelen überschritten üblicherweise nicht das Maß des Gewöhnlichen. Dass Hitler trotz jener Irritationen, die der 20. Juli 1944 in ihm auslöste, mit der Wehrmachtführung zufrieden war, ging auch darauf zurück, dass diese in vorauseilendem Gehorsam nach und nach die größten Errungenschaften der deutschen Militärgeschichte abzuschaffen sich bemühte: die solide, intellektuelle Generalstabsausbildung und das Prinzip der Anciennität. Hitler wollte in den Spitzenpositionen "richtige Kerls" - und die sollte er bekommen. Für ihn reichte das "Auf sie mit Gebrülle!" - die Folgen sind bekannt. Dazu passt ein allerorten gepflegter Jugendwahn, den die Wehrmacht geflissentlich zu unterstützen suchte, auch wenn es dauerte, bis in hohe Generalstabskommandos Offiziere kommandiert wurden, die zwar grün hinter den Ohren waren, dafür aber als "Kämpfer" galten, bei denen jüngeren Lesern das Wort "Rambo" in den Sinn kommen mag.

Alles in allem zeichnet Förster ein Bild, das umso finsterer wirkt, je emotionsloser und trockener es daherkommt. Man wird sich damit weiter auseinandersetzen müssen, denn manche Ungereimtheit bleibt. Und wenn der Widerstand der Wehrmacht gegen Hitler derart marginalisiert wird, wie es hier der Fall ist, dämmert der böse Verdacht, dass am Ende doch noch Hitler recht bekommt, der ja unmittelbar nach dem Attentat von der kleinen unbedeutenden Generalstabsoffiziersclique sprach, die das Gros des Offizierkorps keineswegs repräsentiere.

MICHAEL SALEWSKI

Jürgen Förster: Die Wehrmacht im NS-Staat. Eine strukturgeschichtliche Analyse. Oldenbourg-Verlag, München 2007. 221 S., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Überaus beeindruckt zeigt sich Rezensent Michael Salewski von Jürgen Försters Buch über die Wehrmacht. Das Werk wirkt auf ihn zunächst wie eine weitere eher "trockene administrative Geschichte der Wehrmacht". Doch der erste Eindruck täuscht. Denn die Kernaussage des Buchs hat es für Salewski in sich, berührt sie doch die grundlegenden Thesen der deutschen Militärgeschichte: Förster zeigt in seinen Augen, dass die Wehrmacht keinesfalls nur eine wie auch immer stützende Funktion für das NS-Regime hatte, sondern es geradezu konstituierte. Wehrmacht und NSDAP bildeten demnach "ein einziges Fundament". Hitler habe die Bedeutung der Wehrmacht für seine eigene Macht von Anfang an gesehen und dementsprechend gehandelt. Salewski bescheinigt dem Autor, seine Thesen in einer "unaufgeregten Art" mit zahlreichen Beispielen zu belegen und dabei auch Einsichten und Literatur heranzuziehen, die in der jungen militärgeschichtlichen Forschung bereits weitgehend vergessen sind. Trotz "mancher Ungereimtheit", die eine weitere Beschäftigung mit dem Thema erforderlich macht, hat Salewski das Buch überzeugt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Aus Verordnungen, Befehlen, Gesetzen und derlei unscheinbaren Quellen destilliert der Autor etwas durchaus Neues: Die Wehrmacht stützte nicht das Dritte Reich, als welche Säule auch immer, die Wehrmacht war das Dritte Reich (...)." Michael Salewski, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.07.2007 "Auf der Basis eines profunden Akten- und Literaturstudiums bietet das Werk eine kompakte Darstellung der militärischen Organisation der Wehrmacht vor dem bzw. im Zweiten Weltkrieg in sechs Kapiteln. (...) Ohne Zweifel ist hier vom Oldenbourg Verlag ein lesenswertes Werk vorgelegt worden." Hardthöhenkurier, Heft 6/ 2007