Ein Märchen vom Leben und der Liebe
Es war einmal ein Hase aus Porzellan, den ein kleines Mädchen sehr lieb hatte. Auf einer Seereise ging er über Bord und wurde von einem Fischer gerettet. Doch das ist nicht die einzige Station auf der wundersamen Reise von Edward Tulane, dem Hasen, auf der er lernt zu lieben und geliebt zu werden. Eine Geschichte von Liebe und Leid, von tiefen Wassern und tobenden Winden, von Abschied und Ankommen - mit dem Witz und der Sprachkunst von Kate DiCamillo und wunderschönen, zwei- und vierfarbigen Bildern. Zum Vorlesen und Selberlesen - auch für Erwachsene ein Lieblingsbuch! Mit zehn ganzseitigen Farbtafeln und in bibliophiler Ausstattung mit Leinenrücken und Lesebändchen.
Es war einmal ein Hase aus Porzellan, den ein kleines Mädchen sehr lieb hatte. Auf einer Seereise ging er über Bord und wurde von einem Fischer gerettet. Doch das ist nicht die einzige Station auf der wundersamen Reise von Edward Tulane, dem Hasen, auf der er lernt zu lieben und geliebt zu werden. Eine Geschichte von Liebe und Leid, von tiefen Wassern und tobenden Winden, von Abschied und Ankommen - mit dem Witz und der Sprachkunst von Kate DiCamillo und wunderschönen, zwei- und vierfarbigen Bildern. Zum Vorlesen und Selberlesen - auch für Erwachsene ein Lieblingsbuch! Mit zehn ganzseitigen Farbtafeln und in bibliophiler Ausstattung mit Leinenrücken und Lesebändchen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.04.2006Wenn Hasen zu wenig lieben
Gar nicht so wundersam: Kate DiCamillos "Edward Tulane"
Der Porzellanhase Edward Tulane gehört der zehnjährigen Abilene, er ist ein Geschenk ihrer Großmutter. Abilene liebt den Hasen abgöttisch, dieser jedoch liebt nur sich selbst. Allein die Großmutter sieht in ihm den eitlen Fatzken, der er ist, und erzählt ihm von einer Prinzessin, die in ein Warzenschwein verwandelt und getötet wird, weil sie niemanden lieben will. Doch Edward begreift die Moral dieser Geschichte nicht, weshalb die Autorin das fast ein Meter große Tier auf eine Tour der Leiden schickt. Auf einer Schiffsreise geht der Hase über Bord, liegt lange auf dem Meeresgrund, bis er ins Haus eines alten Fischers gerät. Ein Hund schleppt ihn später von einer Müllhalde fort, mit einem Landstreicher reist er durch Amerika, bis er von einem Bahnbeamten aus dem Zug geworfen wird, eine alte Frau macht ihn zur Vogelscheuche, ein Junge namens Bryce schenkt ihn seiner lungenkranken Schwester und läßt ihn nach deren Tod als Marionette tanzen, bis ihn schließlich ein Grobian zerschmettert. Ein Puppendoktor restauriert den Hasen, allerdings um den Preis, ihn behalten zu dürfen. Eines Tages betritt ein kleines Mädchen seinen Laden und verguckt sich spontan in den Hasen. Die Mutter dieses Mädchens ist natürlich, so schließt sich der Kreis, Abilene.
Auf seiner Odyssee erhält Edward auf jeder Station einen neuen Namen, ein neues Aussehen, einmal wird er sogar zur Häsin erklärt. Erst als Abilene ihn erkennt, ist er wieder Edward, derselbe und doch nicht derselbe. Denn er weiß jetzt, wie es ist, Menschen zu lieben und zu vermissen. Die erste Lektion, die junge Leser hier lernen sollen, lautet: Hochmut kommt vor dem Fall. Die zweite stammt von einer hundertjährigen Puppe: "Wenn Sie nicht lieben oder geliebt werden wollen, dann ist die ganze Reise sinnlos."
Kindergeschichten, in denen es um die Liebe geht, sind immer populär, besonders bei Erwachsenen. Doch bei genauerem Hinsehen postuliert der Text einen eher hohlen Begriff von Liebe, der kaum glaubwürdig gefüllt wird. Als kaltherzig an den Pranger gestellt werden der Hase, dem das als Spielzeug am wenigsten vorzuwerfen ist, und die Prinzessin, die sich verständlicherweise weigert, die ihr präsentierten Ehekandidaten auf Geheiß zu lieben. Die Menschen aber, die der Hase auf seiner Reise trifft, sind bis auf einige Kinder kaum zur Liebe begabt. Die Fischersleute sind zwar freundlich, haben aber ihre Tochter eher verzogen als geliebt, die Landstreicher sehnen sich nach ihren Kindern, haben sie jedoch gleichwohl verlassen. Daß auch diese positiv geschilderten Personen ihr Herz an den stummen Hasen hängen, mit den eigenen Kindern aber nicht leben können, stimmt nachdenklich. Die übrigen Erwachsenen wirken karikaturhaft überzeichnet: die dumme, grell geschminkte, kreischende Tochter des Fischers, die den Hasen auf den Müll wirft, der alkoholisierte Vater, der seine Kinder völlig vernachlässigt und die Tochter sogar sterben läßt, der Koch, der den Hasen zerbricht. Selbst der Puppendoktor ist am Ende herzlos.
Kinder sollen aus Kate DiCamillos neuem Buch offensichtlich lernen, daß für ein geglücktes Leben nur die Liebe zählt. Dank des beliebten alten Sujets - verlorenes Spielzeug reist um die Welt, um schließlich wieder zu den Seinen zurückzukehren - und dank seiner feinen Aufmachung hat das Buch das Zeug zu einem Lieblingstitel der Erwachsenen, die an Ostern gerne zu Hasengeschichten greifen. Doch die Träger der schrill verkündeten Botschaft überzeugen nicht. Letztlich bleibt eher die traurige Erkenntnis, daß Liebe im wirklichen Leben wenig Platz hat und Erwachsene oft an ihr scheitern. Keine fremde Erfahrung für Kinder; nur ist sie hier nicht Thema, sondern läuft unterschwellig und unmotiviert nebenher.
Durch abrupte Brüche in der Sprache - mal gedrechselt, mal salopp, mal märchenhaft - schwankt die Geschichte zudem zwischen verschiedenen Genres. Weitere Ungereimtheiten inhaltlicher, stilistischer und sprachlicher Art lassen den Leser immer wieder stolpern. Sie bleiben jedoch zweitrangig neben den grundsätzlichen Problemen des jüngsten Werkes einer Autorin, die mit "Winn-Dixie" eine weitaus glaubhaftere Erzählung über Freundschaft und Liebe vorgelegt hat, aber bereits in ihrem hochgelobten Mäusedrama "Despereaux" einen Hang zu Überzeichnung und unmotivierter Grausamkeit an den Tag legte.
BIRGITT KOLLMANN
Kate DiCamillo: "Die wundersame Reise von Edward Tulane". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Siggi Seuß. Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2006. 137 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gar nicht so wundersam: Kate DiCamillos "Edward Tulane"
Der Porzellanhase Edward Tulane gehört der zehnjährigen Abilene, er ist ein Geschenk ihrer Großmutter. Abilene liebt den Hasen abgöttisch, dieser jedoch liebt nur sich selbst. Allein die Großmutter sieht in ihm den eitlen Fatzken, der er ist, und erzählt ihm von einer Prinzessin, die in ein Warzenschwein verwandelt und getötet wird, weil sie niemanden lieben will. Doch Edward begreift die Moral dieser Geschichte nicht, weshalb die Autorin das fast ein Meter große Tier auf eine Tour der Leiden schickt. Auf einer Schiffsreise geht der Hase über Bord, liegt lange auf dem Meeresgrund, bis er ins Haus eines alten Fischers gerät. Ein Hund schleppt ihn später von einer Müllhalde fort, mit einem Landstreicher reist er durch Amerika, bis er von einem Bahnbeamten aus dem Zug geworfen wird, eine alte Frau macht ihn zur Vogelscheuche, ein Junge namens Bryce schenkt ihn seiner lungenkranken Schwester und läßt ihn nach deren Tod als Marionette tanzen, bis ihn schließlich ein Grobian zerschmettert. Ein Puppendoktor restauriert den Hasen, allerdings um den Preis, ihn behalten zu dürfen. Eines Tages betritt ein kleines Mädchen seinen Laden und verguckt sich spontan in den Hasen. Die Mutter dieses Mädchens ist natürlich, so schließt sich der Kreis, Abilene.
Auf seiner Odyssee erhält Edward auf jeder Station einen neuen Namen, ein neues Aussehen, einmal wird er sogar zur Häsin erklärt. Erst als Abilene ihn erkennt, ist er wieder Edward, derselbe und doch nicht derselbe. Denn er weiß jetzt, wie es ist, Menschen zu lieben und zu vermissen. Die erste Lektion, die junge Leser hier lernen sollen, lautet: Hochmut kommt vor dem Fall. Die zweite stammt von einer hundertjährigen Puppe: "Wenn Sie nicht lieben oder geliebt werden wollen, dann ist die ganze Reise sinnlos."
Kindergeschichten, in denen es um die Liebe geht, sind immer populär, besonders bei Erwachsenen. Doch bei genauerem Hinsehen postuliert der Text einen eher hohlen Begriff von Liebe, der kaum glaubwürdig gefüllt wird. Als kaltherzig an den Pranger gestellt werden der Hase, dem das als Spielzeug am wenigsten vorzuwerfen ist, und die Prinzessin, die sich verständlicherweise weigert, die ihr präsentierten Ehekandidaten auf Geheiß zu lieben. Die Menschen aber, die der Hase auf seiner Reise trifft, sind bis auf einige Kinder kaum zur Liebe begabt. Die Fischersleute sind zwar freundlich, haben aber ihre Tochter eher verzogen als geliebt, die Landstreicher sehnen sich nach ihren Kindern, haben sie jedoch gleichwohl verlassen. Daß auch diese positiv geschilderten Personen ihr Herz an den stummen Hasen hängen, mit den eigenen Kindern aber nicht leben können, stimmt nachdenklich. Die übrigen Erwachsenen wirken karikaturhaft überzeichnet: die dumme, grell geschminkte, kreischende Tochter des Fischers, die den Hasen auf den Müll wirft, der alkoholisierte Vater, der seine Kinder völlig vernachlässigt und die Tochter sogar sterben läßt, der Koch, der den Hasen zerbricht. Selbst der Puppendoktor ist am Ende herzlos.
Kinder sollen aus Kate DiCamillos neuem Buch offensichtlich lernen, daß für ein geglücktes Leben nur die Liebe zählt. Dank des beliebten alten Sujets - verlorenes Spielzeug reist um die Welt, um schließlich wieder zu den Seinen zurückzukehren - und dank seiner feinen Aufmachung hat das Buch das Zeug zu einem Lieblingstitel der Erwachsenen, die an Ostern gerne zu Hasengeschichten greifen. Doch die Träger der schrill verkündeten Botschaft überzeugen nicht. Letztlich bleibt eher die traurige Erkenntnis, daß Liebe im wirklichen Leben wenig Platz hat und Erwachsene oft an ihr scheitern. Keine fremde Erfahrung für Kinder; nur ist sie hier nicht Thema, sondern läuft unterschwellig und unmotiviert nebenher.
Durch abrupte Brüche in der Sprache - mal gedrechselt, mal salopp, mal märchenhaft - schwankt die Geschichte zudem zwischen verschiedenen Genres. Weitere Ungereimtheiten inhaltlicher, stilistischer und sprachlicher Art lassen den Leser immer wieder stolpern. Sie bleiben jedoch zweitrangig neben den grundsätzlichen Problemen des jüngsten Werkes einer Autorin, die mit "Winn-Dixie" eine weitaus glaubhaftere Erzählung über Freundschaft und Liebe vorgelegt hat, aber bereits in ihrem hochgelobten Mäusedrama "Despereaux" einen Hang zu Überzeichnung und unmotivierter Grausamkeit an den Tag legte.
BIRGITT KOLLMANN
Kate DiCamillo: "Die wundersame Reise von Edward Tulane". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Siggi Seuß. Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2006. 137 S., geb., 12,90 [Euro]. Ab 8 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Wenig erfreut zeigt sich die Rezensentin Birgit Kollmann von diesem Kinderbuch über einen Porzellanhasen, der von einer Hand in die andere gerät, dabei immerzu seinen Namen, einmal auch sein Geschlecht wechselt. Der Botschaft des Buchs, dass in erster Linie die Liebe zählt, wird man, meint Kollmann, nicht widersprechen wollen - jedoch bleibe das Konzept der Liebe hier seltsam kraftlos. Der Hase selbst wird als "kaltherzig" porträtiert und die Erwachsenen geraten für Kollmanns Geschmack allzuoft ärgerlich karikaturenhaft. Weitere Schwächen im Formalen kommen hinzu: Das Buch ist stilistisch uneinheitlich, so dass auch die Genre-Zuordnung letztlich unklar bleiben muss, kritisiert die Rezensentin. Gerade weil dies die Sorte Kinderbuch ist, nach der Erwachsene ihrer Erfahrung nach gerne greifen, rät sie recht deutlich ab.
© Perlentaucher Medien GmbH
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