Sara Weber ist Journalistin, Expertin für die Arbeitswelt der Zukunft und war als Redaktionsleiterin von LinkedIn das Gesicht des Netzwerks in Deutschland, bis sie selbst Teil der "Great Resignation" wurde. In diesem Buch geht sie den Fragen nach, die gerade eine ganze Generation umtreiben, und zeigt Lösungen auf, die Arbeit besser machen können.
Im März 2020 änderte sich alles. Homeoffice war plötzlich die neue Norm. Alle mussten sich digitalisieren und transformieren - ob sie wollten oder nicht. Die Arbeit drängte weiter ins restliche Leben, zur Erwerbsarbeit kam noch mehr Carearbeit. Die Schere zwischen systemrelevanten Berufen und Bürojobs ging weiter auf. Covid hat uns gezeigt, was in der Arbeitswelt nicht mehr funktioniert.
Und da ist nicht nur die Pandemie. Überschwemmungen, Waldbrände, Inflation, Krieg - unsere Welt steht in Flammen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir? Brennen aus, um bloß keine Deadline zu reißen. Was zur Hölle machen wir da eigentlich? Warum tun wir uns das an?
Immer mehr Menschen stellen sich diese Fragen, einige ziehen Konsequenzen. In den USA hat der Trend sogar schon einen Namen: "The Great Resignation", das große Kündigen. Es bricht eine neue Ära an, aber weder durch agile Methoden noch durch Yoga im Alltag wird es gelingen, ein für uns alle und für den Planeten verträgliches Wirtschaften zu realisieren. Wir müssen uns überlegen, wie Arbeit heute und morgen wirklich funktionieren kann - mit einem Fokus auf Gerechtigkeit, Zukunftsfähigkeit und den Menschen.
Im März 2020 änderte sich alles. Homeoffice war plötzlich die neue Norm. Alle mussten sich digitalisieren und transformieren - ob sie wollten oder nicht. Die Arbeit drängte weiter ins restliche Leben, zur Erwerbsarbeit kam noch mehr Carearbeit. Die Schere zwischen systemrelevanten Berufen und Bürojobs ging weiter auf. Covid hat uns gezeigt, was in der Arbeitswelt nicht mehr funktioniert.
Und da ist nicht nur die Pandemie. Überschwemmungen, Waldbrände, Inflation, Krieg - unsere Welt steht in Flammen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir? Brennen aus, um bloß keine Deadline zu reißen. Was zur Hölle machen wir da eigentlich? Warum tun wir uns das an?
Immer mehr Menschen stellen sich diese Fragen, einige ziehen Konsequenzen. In den USA hat der Trend sogar schon einen Namen: "The Great Resignation", das große Kündigen. Es bricht eine neue Ära an, aber weder durch agile Methoden noch durch Yoga im Alltag wird es gelingen, ein für uns alle und für den Planeten verträgliches Wirtschaften zu realisieren. Wir müssen uns überlegen, wie Arbeit heute und morgen wirklich funktionieren kann - mit einem Fokus auf Gerechtigkeit, Zukunftsfähigkeit und den Menschen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Philipp Riessenberger erhält Inspiration von Sara Webers Buch über unsere kaputte Arbeitswelt. Dass die Autorin eigene Erfahrungen mit Burnout und Gedanken über ganz unterschiedliche Arbeitswelten miteinander verbindet, um einerseits den desaströsen Stand der Dinge zu konstatieren und andererseits Lösungsideen zu entwickeln, findet der Rezensent hörenswert. Bei der Suche nach Alternativen bleibt Weber allerdings zu pauschal und zu wenig substanziell, kritisiert Riessenberger. Die brennende Frage, warum das Naheliegende (kürzere Arbeitszeiten, mehr Betriebsräte etc.) nicht längst Realität ist, beantwortet der Band laut Rezensent jedenfalls nicht erschöpfend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2023Ausgebrannte
dieser Erde
Sara Weber fragt,
was wäre, wenn wir alle
weniger arbeiteten
„Die Zwanzigerjahre glichen bisher einem unappetitlichen Krisensandwich“, schreibt Sara Weber in der Einleitung ihres neuen Buches mit dem schönen Titel „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ Pandemie und Krieg, Klimakrise und Inflation – während diese Krisen eigentlich unsere Aufmerksamkeit fordern würden, arbeiten wir einfach weiter. Und zwar in einer Arbeitswelt die uns kaputt macht. Die Autorin schreibt aus eigener Erfahrung: Weber war leitende Redakteurin an einem der Drehkreuze der modernen Arbeitswelt: LinkedIn. 2021 kündigte sie, weil sie nicht mehr konnte.
Für die Autorin spricht alles dafür, dass es an der Zeit ist, unsere Einstellung zu Arbeit zu ändern: Während multiple Krisen den Glauben an eine bessere Zukunft erschüttern, scheint auch das individuelle Versprechen des Aufstiegs durch Arbeit nicht mehr zu gelten. Trotzdem nimmt die Arbeitsverdichtung zu. Andererseits hat die Pandemie bewiesen, dass Wandel in der Arbeitswelt grundsätzlich möglich ist. Die Zahl offener Stellen ist hoch und die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern gut. Die Ausgebrannten dieser Erde, so Weber, hätten jeden Grund, für eine andere Arbeitswelt zu kämpfen – und sie könnten diesen Kampf sogar gewinnen.
Der erste Teil des Buches ist eine düstere Bestandsaufnahme unserer „Arbeitsgesellschaft“. Es geht darum, wie Burnout als breites gesellschaftliches Phänomen, der weit verbreitete Wunsch, weniger zu arbeiten und die hohe Zahl offenen Stellen zu einer Kündigungswelle führen. Die Arbeitswelt – so die Diagnose – ist kaputt.
Im zweiten Teil geht es um Alternativen. Webers Reparaturvorschläge sind dabei als Gedankenspiele formuliert: „Was wäre, wenn wir alle weniger arbeiten?“ Wenn wir gleichberechtigt, flexibel und für das Klima arbeiteten, uns besser organisierten – und uns nicht mal für den Traumjob aufarbeiten würden?
Weber zieht vorbildlich umsichtig aktuelle Studien heran und veranschaulicht ihre Einlassungen durch ausgewählte Beispiele oder selbst geführte Gespräche. Dabei verliert sie – das ist kein geringes Verdienst – keine der am Arbeitsmarkt beteiligten Gruppen aus dem Blick. Am besten gelingt das, wenn sie den Bogen von Menschen in akademischen Berufen zu solchen in nicht-akademischen schlägt: Die befristet beschäftigte Wissenschaftlerin oder die Ärztin in Ausbildung seien genauso unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen wie der Fahrradkurier von Lieferando oder der Lagerarbeiter bei Amazon – und oft sogar aus den gleichen Gründen.
Die konkrete Problemlösungsvorschläge reichen von der Reduzierung der Arbeitszeit über bessere Kinderbetreuung bis zu mehr Engagement in Betriebsräten und Gewerkschaften. Die Reduzierung der Arbeitszeit würde etwa nicht nur Stress und Druck vom Einzelnen nehmen, sondern gleichzeitig zur Vermeidung von Treibhausgasen beitragen, weil weniger produziert und konsumiert würde. Die Grundthese des Buches ist entsprechend, dass jede gemeinsam erreichte Verbesserung nicht nur dem Einzelnen, sondern der gesamten Gesellschaft zugutekommen kann und muss. Das erscheint alles grundvernünftig, aber auch so naheliegend, dass man gerne etwas mehr darüber erfahren hätte, warum es nicht längst in großem Stil umgesetzt wurde.
Der ganzheitliche Ansatz der Autorin, die Überzeugung, dass alles mit allem verbunden ist, wird dann auch zunehmend zu einem Problem für das Buch. Anders gesagt: Begriffe wie Umverteilung, bedingungsloses Grundeinkommen oder Konsumverzicht werden als Teil der Lösung eingeführt, aber nicht wirklich substanziell ausgeführt und weitergedacht. Lesenswert ist es angesichts der Vielfalt an Zusammenhängen, die angedeutet werden, dennoch. Zumal das Thema künftig bestimmt nicht kleiner werden wird.
PHILIPP RIESSENBERGER
Sara Weber, geboren 1987, war leitende Redakteurin bei Linkedin. Foto: Claussen/Kiwi
Sara Weber:
Die Welt geht unter,
und ich muss trotzdem arbeiten?
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2023.
240 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
dieser Erde
Sara Weber fragt,
was wäre, wenn wir alle
weniger arbeiteten
„Die Zwanzigerjahre glichen bisher einem unappetitlichen Krisensandwich“, schreibt Sara Weber in der Einleitung ihres neuen Buches mit dem schönen Titel „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ Pandemie und Krieg, Klimakrise und Inflation – während diese Krisen eigentlich unsere Aufmerksamkeit fordern würden, arbeiten wir einfach weiter. Und zwar in einer Arbeitswelt die uns kaputt macht. Die Autorin schreibt aus eigener Erfahrung: Weber war leitende Redakteurin an einem der Drehkreuze der modernen Arbeitswelt: LinkedIn. 2021 kündigte sie, weil sie nicht mehr konnte.
Für die Autorin spricht alles dafür, dass es an der Zeit ist, unsere Einstellung zu Arbeit zu ändern: Während multiple Krisen den Glauben an eine bessere Zukunft erschüttern, scheint auch das individuelle Versprechen des Aufstiegs durch Arbeit nicht mehr zu gelten. Trotzdem nimmt die Arbeitsverdichtung zu. Andererseits hat die Pandemie bewiesen, dass Wandel in der Arbeitswelt grundsätzlich möglich ist. Die Zahl offener Stellen ist hoch und die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern gut. Die Ausgebrannten dieser Erde, so Weber, hätten jeden Grund, für eine andere Arbeitswelt zu kämpfen – und sie könnten diesen Kampf sogar gewinnen.
Der erste Teil des Buches ist eine düstere Bestandsaufnahme unserer „Arbeitsgesellschaft“. Es geht darum, wie Burnout als breites gesellschaftliches Phänomen, der weit verbreitete Wunsch, weniger zu arbeiten und die hohe Zahl offenen Stellen zu einer Kündigungswelle führen. Die Arbeitswelt – so die Diagnose – ist kaputt.
Im zweiten Teil geht es um Alternativen. Webers Reparaturvorschläge sind dabei als Gedankenspiele formuliert: „Was wäre, wenn wir alle weniger arbeiten?“ Wenn wir gleichberechtigt, flexibel und für das Klima arbeiteten, uns besser organisierten – und uns nicht mal für den Traumjob aufarbeiten würden?
Weber zieht vorbildlich umsichtig aktuelle Studien heran und veranschaulicht ihre Einlassungen durch ausgewählte Beispiele oder selbst geführte Gespräche. Dabei verliert sie – das ist kein geringes Verdienst – keine der am Arbeitsmarkt beteiligten Gruppen aus dem Blick. Am besten gelingt das, wenn sie den Bogen von Menschen in akademischen Berufen zu solchen in nicht-akademischen schlägt: Die befristet beschäftigte Wissenschaftlerin oder die Ärztin in Ausbildung seien genauso unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen wie der Fahrradkurier von Lieferando oder der Lagerarbeiter bei Amazon – und oft sogar aus den gleichen Gründen.
Die konkrete Problemlösungsvorschläge reichen von der Reduzierung der Arbeitszeit über bessere Kinderbetreuung bis zu mehr Engagement in Betriebsräten und Gewerkschaften. Die Reduzierung der Arbeitszeit würde etwa nicht nur Stress und Druck vom Einzelnen nehmen, sondern gleichzeitig zur Vermeidung von Treibhausgasen beitragen, weil weniger produziert und konsumiert würde. Die Grundthese des Buches ist entsprechend, dass jede gemeinsam erreichte Verbesserung nicht nur dem Einzelnen, sondern der gesamten Gesellschaft zugutekommen kann und muss. Das erscheint alles grundvernünftig, aber auch so naheliegend, dass man gerne etwas mehr darüber erfahren hätte, warum es nicht längst in großem Stil umgesetzt wurde.
Der ganzheitliche Ansatz der Autorin, die Überzeugung, dass alles mit allem verbunden ist, wird dann auch zunehmend zu einem Problem für das Buch. Anders gesagt: Begriffe wie Umverteilung, bedingungsloses Grundeinkommen oder Konsumverzicht werden als Teil der Lösung eingeführt, aber nicht wirklich substanziell ausgeführt und weitergedacht. Lesenswert ist es angesichts der Vielfalt an Zusammenhängen, die angedeutet werden, dennoch. Zumal das Thema künftig bestimmt nicht kleiner werden wird.
PHILIPP RIESSENBERGER
Sara Weber, geboren 1987, war leitende Redakteurin bei Linkedin. Foto: Claussen/Kiwi
Sara Weber:
Die Welt geht unter,
und ich muss trotzdem arbeiten?
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2023.
240 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
»Das Buch ist sehr gut zu lesen und interessant für alle, die sich für das Mindset der jungen Generation interessieren, und die nicht nur oberflächlich darüber diskutieren wollen.« Andrea Nahles WDR 5 Bücher 20230218