Seit einigen Tagen schreiben wir das Jahr 2011. Und wie immer zum Jahreswechsel wagen sogenannte Experten Prognosen für die nächsten Monate. Kaum einer lässt sich noch auf Vorhersagen für die nächsten Jahre ein. Was wird in zehn, in fünfzig … oder gar in hundert Jahren sein?
Schulterzucken!
Heutzutage wagt niemand mehr einen derartig weiten Blick in die Zukunft. Er würde schnell der Anmaßung…mehrSeit einigen Tagen schreiben wir das Jahr 2011. Und wie immer zum Jahreswechsel wagen sogenannte Experten Prognosen für die nächsten Monate. Kaum einer lässt sich noch auf Vorhersagen für die nächsten Jahre ein. Was wird in zehn, in fünfzig … oder gar in hundert Jahren sein? Schulterzucken!
Heutzutage wagt niemand mehr einen derartig weiten Blick in die Zukunft. Er würde schnell der Anmaßung oder der Scharlatanerie bezichtigt. Nicht so vor hundert Jahren. In den Jahren 1909 und 1910 gelang es dem einflussreichen Journalisten und Schriftsteller Arthur Brehmer (1858-1923), prominente Persönlichkeiten der damaligen Zeit dafür zu gewinnen, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Darunter waren z. B. die Friedensnobelpreisträgerin (1905) Bertha von Suttner oder der damals sehr bekannte österreichische Schriftsteller Hermann Bahr.
So entstand mit „Die Welt in 100 Jahren“ ein Buch, das in der Folge ein gesuchtes und seltenes Objekt auf dem Antiquariatsmarkt war. Die Leser des Jahres 2011 haben nun das große Glück, dass der Olms Verlag Hildesheim einen Nachdruck des damaligen Bestsellers herausgebracht hat.
Die 22 Textbeiträge wagten Voraussagen in verschiedenen Bereichen, von der Naturwissenschaft bis zur Kultur. Da die Wende zum 20. Jahrhundert von einem Aufschwung der Wissenschaften und Technik geprägt war, überwiegen natürlich die Zukunftsgedanken zu diesen Themen. Neben solch utopischen Ideen wie dem Sonntagsnachmittagsausflug zum Mond gibt es aber auch Prognosen, die hundert Jahre später ein Volltreffer geworden sind: z. B. das „Telefon in der Westentasche“ (sprich Handy).
Auch Themen wie die Frauenemanzipation, die Arbeiterbewegung oder der Pazifismus waren damals hochaktuell und ihre mögliche Entwicklung wurde von den Autoren eingehend betrachtet. Was alle Beiträge eint, ist der Fortschrittsglaube: Es geht vorwärts, aufwärts mit der Menschheit. Alles wird besser. Das Leben wird schöner, leichter und länger.
Schöne neue Welt der Technik! Vier Jahre nach dem Erscheinen von „Die Welt in 100 Jahren“ zerstörte der Erste Weltkrieg so manchen Fortschrittsglauben auf schreckliche Art und Weise. So fiel der Illustrator des Bandes, Ernst Lübbert, im August 1915 bei einem Sturmangriff an der Ostfront.
„Die Welt in 100 Jahren“ ist selbst nach hundert Jahren noch eine interessante und spannende Lektüre, deren Reiz darin liegt, dass die Zukunftsprognosen von damals inzwischen mit unserer Gegenwart verglichen werden können. Da verwundert es nicht, dass das Buch zum „Wissenschaftsbuch des Jahres 2010“ gekürt wurde.
Manfred Orlick