In ihrem biografischen Essay/Memoir, ergänzt um rund dreißig Gedichte, erzählt Topali von ihrer aus der Pontos-Region am südlichen Schwarzen Meer stammenden Familie, in der sich die "Kleinasiatische Katastrophe" vielschichtig spiegelt: so die Bezeichnung der Griechen für das Ende und die Konsequenzen des verlorenen griechisch-türkischen Kriegs (1919-1922). Höhepunkt waren der Brand und das Massaker der überwiegend von Griechen bewohnten Stadt Smyrna; dann 1923 in Lausanne die griechisch-türkische Vereinbarung über den Bevölkerungsaustausch: die Vertreibung von 1,2 Millionen Griechen aus ihrer…mehr
In ihrem biografischen Essay/Memoir, ergänzt um rund dreißig Gedichte, erzählt Topali von ihrer aus der Pontos-Region am südlichen Schwarzen Meer stammenden Familie, in der sich die "Kleinasiatische Katastrophe" vielschichtig spiegelt: so die Bezeichnung der Griechen für das Ende und die Konsequenzen des verlorenen griechisch-türkischen Kriegs (1919-1922). Höhepunkt waren der Brand und das Massaker der überwiegend von Griechen bewohnten Stadt Smyrna; dann 1923 in Lausanne die griechisch-türkische Vereinbarung über den Bevölkerungsaustausch: die Vertreibung von 1,2 Millionen Griechen aus ihrer Heimat (heute Türkei) und von 400.000 Muslimen oder "Türken" aus dem heutigen Griechenland. Einziges Kriterium: die Religionszugehörigkeit. Das Trauma hallt in der Region bis heute nach. In ihrem Zeugnis der Makro- wie Mikrogeschichte stellt Topali, gegen Scham und Verschweigen ankämpfend, beide, die türkische wie die griechische Täterseite in den Vordergrund. Betont aber, dass sie auch im Positiven ein Produkt dieses Dramas ist. Letztlich will ihr Text ein Signal sein für ein Miteinander, wie es über Jahrtausende möglich war.
Maria Topali wurde in den 60er Jahren in Thessaloniki, Griechenland geboren. Das Haus ihrer Eltern, auf dessen Dach einige Bienenstöcke des Großvaters standen, lag an einer noch nicht asphaltierten Straße, jenseits der byzantinischen Stadtmauern im Westen der Stadt. Pferdekarren zogen vorbei, der Kontrast zum modernen Stadtzentrum war krass. Die multiethnische Vergangenheit der Stadt blieb bis Anfang des 21. Jahrhunderts tief begraben; doch jüdische und türkische Begriffe hatten als Ortsnamen und in der Esskultur überlebt. Für Marias Kinderohren hatten sie einen magischen, aber auch beunruhigenden Klang. Ähnlich erging es ihr mit dem pontischen Dialekt, der mittelalterlichen Sprache der Schwarzmeer-Griechen. Das war die Sprache ihrer Vormittage, die sie mit Großvater und Tagesmutter verbrachte, da die Eltern berufstätig waren. Kamen sie von der Arbeit zurück nach Hause, wechselte die Sprache in das normale Alltagsgriechisch. Schon als Kind schrieb Maria Gedichte. Es war ihr Versuch, aus dem einen Ich in das andere zu übersetzen, ohne dabei die Widersprüche einzuebnen, sie unter den Tisch fallen zu lassen. Sie besuchte die Deutsche Schule in Thessaloniki, deren Gründung noch in die Zeit des osmanischen Reichs zurückreichte. Die Familie zog in den östlichen Teil der Stadt. Dialekt und Bienen blieben zurück ¿ vielmehr sickerten ein in ihr Schreiben.
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