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Produktdetails
  • KiWi Taschenbücher
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Gewicht: 292g
  • ISBN-13: 9783462028553
  • ISBN-10: 3462028553
  • Artikelnr.: 08124154
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.1999

Der Widerspenstigen Lähmung
Der Feminismus ist auch nicht mehr, was er einmal war

Der Feminismus ist in die Jahre gekommen. Die Alltagshoffnungen sind zerstoben, die Debatten erkaltet. Traurig welken die akademischen gender studies vor sich hin, während intellektuelles fast food vom Schlage eines "Machiavelli für Frauen" den Buchmarkt überschwemmt. Die Managerinnen von morgen wollen keinesfalls auf Quotenticket fahren, nur Auslaufmodelle wie Rita Süssmuth oder Alice Schwarzer halten die Fahnen der Patriarchatskritik weiterhin hoch: Die "Nachgeborenen" haben sich vom Aktionismus ihrer Mütter verabschiedet. So sehen es jedenfalls die "Spiegel"-Redakteurinnen Susanne Weingarten und Marianne Wellershoff, die den "widerspenstigen Töchtern" der Veteraninnen auf den Zahn gefühlt haben.

Dabei herausgekommen ist ein Buch, das über weite Strecken das Frauenbild von "Cosmopolitan" und Co. aufs Putzigste kopiert. Die Generation der Zwanzig- und Dreißigjährigen hält sich demnach für rundum emanzipiert, genießt das Leben und hat mit dem "Opfer-Feminismus" der Altvorderen nichts mehr am Hut. Die lust-, macht- und männerfeindlichen "Klageweiber" aus den Siebzigern beißen bei den Girlies auf Granit. Ihre Verdienste - etwa um die Neuregelung des Paragraphen 218 - weiß der Nachwuchs zwar zu würdigen. Doch vom Geschlechterkampf hat er die Nase voll.

Auch Weingarten und Wellershoff möchten alle Gesinnungsgefechte einstellen. Gleichwohl registrieren sie anhaltende Diskriminierungen des weiblichen Geschlechts und plädieren deshalb für eine "neue Frauenbewegung", die das Erbe der siebziger Jahre über Bord werfen soll. Statt eine "andere Gesellschaftspolitik" anzusteuern, wollen die Autorinnen "das Recht des Stärkeren" als "strategische Maßnahme" akzeptieren. Der politische und wirtschaftliche Status quo bleibt unangetastet - Revolution adieu. Frauen, so das Credo, müssen ganz einfach vermehrt in Führungspositionen einrücken, um sich die "Teilhabe an der Macht" zu sichern.

Aussagen dieser Art sind ebenso konsensfähig wie banal. Obendrein lassen Weingarten und Wellershoff offen, wie sie ihren "pragmatischen Neuansatz" auf dem Arbeitsmarkt umzusetzen gedenken. Die Theorielastigkeit, die beide Publizistinnen der alten Frauenbewegung ankreiden, verkehren sie selbst ins Gegenteil: Wo soziale Visionen fehlen, wird mit hochtrabenden Begrifflichkeiten herumgefuchtelt.

Auch das Dilemma "Kinder oder Karriere" hat sich für Weingarten und Wellershoff grosso modo erledigt. Ihrer Ansicht nach kann jede entsprechend ausgebildete Frau den "Fahrstuhl zur Chefetage" nehmen - sie muss sich bloß dafür entscheiden. Die Frauenministerin Christine Bergmann, die ihnen Rede und Antwort stand, weiß es besser: Sie kritisiert eine noch immer "antiquierte Vorstellung von der Rollenverteilung" ebenso wie die Kinderbetreuungsmisere oder die wenig ausgeprägte Bereitschaft der Väter, in Erziehungsurlaub zu gehen. Wer die Männer nicht in die Pflicht nimmt, wird im "Fahrstuhl zur Chefetage" hängen bleiben - und zwar auf den unteren Etagen. So nüchtern sieht das Bild aus, das die regierungsamtliche Expertin zeichnet.

Von der "neuen Frauenbewegung", der nach Weingarten-Wellershoff'scher Diagnose nur noch "eine kollektive Identität und ein kollektives Label" fehlen, haben die Herren der Schöpfung keinerlei Missionierungsversuche zu befürchten. Das Differenzdenken à la Beauvoir wird ad acta gelegt, der altbackene "Zwang zur Kinderlosigkeit", Homosexualität und Make-up-Verzicht, der die Lila-Latzhosen-Ära angeblich beherrschte, beseitigt - anything goes im poststrukturalistischen Feminat!

Schade nur, dass der Mensch allen wohlmeinenden Angeboten zum Trotz ein Gewöhnungstier bleibt. Das verraten jene Gespräche mit "widerspenstigen Töchtern" (und Söhnen), die Weingarten und Wellershoff dokumentieren. Da fragt sich Ute, wo "die echten Kerle geblieben" seien, und lamentiert, dass ihr im Bett "das Archaische fehlt". Anton, Patrick und Janosch diskutieren über Frauen, um festzustellen, dass Promiskuität für Männer eben doch "viel befriedigender" sei. Claudia und Miriam lehnen Hausmänner ab, Ulrike dagegen träumt von Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Obwohl manche Wortmeldung an jene Berufsexhibitionisten erinnert, die sich nachmittags im Fernsehen spreizen, fällt eines auf: Welches Selbstbewusstsein Männer und Frauen sich zulegen, hängt nach wie vor von ihrem Gegenüber ab. Ganz nebenbei zeigen sich hier die Grenzen der Emanzipation, vielleicht auch die Versäumnisse ihrer Vorkämpferinnen: Die lustvolle Phrasendrescherei kann das Ausmaß der Verunsicherung auf beiden Seiten nicht kaschieren.

Solche Untertöne stoßen bei Weingarten und Wellershoff jedoch auf taube Ohren. Entsprechend oberflächlich sind ihre Porträts der "widerspenstigen Töchter" ausgefallen. Die Abrechnung mit der alten Garde macht eben noch keinen feministischen Frühling. Wem dieses Buch Gewinn bringen soll, bleibt deshalb einigermaßen rätselhaft.

DORION WEICKMANN

Susanne Weingarten, Marianne Wellershoff: "Die widerspenstigen Töchter". Für eine neue Frauenbewegung. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1999. 268 S., br., 24,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Hilal Sezgin bespricht recht flüssig und mit einigem Witz zwei Publikationen zur Lage der Frauen. Beide Bücher rechnen mit den Dogmen Frauenbewegung der 70er und 80er Jahre ab, die in der Sicht der Autorinnen von einer völlig verzerrten Weltsicht, Hysterie und Puritanismus gekennzeichnet war.
1) Elisabeth Fox-Genevese: "