Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.1995Was mit den Ureinwohnern Nordamerikas geschah
Sechs Bücher mit Geschichten und Bildern von Indianern
Winnetou, der edle Wilde, oder Coopers heldenhafter letzter Mohikaner haben mehr als hundert Jahre romantische Vorstellungen vom "roten Mann" geweckt, ohne doch Entscheidendes beizutragen zum Verständnis des vielstämmigen Volkes der Indianer. Erst recht haben sie die Überheblichkeit des "weißen Mannes" nicht verhindern können - die grausamen Vertreibungs- und Vernichtungsfeldzüge waren zu ihrer Zeit größtenteils Vergangenheit. Die Geschichte der Ureinwohner Nordamerikas ist nach der Konfrontation mit den Neusiedlern aus Europa und den Truppen zu ihrem Schutz eine einzige Tragödie. Erst in den letzten Jahrzehnten bemühen sich Wissenschaftler und Schriftsteller um ein wahrheitsgetreues Bild, das nicht mehr überdeckt ist von schwarzweißen Klischees. Heute, da die Indianer wenigstens in ihren Reservaten eine eigene Verwaltung haben, gebrochene Verträge einklagen und um die Rechte an ihren Bodenschätzen kämpfen, ist nicht nur weißen Amerikanern bewußt, was ihre Vorfahren den roten Brüdern angetan haben.
Für Jugendliche ist die Lebensweise der Indianer, die im Einklang mit der Natur lebten - nach ökologischen Maximen gewissermaßen -, ebenso faszinierend wie ihre vergangene oder in Resten erhaltene Kultur. Zwei Neuerscheinungen in diesem Jahr, der "Atlas der Indianer Nordamerikas" von Gilbert Legay und "Indianer - Wie die Ureinwohner Nordamerikas wirklich lebten" von David Murdoch, informieren umfassend, aber auf unterschiedliche Weise.
Gilbert Legay, Grafiker und Hochschulprofessor, hat nach jahrelanger Forschung mit wissenschaftlicher Genauigkeit Prototypen von hundert Stämmen mit ihren charakteristischen Waffen, Schmuck- und Kleidungsstücken nach alten Gemälden und Illustrationen gezeichnet. Er ordnet die Stämme nicht nur nach ihrem ursprünglichen Lebensraum, er nennt auch die Namen, die sie sich selbst gaben und die sich oft auf die Tiere, die sie jagten, bezogen: Alligatormenschen, Bibermenschen, Bisonmenschen, Karibumenschen.
Auch die "wahren Menschen" nannten sie sich, und für Gilbert Legay sind sie das auch, Menschen, die Mutter Erde verehrten und "Pflanzen und Tieren Achtung entgegenbrachten". Nicht alle Neusiedler hatten es auf ihre Ausrottung und Vertreibung abgesehen, es gab auch Beispiele für friedliches und freundschaftliches Zusammenleben. Die Quäker zum Beispiel hatten ähnliche Vorstellungen von einer friedlichen Welt wie die Ureinwohner, und auch schwedische Kolonisten unterhielten gute Beziehungen zu ihren indianischen Nachbarn.
Gilbert Legay muß seine kurzen Stammesbeschreibungen oft mit dem Zusatz beenden, daß die wenigen Überlebenden sich mit anderen Stämmen zusammengeschlossen haben. Krankheiten und ihnen nicht gemäße Lebensumstände haben die Indianer bis in unsere Tage dezimiert, und trotz der Musterprozesse um Selbstbestimmung und ein menschenwürdiges Dasein, die ein weltweites Echo fanden, stünden sie noch immer auf der "untersten Stufe der sozialen Leiter", schreibt die Übersetzerin Nina Schindler in ihrem engagierten Vorwort. Ganzseitige Landschaftsfotos, Karten und erläuternde Texte machen diesen großformatigen Atlas zu einem faszinierenden Nachschlagewerk.
Das gilt erst recht für David Murdochs reichillustriertes Indianer-Kaleidoskop. In der bewährten Mischung von Farbfotografien, Karten, Zeichnungen und kurzen Texten, die der englische Verlag Dorling-Kindersley entwickelt hat, sind zwar nicht hundert Indianerstämme beschrieben, aber doch die wichtigsten. Die kulturellen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Stämmen werden hier deutlicher als bei Legay. Die Medizin- und Geisterwelt wird am Beispiel erklärt, Masken, Schmuck und Grabbeigaben oft naturgetreu wiedergegeben. Die frühe Geschichte der Indianer haben Völkerkundler nach den Erzählungen alter Frauen wie Buffalo Bird Woman aufgezeichnet; von ihr, aber auch von berühmten Häuptlingen oder Medizinmännern gibt es eindrucksvolle Fotos.
David Murdoch stellt auch dar, wie die Indianer heute leben, wie sich Altes und Neues vermischen. Als schwindelfreie Bauarbeiter für Brücken und Wolkenkratzer sind sie auch außerhalb ihrer Reservate tätig. Doch die Arbeitslosigkeit ist groß, die Rückbesinnung auf Tradition und traditionelles Handwerk und deren Wiederbelebung reichen nicht aus, um genügend Arbeitsplätze in den Reservaten zu sichern. Tourismus, erst recht, wenn damit auch Spielbanken verbunden sind, ist für Stammesbewußte ein zweifelhafter Ausweg aus der Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung.
Das Schicksal der Indianer in einer von Weißen beherrschten Welt ist noch immer ein beliebter und spannender Stoff für Kinder- und Jugendbücher. Maria Jacques läßt die zehn Jahre alte Poli aus dem Stamm der Hopi erzählen, wie sie und ihr Bruder von Navajo eingefangen und gewaltsam von der Hochebene ins Tal zur Schule geschleppt werden. Die Haare werden ihnen abgeschnitten, und in den ungewohnten Kleidern und Schuhen können sie sich kaum bewegen, außerdem verstehen sie anfangs kein Wort Englisch. An nichts anderes denken die Kinder, als so schnell wie möglich zu fliehen. Die sanfte Welt auf der Mesa scheint ihnen wie ein Paradies gegenüber der Schule mit ihren unerbittlichen Regeln. Doch als eine junge Lehrerin, die die Sprache der Hopi lernt, sich der Kinder annimmt, wird alles besser. Poli beginnt zu lernen, und vielleicht wird sie nicht nur Medizinfrau, sondern zugleich auch Krankenschwester werden. Maria Jacques hat eine poetische und leicht lesbare Geschichte geschrieben; sie erhielt für "Mein weißer Fuß" einen flämischen Literaturpreis. Wenn auch der Schluß versöhnt, Polis Traum, daß "rote und weiße Brüder eines Tages Hand in Hand" leben werden, wenn sie sich erst einmal besser verstehen, bleibt vorerst nur ein Wunsch.
Auch bei Elisabeth J. Stewarts "Die Kinder der Cherokee" sind Geschwister auf der Flucht. Ihre Erzählung beruht auf den Erlebnissen ihrer Urgroßmutter, der die Flucht vom "Pfad der Tränen", der verhängnisvollen Zwangsumsiedlung von den Great Smoky Mountains bis nach Oklahoma, zurück in ihre angestammte Heimat gelang. Meli ist erst neun Jahre alt, aber sie weiß, wie man in der Wildnis überlebt. Als sie den älteren Bruder verliert, macht sie sich allein auf den Weg und übersteht alle Gefährdungen, selbst die Gefangenschaft bei einem bösartigen alten Paar in den Bergen. Zuguterletzt findet sie wunderbarerweise ihren Vater und ihren Bruder wieder. Elisabeth J. Stewart erzählt spannend, sie benutzt den verbürgten Stoff, um an die tragische Geschichte der Cherokee, die 1838 aus ihrer Heimat vertrieben wurden, zu erinnern.
Vergleichsweise harmlos und auch für jüngere Kinder geeignet ist dagegen Cordula Tollmiens Erzählung "Fliegende Büffel". Aber auch sie möchte mit der indianischen Gedankenwelt vertraut machen. Was die Büffeljagd für die Kiowa bedeutete, weiß Rollendes Mädchen von den Erzählungen der Alten ihres Stammes. "Der weiße Mann hat uns unser Land genommen, die Büffel und unsere Freiheit", sagt die Großmutter. Aber das kleine Mädchen träumt von den Büffeln, träumt von der Freiheit und muß doch einsehen, daß es für ihren Stamm außerhalb des Reservats kein Überleben gibt. Die farbigen Zeichnungen von Gabriele Hafermaas helfen Leseanfängern, der Geschichte zu folgen.
Kirkpatrick Hill lebt seit zwanzig Jahren als Lehrerin in Alaska. Ihre jungen Helden "Starker Sohn und Schwester" kennen wir bereits aus dem gleichnamigen Buch, zu dem sie nun eine Fortsetzung geschrieben hat: "Indianerwinter". Die Geschwister wurden nach dem Tod ihrer Eltern mitsamt ihrem Hund Töle von der alten Nachbarin aufgenommen. Die Fallenstellerin Natascha vom Stamme der Athapasken kann alles, was man zum Überleben in der Arktis können muß, und sie weiß auch noch, wie es früher war, als es keine Schulen gab und keinen Rettungshubschrauber, der einen Verletzten wie den guten Freund Nelson aus der Goldgräberzeit zum nächsten Arzt bringt. "Indianerwinter" ist die Geschichte von zwei Indianerkindern, die bereits im Fernsehen die Landung auf dem Mond gesehen haben und doch ausgesetzt sind einer Natur, in der das überkommene Wissen ihrer Ahnen lebensnotwendig ist. Realistisch und unpathetisch in einer schönen klaren Sprache beschreibt Kirkpatrick Hill die Abenteuer wie den Alltag der Geschwister. Bei ihr ist es kein Traum mehr, daß der rote und der weiße Bruder sich die Hand reichen. MARIA FRISÉ Gilbert Legay: "Atlas der Indianer Nordamerikas". A. d. Franz. v. Nina Schindler. Carlsen Verlag, Hamburg 1995. 96 S., vierfarbig, geb., 39,90 DM. Ab 10 J.
David Murdoch: "Indianer - Wie die Ureinwohner Nordamerikas wirklich lebten. Von den Pueblovölkern im Südwesten bis zu den Jägern des Nordens". A. d. Engl. v. Margot Wilhelmi. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 1995. 64 S., geb., 32,- DM. Ab 12 J.
Maria Jacques: "Mein weißer Fuß - Ein "Indianermädchen zwischen zwei Welten". A. d. Niederländ. v. Silke Schmidt. Ill. v. Sylvia Hens. Altberliner Verlag, Berlin, München 1995. 180 S., geb., 22,- DM. Ab 10 J.
Elisabeth Jane Stewart: "Die Kinder der Cherokee". A. d. Engl. v. Karl Hepfer. Carlsen Verlag, Hamburg 1995. 112 S., geb., 22,- DM. Ab 10 J.
Cordula Tollmien: "Fliegende Büffel". Ill. v. Gabriele Hafermaas. Loewes Verlag, Bindlach 1995. 92 S., geb., 19,80 DM. Ab 10 J.
Kirkpatrick Hill: "Indianerwinter". A. d. Engl. v. Susanne Koppe. Beltz & Gelberg, Weinheim u. Basel 1995. 164 S., geb., 24,80 DM. Ab 10 J.
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Sechs Bücher mit Geschichten und Bildern von Indianern
Winnetou, der edle Wilde, oder Coopers heldenhafter letzter Mohikaner haben mehr als hundert Jahre romantische Vorstellungen vom "roten Mann" geweckt, ohne doch Entscheidendes beizutragen zum Verständnis des vielstämmigen Volkes der Indianer. Erst recht haben sie die Überheblichkeit des "weißen Mannes" nicht verhindern können - die grausamen Vertreibungs- und Vernichtungsfeldzüge waren zu ihrer Zeit größtenteils Vergangenheit. Die Geschichte der Ureinwohner Nordamerikas ist nach der Konfrontation mit den Neusiedlern aus Europa und den Truppen zu ihrem Schutz eine einzige Tragödie. Erst in den letzten Jahrzehnten bemühen sich Wissenschaftler und Schriftsteller um ein wahrheitsgetreues Bild, das nicht mehr überdeckt ist von schwarzweißen Klischees. Heute, da die Indianer wenigstens in ihren Reservaten eine eigene Verwaltung haben, gebrochene Verträge einklagen und um die Rechte an ihren Bodenschätzen kämpfen, ist nicht nur weißen Amerikanern bewußt, was ihre Vorfahren den roten Brüdern angetan haben.
Für Jugendliche ist die Lebensweise der Indianer, die im Einklang mit der Natur lebten - nach ökologischen Maximen gewissermaßen -, ebenso faszinierend wie ihre vergangene oder in Resten erhaltene Kultur. Zwei Neuerscheinungen in diesem Jahr, der "Atlas der Indianer Nordamerikas" von Gilbert Legay und "Indianer - Wie die Ureinwohner Nordamerikas wirklich lebten" von David Murdoch, informieren umfassend, aber auf unterschiedliche Weise.
Gilbert Legay, Grafiker und Hochschulprofessor, hat nach jahrelanger Forschung mit wissenschaftlicher Genauigkeit Prototypen von hundert Stämmen mit ihren charakteristischen Waffen, Schmuck- und Kleidungsstücken nach alten Gemälden und Illustrationen gezeichnet. Er ordnet die Stämme nicht nur nach ihrem ursprünglichen Lebensraum, er nennt auch die Namen, die sie sich selbst gaben und die sich oft auf die Tiere, die sie jagten, bezogen: Alligatormenschen, Bibermenschen, Bisonmenschen, Karibumenschen.
Auch die "wahren Menschen" nannten sie sich, und für Gilbert Legay sind sie das auch, Menschen, die Mutter Erde verehrten und "Pflanzen und Tieren Achtung entgegenbrachten". Nicht alle Neusiedler hatten es auf ihre Ausrottung und Vertreibung abgesehen, es gab auch Beispiele für friedliches und freundschaftliches Zusammenleben. Die Quäker zum Beispiel hatten ähnliche Vorstellungen von einer friedlichen Welt wie die Ureinwohner, und auch schwedische Kolonisten unterhielten gute Beziehungen zu ihren indianischen Nachbarn.
Gilbert Legay muß seine kurzen Stammesbeschreibungen oft mit dem Zusatz beenden, daß die wenigen Überlebenden sich mit anderen Stämmen zusammengeschlossen haben. Krankheiten und ihnen nicht gemäße Lebensumstände haben die Indianer bis in unsere Tage dezimiert, und trotz der Musterprozesse um Selbstbestimmung und ein menschenwürdiges Dasein, die ein weltweites Echo fanden, stünden sie noch immer auf der "untersten Stufe der sozialen Leiter", schreibt die Übersetzerin Nina Schindler in ihrem engagierten Vorwort. Ganzseitige Landschaftsfotos, Karten und erläuternde Texte machen diesen großformatigen Atlas zu einem faszinierenden Nachschlagewerk.
Das gilt erst recht für David Murdochs reichillustriertes Indianer-Kaleidoskop. In der bewährten Mischung von Farbfotografien, Karten, Zeichnungen und kurzen Texten, die der englische Verlag Dorling-Kindersley entwickelt hat, sind zwar nicht hundert Indianerstämme beschrieben, aber doch die wichtigsten. Die kulturellen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Stämmen werden hier deutlicher als bei Legay. Die Medizin- und Geisterwelt wird am Beispiel erklärt, Masken, Schmuck und Grabbeigaben oft naturgetreu wiedergegeben. Die frühe Geschichte der Indianer haben Völkerkundler nach den Erzählungen alter Frauen wie Buffalo Bird Woman aufgezeichnet; von ihr, aber auch von berühmten Häuptlingen oder Medizinmännern gibt es eindrucksvolle Fotos.
David Murdoch stellt auch dar, wie die Indianer heute leben, wie sich Altes und Neues vermischen. Als schwindelfreie Bauarbeiter für Brücken und Wolkenkratzer sind sie auch außerhalb ihrer Reservate tätig. Doch die Arbeitslosigkeit ist groß, die Rückbesinnung auf Tradition und traditionelles Handwerk und deren Wiederbelebung reichen nicht aus, um genügend Arbeitsplätze in den Reservaten zu sichern. Tourismus, erst recht, wenn damit auch Spielbanken verbunden sind, ist für Stammesbewußte ein zweifelhafter Ausweg aus der Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung.
Das Schicksal der Indianer in einer von Weißen beherrschten Welt ist noch immer ein beliebter und spannender Stoff für Kinder- und Jugendbücher. Maria Jacques läßt die zehn Jahre alte Poli aus dem Stamm der Hopi erzählen, wie sie und ihr Bruder von Navajo eingefangen und gewaltsam von der Hochebene ins Tal zur Schule geschleppt werden. Die Haare werden ihnen abgeschnitten, und in den ungewohnten Kleidern und Schuhen können sie sich kaum bewegen, außerdem verstehen sie anfangs kein Wort Englisch. An nichts anderes denken die Kinder, als so schnell wie möglich zu fliehen. Die sanfte Welt auf der Mesa scheint ihnen wie ein Paradies gegenüber der Schule mit ihren unerbittlichen Regeln. Doch als eine junge Lehrerin, die die Sprache der Hopi lernt, sich der Kinder annimmt, wird alles besser. Poli beginnt zu lernen, und vielleicht wird sie nicht nur Medizinfrau, sondern zugleich auch Krankenschwester werden. Maria Jacques hat eine poetische und leicht lesbare Geschichte geschrieben; sie erhielt für "Mein weißer Fuß" einen flämischen Literaturpreis. Wenn auch der Schluß versöhnt, Polis Traum, daß "rote und weiße Brüder eines Tages Hand in Hand" leben werden, wenn sie sich erst einmal besser verstehen, bleibt vorerst nur ein Wunsch.
Auch bei Elisabeth J. Stewarts "Die Kinder der Cherokee" sind Geschwister auf der Flucht. Ihre Erzählung beruht auf den Erlebnissen ihrer Urgroßmutter, der die Flucht vom "Pfad der Tränen", der verhängnisvollen Zwangsumsiedlung von den Great Smoky Mountains bis nach Oklahoma, zurück in ihre angestammte Heimat gelang. Meli ist erst neun Jahre alt, aber sie weiß, wie man in der Wildnis überlebt. Als sie den älteren Bruder verliert, macht sie sich allein auf den Weg und übersteht alle Gefährdungen, selbst die Gefangenschaft bei einem bösartigen alten Paar in den Bergen. Zuguterletzt findet sie wunderbarerweise ihren Vater und ihren Bruder wieder. Elisabeth J. Stewart erzählt spannend, sie benutzt den verbürgten Stoff, um an die tragische Geschichte der Cherokee, die 1838 aus ihrer Heimat vertrieben wurden, zu erinnern.
Vergleichsweise harmlos und auch für jüngere Kinder geeignet ist dagegen Cordula Tollmiens Erzählung "Fliegende Büffel". Aber auch sie möchte mit der indianischen Gedankenwelt vertraut machen. Was die Büffeljagd für die Kiowa bedeutete, weiß Rollendes Mädchen von den Erzählungen der Alten ihres Stammes. "Der weiße Mann hat uns unser Land genommen, die Büffel und unsere Freiheit", sagt die Großmutter. Aber das kleine Mädchen träumt von den Büffeln, träumt von der Freiheit und muß doch einsehen, daß es für ihren Stamm außerhalb des Reservats kein Überleben gibt. Die farbigen Zeichnungen von Gabriele Hafermaas helfen Leseanfängern, der Geschichte zu folgen.
Kirkpatrick Hill lebt seit zwanzig Jahren als Lehrerin in Alaska. Ihre jungen Helden "Starker Sohn und Schwester" kennen wir bereits aus dem gleichnamigen Buch, zu dem sie nun eine Fortsetzung geschrieben hat: "Indianerwinter". Die Geschwister wurden nach dem Tod ihrer Eltern mitsamt ihrem Hund Töle von der alten Nachbarin aufgenommen. Die Fallenstellerin Natascha vom Stamme der Athapasken kann alles, was man zum Überleben in der Arktis können muß, und sie weiß auch noch, wie es früher war, als es keine Schulen gab und keinen Rettungshubschrauber, der einen Verletzten wie den guten Freund Nelson aus der Goldgräberzeit zum nächsten Arzt bringt. "Indianerwinter" ist die Geschichte von zwei Indianerkindern, die bereits im Fernsehen die Landung auf dem Mond gesehen haben und doch ausgesetzt sind einer Natur, in der das überkommene Wissen ihrer Ahnen lebensnotwendig ist. Realistisch und unpathetisch in einer schönen klaren Sprache beschreibt Kirkpatrick Hill die Abenteuer wie den Alltag der Geschwister. Bei ihr ist es kein Traum mehr, daß der rote und der weiße Bruder sich die Hand reichen. MARIA FRISÉ Gilbert Legay: "Atlas der Indianer Nordamerikas". A. d. Franz. v. Nina Schindler. Carlsen Verlag, Hamburg 1995. 96 S., vierfarbig, geb., 39,90 DM. Ab 10 J.
David Murdoch: "Indianer - Wie die Ureinwohner Nordamerikas wirklich lebten. Von den Pueblovölkern im Südwesten bis zu den Jägern des Nordens". A. d. Engl. v. Margot Wilhelmi. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 1995. 64 S., geb., 32,- DM. Ab 12 J.
Maria Jacques: "Mein weißer Fuß - Ein "Indianermädchen zwischen zwei Welten". A. d. Niederländ. v. Silke Schmidt. Ill. v. Sylvia Hens. Altberliner Verlag, Berlin, München 1995. 180 S., geb., 22,- DM. Ab 10 J.
Elisabeth Jane Stewart: "Die Kinder der Cherokee". A. d. Engl. v. Karl Hepfer. Carlsen Verlag, Hamburg 1995. 112 S., geb., 22,- DM. Ab 10 J.
Cordula Tollmien: "Fliegende Büffel". Ill. v. Gabriele Hafermaas. Loewes Verlag, Bindlach 1995. 92 S., geb., 19,80 DM. Ab 10 J.
Kirkpatrick Hill: "Indianerwinter". A. d. Engl. v. Susanne Koppe. Beltz & Gelberg, Weinheim u. Basel 1995. 164 S., geb., 24,80 DM. Ab 10 J.
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