Gustav, ein pensionierter Lokomotivführer, erzählt von seinen Fahrten in alle Welt. Er habe, behauptet er, eine Lokomotive gekauft, und mit ihr die Welt und auch das Weltall erforscht. "Das Meer ist die eigentliche Bestimmung des Lokomotivführers", stellt er bei Gelegenheit fest. Seine Geschichten sind versponnen, schlüpfrig und immer wieder drollig. Irmtraud Morgner hat mit diesem 1972 erstmals erschienenen Roman den Geschichtenerzählern ein Denkmal gesetzt. "Großvater Gustav war von Kultur ein Lügner, nicht von Natur. In ihm arbeitete die Schöpferkraft der Machtlosen. Zu ungeduldig, um warten zu können, eignete er sich die Welt an, bevor sie ihm errungen war." Ein begeisterter Fritz J. Raddatz sagte über das Buch "voller Lügen, Fabuliergeschichten und Köstlichkeiten: Man kann es nicht genug empfehlen."
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Ute Beiküfner stellt mit Befriedigung fest, dass der Roman "Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers" von Irmtraud Morgner neu aufgelegt wurde, denn sie findet die Werke der DDR-Schriftstellerin seien "zu Unrecht" nach ihrem Tod 1990 in Vergessenheit geraten. Der Roman erzählt von den Phantasiereisen eines Müllfahrers, der mit einer wundersamen Lokomotive in ferne Länder reist, fliegt oder schwimmt. An Jean Pauls Luftschiffer erinnernd, lässt dieser proletarische Phantast seinen Sehnsüchten freien Lauf und spinnt sich zusammen, was ihm in der real existierenden DDR abgeht, meint die Rezensentin, die im Protagonisten eine Personifizierung der Blochschen Utopie entdeckt. Die närrischen Einfälle sollte man also nicht mit "Genarrtheit" verwechseln, betont Beiküfner, die die Werke Morgners auch heute noch so anziehend findet, weil sie ihren Lesern in die Gefilde der Phantasie mitnehmen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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