Die sensationelle Entdeckung eines verschollenen Manuskripts
Dass Rann Colfax etwas Besonderes ist, merken seine Eltern schon kurz nach seiner Geburt: Er ist hochbegabt. Durch seine Intelligenz und Aufgewecktheit macht sich der Junge jedoch wenig Freunde und wächst als Einzelgänger auf. Also beschließt sein Vater, mit dem Sohn um die Welt zu reisen, damit dieser neue Eindrücke gewinnen und seinen Horizont erweitern kann. Doch noch bevor die Reise stattfinden kann, stirbt der Vater. Wissensdurst und Neugier treiben Rann allein in die weite Welt. Auf Stationen in England, New York, Korea und Paris lernt er die Unwägbarkeiten des Lebens kennen - und schließlich auch die Liebe.
Das Manuskript zu diesem Roman wurde im Winter 2012 zufällig in einer verlassenen Lagerhalle in Texas entdeckt. Die Finderin gab das kostbare Stück an Bucks Adoptivsohn Edgar Walsh, der sich um den Nachlass der Schriftstellerin kümmert. Er vermutet, dass seine Mutter diesen letzten Roman kurz vor ihrem Krebstod im Jahr 1973 beendete. Nachdem Walsh den Text sorgfältig ediert hatte, erschien der Roman in Amerika erstmals im Oktober 2013 und liegt jetzt erstmals auf Deutsch vor: ein sensationeller Fund!
Dass Rann Colfax etwas Besonderes ist, merken seine Eltern schon kurz nach seiner Geburt: Er ist hochbegabt. Durch seine Intelligenz und Aufgewecktheit macht sich der Junge jedoch wenig Freunde und wächst als Einzelgänger auf. Also beschließt sein Vater, mit dem Sohn um die Welt zu reisen, damit dieser neue Eindrücke gewinnen und seinen Horizont erweitern kann. Doch noch bevor die Reise stattfinden kann, stirbt der Vater. Wissensdurst und Neugier treiben Rann allein in die weite Welt. Auf Stationen in England, New York, Korea und Paris lernt er die Unwägbarkeiten des Lebens kennen - und schließlich auch die Liebe.
Das Manuskript zu diesem Roman wurde im Winter 2012 zufällig in einer verlassenen Lagerhalle in Texas entdeckt. Die Finderin gab das kostbare Stück an Bucks Adoptivsohn Edgar Walsh, der sich um den Nachlass der Schriftstellerin kümmert. Er vermutet, dass seine Mutter diesen letzten Roman kurz vor ihrem Krebstod im Jahr 1973 beendete. Nachdem Walsh den Text sorgfältig ediert hatte, erschien der Roman in Amerika erstmals im Oktober 2013 und liegt jetzt erstmals auf Deutsch vor: ein sensationeller Fund!
buecher-magazin.deDie Geschichte dieses Romans ist selbst wie ein Wunder, tauchte er doch völlig überraschend 40 Jahre nach dem Tod der Nobelpreisträgerin S. Pearl Buck in einer texanischen Lagerhalle auf. Noch dazu liest er sich wie ein autobiografisches Vermächtnis. Als Missionarstochter lebte Buck lange Zeit in China. Mit ihrem Weltbestseller "Die gute Erde", geschrieben aus der Sicht eines chinesischen Landarbeiters, ermöglichte sie einen völlig neuen Blick in diese fremde Kultur und blieb ihr zeitlebens verbunden. Die Coming-of-Age-Geschichte des jungen Helden Rann Colfax, die von den 30er-Jahren bis zum Koreakrieg angesiedelt ist, erzählt von einem hochbegabten Jungen, der bereits mit zwölf aufs College geht. Rann ist mit allem zu früh dran, unschuldig und mit einer "alten Seele" beginnt er nach dem frühen Tod des Vaters seine Sinnsuche. Welches seiner vielen Talente soll er ausleben? In New York lernt er seinen Großvater kennen, der lange Zeit in China gelebt hat, in England wird er von einer Lady in die Liebe eingeführt und in Paris freundet er sich mit der Tochter eines chinesischen Kunsthändlers an. Das Faszinierende an dieser Figur ist die Unmittelbarkeit, mit der Rann die Welt erlebt. Es ist diese Neugier auf das ureigene Erleben und Erfinden, das davon erzählt, was einen wahrhaft schöpferischen Geist ausmacht.
© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2016Grand Tour ohne Bildung
Ein wiederentdeckter Roman von Pearl S. Buck
Wie ein Märchen liest sich dieses Buch von Pearl S. Buck, und märchenhaft klingen auch die Umstände, unter denen es erschienen ist: In einem verlassenen Lagerraum in Texas soll das Manuskript, das unter dem Titel "Die Welt voller Wunder" nun in deutscher Übersetzung vorliegt, gefunden worden sein. Wie es dorthin gelangte, da die 1938 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete Pearl Sydenstricker Buck ihre letzten Lebensjahre doch in Derby, Vermont, verbrachte, wo sie 1973 auch verstarb, ist nicht bekannt. Es könnte sein, dass jemand das Buch in Vermont gestohlen und dann einfach in Texas vergessen habe, sagte ihr Adoptivsohn vor zwei Jahren bei der Vorstellung des Manuskripts in den Vereinigten Staaten.
Nun ist der Text jedenfalls da und erinnert in manchem an die großen Erfolgsbücher von Pearl S. Buck. "Die Welt voller Wunder" spielt zwar nicht in China, dessen bäuerliches Leben im Mittelpunkt ihres mit dem Pulitzer-Preis gekrönten Romans "Die gute Erde" stand. Aber zumindest teilweise erzählt er vom Koreakrieg, an dem Randolph Colfax, der hochbegabte Held des Romans, eine kurze Zeit in einer Einheit irgendwo weit hinter der Front teilnehmen muss. Außerdem lässt er in Gestalt von Stephanie Kung eine Frau in das Leben des jungen Mannes treten, die sowohl chinesische als auch amerikanische Wurzeln hat und somit jene beiden Kulturkreise in sich vereint, in denen auch Pearl S. Buck abwechselnd gelebt und gearbeitet hat.
Angesichts ihrer eigenen reichen Erfahrungen beim Leben zwischen diesen Ländern ist es allerdings erstaunlich, wie holzschnittartig die Schilderungen von dem Weg anmuten, den die Hauptfigur nehmen muss. Denn Randolph Colfax' Geschichte liest sich wie eine Versuchsanordnung, bei der nichts dem Zufall überlassen, sondern alles so arrangiert ist, dass sich der Held keine Sorgen machen muss. Von Anfang an kreisen Menschen um ihn, die ihn behüten wie gute Geister, ihn unterstützen wie wohlhabende Mäzene, ihm Erfahrungen ermöglichen, ohne ihn existentiell zu gefährden, und die ihm auf diese Weise einen Freiraum schaffen, in dem sich Randolph ganz den Fragen widmen kann, um die es seiner Schöpferin offensichtlich geht: Wie findet ein Mensch seine Bestimmung? Und wie lässt sich verwirklichen, wozu man geboren wurde?
Im Laufe des Romans wird deutlich, dass die große Freiheit um Randolph herum notwendig ist, um etwas zu ermöglichen, was als Grundlage jedes schöpferischen Prozesses dargestellt wird - nämlich ein stets zum Staunen bereiter Blick auf die Welt. Und Randolph tut, wie ihm geheißen. Wo er auch hinkommt auf der Grand Tour, die ihn von Ohio nach New York, England, Paris, dann in den Koreakrieg und wieder zurück nach New York führt, stets nimmt er neugierig und offen alles in sich auf. Aber er bleibt dabei so eigenschaftslos wie ein Versuchstier. Von Zumutungen und Herausforderungen lange verschont, zeigt er weder Argwohn noch Leidenschaften. Er bleibt freundlich, aber naiv und enthält dem Buch, das ja ein Bildungsroman sein will, somit lange Zeit dessen eigentlichen Kern vor, nämlich eine wie auch immer geartete Form von Entwicklung.
Dazu passt auch, dass an entscheidender Stelle in diesem Roman ein eigenartiges Vakuum herrscht. Denn das Buch, das Randolph selbst in Korea schreibt und das, nicht nur weil es ein Bestseller wird, als Krönung des zuvor so aufwendig beschworenen schöpferischen Prozesses gelten darf, entsteht hier wie aus dem Nichts. Um die Schilderung seiner Entstehung, um eine Beschreibung dessen, was das Schöpferisch-Sein also bedeuten und wie es sich gestalten könnte, macht Pearl S. Buck einen weiten Bogen. Auch sie hütet sich in diesem Sinn vor einer (möglichen) Zumutung und erweist sich ihrer Hauptfigur als ähnlich. "Ich kann wohl einfach nur sagen, ich bin Schriftsteller", heißt es an einer Stelle aus Randolphs Mund. Aber so einfach, das hätte Pearl S. Buck eigentlich wissen müssen, ist es wohl kaum.
LENA BOPP
Pearl S. Buck: "Die Welt
voller Wunder". Roman.
Aus dem Englischen von
Britta Mümmler. dtv Verlagsgesellschaft, München 2015. 368 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein wiederentdeckter Roman von Pearl S. Buck
Wie ein Märchen liest sich dieses Buch von Pearl S. Buck, und märchenhaft klingen auch die Umstände, unter denen es erschienen ist: In einem verlassenen Lagerraum in Texas soll das Manuskript, das unter dem Titel "Die Welt voller Wunder" nun in deutscher Übersetzung vorliegt, gefunden worden sein. Wie es dorthin gelangte, da die 1938 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete Pearl Sydenstricker Buck ihre letzten Lebensjahre doch in Derby, Vermont, verbrachte, wo sie 1973 auch verstarb, ist nicht bekannt. Es könnte sein, dass jemand das Buch in Vermont gestohlen und dann einfach in Texas vergessen habe, sagte ihr Adoptivsohn vor zwei Jahren bei der Vorstellung des Manuskripts in den Vereinigten Staaten.
Nun ist der Text jedenfalls da und erinnert in manchem an die großen Erfolgsbücher von Pearl S. Buck. "Die Welt voller Wunder" spielt zwar nicht in China, dessen bäuerliches Leben im Mittelpunkt ihres mit dem Pulitzer-Preis gekrönten Romans "Die gute Erde" stand. Aber zumindest teilweise erzählt er vom Koreakrieg, an dem Randolph Colfax, der hochbegabte Held des Romans, eine kurze Zeit in einer Einheit irgendwo weit hinter der Front teilnehmen muss. Außerdem lässt er in Gestalt von Stephanie Kung eine Frau in das Leben des jungen Mannes treten, die sowohl chinesische als auch amerikanische Wurzeln hat und somit jene beiden Kulturkreise in sich vereint, in denen auch Pearl S. Buck abwechselnd gelebt und gearbeitet hat.
Angesichts ihrer eigenen reichen Erfahrungen beim Leben zwischen diesen Ländern ist es allerdings erstaunlich, wie holzschnittartig die Schilderungen von dem Weg anmuten, den die Hauptfigur nehmen muss. Denn Randolph Colfax' Geschichte liest sich wie eine Versuchsanordnung, bei der nichts dem Zufall überlassen, sondern alles so arrangiert ist, dass sich der Held keine Sorgen machen muss. Von Anfang an kreisen Menschen um ihn, die ihn behüten wie gute Geister, ihn unterstützen wie wohlhabende Mäzene, ihm Erfahrungen ermöglichen, ohne ihn existentiell zu gefährden, und die ihm auf diese Weise einen Freiraum schaffen, in dem sich Randolph ganz den Fragen widmen kann, um die es seiner Schöpferin offensichtlich geht: Wie findet ein Mensch seine Bestimmung? Und wie lässt sich verwirklichen, wozu man geboren wurde?
Im Laufe des Romans wird deutlich, dass die große Freiheit um Randolph herum notwendig ist, um etwas zu ermöglichen, was als Grundlage jedes schöpferischen Prozesses dargestellt wird - nämlich ein stets zum Staunen bereiter Blick auf die Welt. Und Randolph tut, wie ihm geheißen. Wo er auch hinkommt auf der Grand Tour, die ihn von Ohio nach New York, England, Paris, dann in den Koreakrieg und wieder zurück nach New York führt, stets nimmt er neugierig und offen alles in sich auf. Aber er bleibt dabei so eigenschaftslos wie ein Versuchstier. Von Zumutungen und Herausforderungen lange verschont, zeigt er weder Argwohn noch Leidenschaften. Er bleibt freundlich, aber naiv und enthält dem Buch, das ja ein Bildungsroman sein will, somit lange Zeit dessen eigentlichen Kern vor, nämlich eine wie auch immer geartete Form von Entwicklung.
Dazu passt auch, dass an entscheidender Stelle in diesem Roman ein eigenartiges Vakuum herrscht. Denn das Buch, das Randolph selbst in Korea schreibt und das, nicht nur weil es ein Bestseller wird, als Krönung des zuvor so aufwendig beschworenen schöpferischen Prozesses gelten darf, entsteht hier wie aus dem Nichts. Um die Schilderung seiner Entstehung, um eine Beschreibung dessen, was das Schöpferisch-Sein also bedeuten und wie es sich gestalten könnte, macht Pearl S. Buck einen weiten Bogen. Auch sie hütet sich in diesem Sinn vor einer (möglichen) Zumutung und erweist sich ihrer Hauptfigur als ähnlich. "Ich kann wohl einfach nur sagen, ich bin Schriftsteller", heißt es an einer Stelle aus Randolphs Mund. Aber so einfach, das hätte Pearl S. Buck eigentlich wissen müssen, ist es wohl kaum.
LENA BOPP
Pearl S. Buck: "Die Welt
voller Wunder". Roman.
Aus dem Englischen von
Britta Mümmler. dtv Verlagsgesellschaft, München 2015. 368 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mit Pearl S. Bucks erst 2012 entdecktem und nun postum veröffentlichten Roman "Die Welt voller Wunder" hat Rezensent Harald Eggebrecht ein paar Probleme. Der Entwicklungsroman über den hübschen, durch die Welt reisenden und aus gutem Hause stammenden Schriftsteller Randolph erscheint dem Kritiker ein wenig altmodisch, zwar leicht zu lesen, aber schließlich doch zu "schlacken- und kantenlos". Die Figuren sind Eggebrecht allesamt zu glatt und geheimnislos; und sogar die geschilderte Problematik über "Mischlingsehen" in den USA geht bei all den Oberflächlichkeiten unter, klagt der Kritiker. Britta Mümmlers deutsche Übersetzung findet er immerhin "annehmbar".
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2015Zu schön, um wahr zu sein
Posthum veröffentlicht: Ein romantisch-altmodischer Entwicklungsroman von Pearl S. Buck
Dieses Buch hat eine so interessante Provenienzgeschichte, dass man sie fast für eine raffinierte Erfindung von Pearl S. Buck selbst halten möchte. Das Manuskript und eine Maschinenabschrift sollen 2012 in einer Lagerhalle in Texas gefunden worden sein, als eine Dame deren Inventar ersteigerte und dabei auf Persönliches von Pearl S. Buck (1892-1973) stieß, darunter auf diesen Text. Ediert hat ihn der Adoptivsohn und literarische Nachlassverwalter von Pearl S. Buck, Edgar Walsh, nachdem die Familie der Autorin das Manuskript von der Finderin erworben hatte.
Wie mysteriös die Fundumstände auch sein mögen – nun also liegt eine annehmbare deutsche Übersetzung von Britta Mümmler vor, aus der man die Geschichte des Randolph Colfax erfahren kann. Ein paar Sprachschlampereien müssen allerdings schon moniert werden: Das Unwort „nichtsdestotrotz“ kommt ebenso vor wie der unsinnige Begriff des „Unterbewusstseins“, der leider weit verbreitet, dennoch immer fälschlicherweise für das Unbewusste genommen wird.
Pearl S. Buck hat in ihrem erfolgreichen Schriftstellerleben, das 1938 mit dem Literaturnobelpreis gekrönt wurde, rund achtzig Romane geschrieben. Einige davon wurden Weltbestseller, auch wenn viele Kritiker ihr Werk mehr für gut gemachte Unterhaltungs- denn bedeutende Literatur halten. Auch „Die Welt voller Wunder“ passt entschieden zu dieser Einschätzung, ein geradezu altmodisch realitätsferner Bildungsroman über einen begabten jungen Mann auf der Suche nach sich selbst.
Randolph Colfax sieht gut aus, erstaunt schon als Kleinkind seine Akademikereltern, besticht durch grenzenlose Neu- und Wissbegier, imponiert seinen Lehrern – einer verliebt sich in ihn, aber Rann weiß sich zu wehren. Er hat einen wohlhabenden Großvater, landet bei seiner Grand Tour nach Europa im englischen Herrenhaus der schönen rothaarigen Lady Mary, die den Sechzehnjährigen nach allen Regeln der Kunst in die Liebe einführt, fährt nach Paris und lernt die zauberhafte Stephanie kennen, Tochter eines chinesischen Kunsthändlers und einer Amerikanerin. Dann kehrt er zurück nach Amerika, wird zum Militärdienst nach Korea eingezogen und erlebt dort sein Coming out als Schriftsteller. Sein Buch wird ein Bestseller mit allen Begleiterscheinungen von Glamour und Klatsch.
Am Ende, nachdem die schöne Stephanie ihn nicht heiraten will, weil sie „Mischling“ sei und keine Mischlingskinder in die Welt setzen wolle – sie endet dann auch noch tragisch – gründet Randoph eine Stiftung, welche die Situation der „Mischlinge“ weltweit mildern soll, bis das Problem irgendwann verschwunden ist. Das Ganze ist flüssig und erzähltechnisch sicher geschrieben. Also lesen sich die rund 360 Seiten locker weg.
Aber die Schlacken- und Kantenlosigkeit irritiert. Diese ewig schönen, klugen und auch noch wohlhabenden Menschen in ihren Häusern und Chalets, ihren großzügigen Appartements und noblen Hotels erscheinen einem so unwirklich, so gebügelt und geschniegelt, so zahm und verständig, als gäbe es keinen Staub, keine Zahn- und Kopfschmerzen. Das Beste ist gleich die Anfangssequenz, die im Mutterleib bis zur Geburt spielt. Da riskiert die Autorin etwas mehr als wohlgeordnetes Schreiben in einer makellos lackierten Welt: „So setzte er seine Reise fort und zwängte sich durch den Gang hindurch, indem er seine Wände unerbittlich weitete. Eine andere, dickliche Flüssigkeit quoll hervor und trug ihn, immer noch kopfüber, weiter voran auf seinem Weg, bis er plötzlich . . . hinausschoss in die Unendlichkeit. Dort wurde er gepackt, am Kopf gepackt, sehr behutsam natürlich, und in luftige Höhen gehoben – wovon, das wusste er nicht, denn er konnte ja noch nichts wissen–, und dann baumelte er mit einem mal wiederum kopfüber an den Füßen.“
Was so einigermaßen frisch beginnt, biegt rasch ab in Glätte und Geheimnislosigkeit. Das ist wohl der schwerste Einwand gegen solches Erzählen, dass es weder inhaltlich noch formal Unwägbarkeiten, Plötzlichkeiten, Ton- und Farbwechsel, gar Krisen kennt. Auch die durchaus virulente Problematik so genannter Mischlinge in einem Land wie den USA, wo weiterhin ein nahezu unverblümter Rassismus fortwirkt, hat bei Pearl S. Buck nicht so sehr den Anschein einer existenziellen Frage und Not, sondern viel mehr den einer Trübung ihrer sonst so aufgeräumten Idealwelt. Unglaublich auch wie ortlos Colfax als Soldat in Korea lebt, wie ein unbeteiligter Beobachter. Dass dieser schöne Mann nicht mit Straßenmädchen verkehrt, dass er mit Schmutz – immerhin gibt es ihn endlich – nicht in Berührung kommt, entspricht seiner Persönlichkeit, an der alles abperlt: Liebeserlebnisse genauso wie Trennung und Tod. Rann Colfax weiß dann immer mehr als vorher, aber er ist sofort bereit, aufs Neue zu staunen über alles, was seine Erfinderin noch für ihn bereithält.
HARALD EGGEBRECHT
Die Geschichte dieser
sensationellen Entdeckung
klingt selbst wie ein Roman
Pearl S. Buck: Die Welt voller Wunder. Roman.
Aus dem Englischen von Britta Mümmler. dtv,
München 2015. 368 Seiten, 19,90 Euro. E-Book
15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Posthum veröffentlicht: Ein romantisch-altmodischer Entwicklungsroman von Pearl S. Buck
Dieses Buch hat eine so interessante Provenienzgeschichte, dass man sie fast für eine raffinierte Erfindung von Pearl S. Buck selbst halten möchte. Das Manuskript und eine Maschinenabschrift sollen 2012 in einer Lagerhalle in Texas gefunden worden sein, als eine Dame deren Inventar ersteigerte und dabei auf Persönliches von Pearl S. Buck (1892-1973) stieß, darunter auf diesen Text. Ediert hat ihn der Adoptivsohn und literarische Nachlassverwalter von Pearl S. Buck, Edgar Walsh, nachdem die Familie der Autorin das Manuskript von der Finderin erworben hatte.
Wie mysteriös die Fundumstände auch sein mögen – nun also liegt eine annehmbare deutsche Übersetzung von Britta Mümmler vor, aus der man die Geschichte des Randolph Colfax erfahren kann. Ein paar Sprachschlampereien müssen allerdings schon moniert werden: Das Unwort „nichtsdestotrotz“ kommt ebenso vor wie der unsinnige Begriff des „Unterbewusstseins“, der leider weit verbreitet, dennoch immer fälschlicherweise für das Unbewusste genommen wird.
Pearl S. Buck hat in ihrem erfolgreichen Schriftstellerleben, das 1938 mit dem Literaturnobelpreis gekrönt wurde, rund achtzig Romane geschrieben. Einige davon wurden Weltbestseller, auch wenn viele Kritiker ihr Werk mehr für gut gemachte Unterhaltungs- denn bedeutende Literatur halten. Auch „Die Welt voller Wunder“ passt entschieden zu dieser Einschätzung, ein geradezu altmodisch realitätsferner Bildungsroman über einen begabten jungen Mann auf der Suche nach sich selbst.
Randolph Colfax sieht gut aus, erstaunt schon als Kleinkind seine Akademikereltern, besticht durch grenzenlose Neu- und Wissbegier, imponiert seinen Lehrern – einer verliebt sich in ihn, aber Rann weiß sich zu wehren. Er hat einen wohlhabenden Großvater, landet bei seiner Grand Tour nach Europa im englischen Herrenhaus der schönen rothaarigen Lady Mary, die den Sechzehnjährigen nach allen Regeln der Kunst in die Liebe einführt, fährt nach Paris und lernt die zauberhafte Stephanie kennen, Tochter eines chinesischen Kunsthändlers und einer Amerikanerin. Dann kehrt er zurück nach Amerika, wird zum Militärdienst nach Korea eingezogen und erlebt dort sein Coming out als Schriftsteller. Sein Buch wird ein Bestseller mit allen Begleiterscheinungen von Glamour und Klatsch.
Am Ende, nachdem die schöne Stephanie ihn nicht heiraten will, weil sie „Mischling“ sei und keine Mischlingskinder in die Welt setzen wolle – sie endet dann auch noch tragisch – gründet Randoph eine Stiftung, welche die Situation der „Mischlinge“ weltweit mildern soll, bis das Problem irgendwann verschwunden ist. Das Ganze ist flüssig und erzähltechnisch sicher geschrieben. Also lesen sich die rund 360 Seiten locker weg.
Aber die Schlacken- und Kantenlosigkeit irritiert. Diese ewig schönen, klugen und auch noch wohlhabenden Menschen in ihren Häusern und Chalets, ihren großzügigen Appartements und noblen Hotels erscheinen einem so unwirklich, so gebügelt und geschniegelt, so zahm und verständig, als gäbe es keinen Staub, keine Zahn- und Kopfschmerzen. Das Beste ist gleich die Anfangssequenz, die im Mutterleib bis zur Geburt spielt. Da riskiert die Autorin etwas mehr als wohlgeordnetes Schreiben in einer makellos lackierten Welt: „So setzte er seine Reise fort und zwängte sich durch den Gang hindurch, indem er seine Wände unerbittlich weitete. Eine andere, dickliche Flüssigkeit quoll hervor und trug ihn, immer noch kopfüber, weiter voran auf seinem Weg, bis er plötzlich . . . hinausschoss in die Unendlichkeit. Dort wurde er gepackt, am Kopf gepackt, sehr behutsam natürlich, und in luftige Höhen gehoben – wovon, das wusste er nicht, denn er konnte ja noch nichts wissen–, und dann baumelte er mit einem mal wiederum kopfüber an den Füßen.“
Was so einigermaßen frisch beginnt, biegt rasch ab in Glätte und Geheimnislosigkeit. Das ist wohl der schwerste Einwand gegen solches Erzählen, dass es weder inhaltlich noch formal Unwägbarkeiten, Plötzlichkeiten, Ton- und Farbwechsel, gar Krisen kennt. Auch die durchaus virulente Problematik so genannter Mischlinge in einem Land wie den USA, wo weiterhin ein nahezu unverblümter Rassismus fortwirkt, hat bei Pearl S. Buck nicht so sehr den Anschein einer existenziellen Frage und Not, sondern viel mehr den einer Trübung ihrer sonst so aufgeräumten Idealwelt. Unglaublich auch wie ortlos Colfax als Soldat in Korea lebt, wie ein unbeteiligter Beobachter. Dass dieser schöne Mann nicht mit Straßenmädchen verkehrt, dass er mit Schmutz – immerhin gibt es ihn endlich – nicht in Berührung kommt, entspricht seiner Persönlichkeit, an der alles abperlt: Liebeserlebnisse genauso wie Trennung und Tod. Rann Colfax weiß dann immer mehr als vorher, aber er ist sofort bereit, aufs Neue zu staunen über alles, was seine Erfinderin noch für ihn bereithält.
HARALD EGGEBRECHT
Die Geschichte dieser
sensationellen Entdeckung
klingt selbst wie ein Roman
Pearl S. Buck: Die Welt voller Wunder. Roman.
Aus dem Englischen von Britta Mümmler. dtv,
München 2015. 368 Seiten, 19,90 Euro. E-Book
15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
"Ein schöner und lesenswerter Literatur-Fund."
Frank Dietschreit, RBB Kulturradio 20.11.2015
Frank Dietschreit, RBB Kulturradio 20.11.2015
Aber dieser quasi aus der Zeit gefallene Bildungsroman aus einer Welt ohne Handy und Internet hat einen ganz besonderen Zauber. Christiane Irrgang NDR 20151209