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»Öko-Terroristen!« - »Klima-Kleber« - mit solchen Bezeichnungen werden Menschen diskreditiert, die seit einiger Zeit nicht nur in Deutschland zu neuen Formen des friedlichen Protests und Widerstands greifen und sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Lea Bonasera, die die Gruppe Letzte Generation mitgegründet hat, lässt sich davon nicht entmutigen. Im Gegenteil: Sie weiß aus der wissenschaftlichen Forschung, dass der zivile Widerstand ein effektives und demokratisches Mittel ist, um Verantwortliche aus Politik und Wirtschaft dazu zu bringen, endlich entschiedener zu handeln.
Lea Bonasera war
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Produktbeschreibung
»Öko-Terroristen!« - »Klima-Kleber« - mit solchen Bezeichnungen werden Menschen diskreditiert, die seit einiger Zeit nicht nur in Deutschland zu neuen Formen des friedlichen Protests und Widerstands greifen und sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Lea Bonasera, die die Gruppe Letzte Generation mitgegründet hat, lässt sich davon nicht entmutigen. Im Gegenteil: Sie weiß aus der wissenschaftlichen Forschung, dass der zivile Widerstand ein effektives und demokratisches Mittel ist, um Verantwortliche aus Politik und Wirtschaft dazu zu bringen, endlich entschiedener zu handeln.

Lea Bonasera war nicht nur an zahlreichen Protesten und Straßenblockaden beteiligt, sie kennt sich auch mit aktueller Forschung aus: An der Universität Oxford hat sie sich intensiv mit der Geschichte und den Zielen des zivilen Widerstands beschäftigt. In ihrem Buch schlägt sie eine Brücke zwischen Theorie und Praxis und zeigt, was ziviler Widerstand bedeutet und warum er tatsächlich ein Weg aus der Krise sein kann.
Autorenporträt
Lea Bonasera (*1997) hat Internationale Beziehungen in Oxford studiert, schreibt ihre Doktorarbeit zum Thema ziviler Widerstand in Demokratien, hat selbst Dutzende Male auf der Straße, vor Ministerien oder im Hungerstreik Widerstand geleistet und die 'Letzte Generation' mitgegründet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Rezensent Jakob Hayner ist verärgert über das Buch der Aktivistin und Mitgründerin der "Letzten Generation", Lea Bonasera. Nichts als Asphaltromantik, Alarmismus und Infowirrwarr bietet die Autorin in ihrer politischen Autobiografie, schimpft er. Im Ton schönster Selbstrechtfertigung lässt Bonasera laut Hayner leider jeglichen Versuch vermissen, den Leser über die politischen Ziele und Alternativen der Bewegung zu informieren. Auch eine Verortung im Verhältnis zu anderen Gruppen findet im Buch nicht statt, bedauert Hayner. Statt praktikablen Lösungsvorschlägen für die Wirtschaftsdemokratie bekommt der Rezensent nur esoterische Phrasen in diesem "Krisenratgeberbüchlein".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2023

Schach im Ausnahmezustand

Lea Bonasera, die Mitgründerin der Letzten Generation, stellt sich in ihrem Buch auf einen Kampf ohne Ende ein.

Von Friederike Haupt

Dass es diesen Text gibt, ist ein Erfolg für die Letzte Generation. So sieht es zumindest ihre Mitgründerin Lea Bonasera. Sie bewertet mediale Aufmerksamkeit für Protest als Zeichen dafür, dass Protest effektiv ist. Und da dieser Text auch vom Protest der Letzten Generation handelt, ist er ein Beitrag dazu, die Klimakrise in der öffentlichen Debatte sichtbarer zu machen.

Wobei - und hier hat die Sache ihren ersten Haken - die Debatte über die Letzte Generation fast gar nicht von der Klimakrise handelt, sondern von den Protestmethoden der Aktivisten. Sie kleben sich auf den Straßen fest und besprühen Parteizentralen, Kunstwerke, Privatflugzeuge und das Brandenburger Tor mit Farbe. Im Februar sägten sie einen Rot-Ahorn vor dem Bundeskanzleramt ab, im Juni beschädigten sie den Rasen eines Golfplatzes auf Sylt, indem sie dort Bäume und Blumen pflanzten. Diese Aktionen sollen stören, was sie auch tun - die Frage ist nur mit welchem Zweck.

Es gehe keineswegs darum, nur mediale Aufmerksamkeit zu erregen, schreibt Bonasera in ihrem neuen Buch "Die Zeit für Mut ist jetzt!" Der Untertitel lautet: "Wie uns ziviler Widerstand aus Krisen führt". Das ist also der Anspruch des Protests. Doch der Weg aus der Klimakrise scheint weit, und die Aktivisten scheinen ihn als Marathon zu sehen, den man im Sprinttempo laufen müsse.

Bonasera will den Weg aus zwei Perspektiven beschreiben. Sie ist Aktivistin und angehende Wissenschaftlerin, ihre Doktorarbeit schreibt sie am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung über "zivilen Widerstand". Sie kennt also die Praxis des Protests, aber auch Theorien dahinter. Die Überlagerung der beiden Perspektiven sorgt allerdings teilweise eher für Unschärfe als für Klarheit. Einerseits erklärt Bonasera, den zivilen Widerstand könne man sich vorstellen wie ein Schachspiel. Er sei eine "hochkomplexe Angelegenheit", bei der es um die richtige Taktik gehe. Was den normalen Bürgern wie eine spontane Straßenblockade vorkomme, sei in Wirklichkeit ein Schachzug, der zum "größeren Plan" passe. Andererseits stellt sie sich auch als Bürgerin in emotionalem Ausnahmezustand dar: "Das macht mir Angst", "ich fühle mich hilflos", "ich versuche mich zu beruhigen", "umso mehr ärgere ich mich", "ganz besonders quält es mich", "dann geht mein Puls hoch, ich fange an, unruhig hin und her zu rutschen, mit dem Bein zu wippen, und schimpfe leise vor mich hin", "die Gedanken in meinem Kopf überschlagen sich", "ich merke, wie mir die Tränen kommen", "ich versuche, meine Enttäuschung darüber in produktive Wut zu verwandeln". Darüber hinaus wirft das Bild des Schachspiels die Frage nach dem Gegenspieler auf. Sind das die Autofahrer, die Politiker, die Medien, ist es die öffentliche Meinung, der Rest der Welt?

Naheliegend wäre, dass ein Amalgam aus all dem gemeint ist. Dabei ist das zentrale Dilemma der Letzten Generation, dass sie für eine Mehrheit zu sprechen behauptet, die sie erst gewinnen will. "Warum ist die Politik oft verzagter, langsamer, behäbiger, ungerechter, als es die öffentliche Meinung ist?", fragt Bonasera. Der Satz ist mit einer Fußnote versehen, die auf einen ARD-Deutschlandtrend aus dem April verweist, wonach damals 44 Prozent der Befragten angaben, sie wünschten sich schnellere Veränderungen beim Klimaschutz, wobei die Frage offenbleibt, welchen Preis sie zu zahlen bereit wären für eine Beschleunigung.

Umgekehrt gaben aber 45 Prozent der Befragten an, die Geschwindigkeit sei genau richtig beziehungsweise sogar zu hoch. Das muss nicht bedeuten, dass diese Mehrheit recht hätte. Aber es würde bedeuten, dass Akzeptanz errungen statt vorausgesetzt werden müsste.

An anderer Stelle räumt Bonasera ein, dass die deutsche Öffentlichkeit der Letzten Generation weit überwiegend kritisch gegenübersteht. Einer Umfrage des "Spiegels" zufolge fänden nur 16 Prozent der Befragten die Protestaktionen richtig, 79 Prozent sähen sie als "eher falsch" oder "eindeutig falsch" an. Das bewertet Bonasera als "ganz normale Entwicklungen in dem Prozess". Stagnation und Rückschläge gehörten dazu. Diese Beschreibung lässt sich einerseits auf jeden mehrstufigen Vorgang anwenden, von der Pflege eines Kleingartens bis zur Beendigung eines Weltkriegs. Andererseits wäre von Interesse, woran man unerwartete Entwicklungen erkennen würde, also konzeptuelle Schwächen oder gar ein drohendes Scheitern.

Die Straßenblockaden der Letzten Generation erscheinen Bonasera auch weiter als effektivste Methode ihres Protests; zwar hätten sie "sehr polarisiert", aber zugleich eine sehr große Störung verursacht. Sie seien zudem beliebig wiederholbar, "da es unendlich viele Straßen gibt" und diese nicht wie Regierungsgebäude gesichert werden könnten. Doch Bonasera schildert auch, welche Bedeutung Gespräche mit Politikern für die Bewegung haben. Denn sie hat schon viele geführt, unter anderem mit Olaf Scholz, kurz bevor er Bundeskanzler wurde, oder im Frühjahr mit FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Dabei gehe es darum, keine "wichtigen Chancen zur gemeinsamen Lösungsfindung" zu verpassen; schon wenige Zeilen weiter zeigt sich allerdings, dass die Lösungsfindung in der Erfüllung der Forderungen der Aktivisten bestehen soll. In den Gesprächen "entscheidet sich, ob die Ziele der Protestierenden Gehör finden und es zu Veränderungen kommt oder ob weiter Druck ausgeübt werden muss". Somit scheinen die Gespräche auch verzichtbar, denn die Ziele der Letzten Generation sind öffentlich und müssen nicht erst in vertraulichen Gesprächen offenbart werden.

Dass das Buch Widersprüchliches auf engstem Raum vereint, könnte an seiner unpräzisen Sprache liegen, die oft die eigene Wahrnehmung als neutrale Beschreibung ausgibt. So etwa, als Bonasera beklagt, wie die Störung eines Weihnachtsgottesdienstes vereitelt wurde. Dieser sollte von der ARD übertragen werden, und die Aktivisten hatten vor, sich "ganz friedlich" nach vorn zur Krippe zu begeben. Danach hätten sie die Kirche "ruhig und friedlich" wieder verlassen. Doch dazu kam es nicht. So wurde, laut Bonasera, ein "friedlicher Moment" verhindert. Aber viele Menschen empfinden politische Aktionen in Weihnachtsgottesdiensten nun einmal als Angriff.

Bonasera wählt Beispiele aus der Geschichte, anhand derer sie die Durchschlagskraft des gewaltfreien Widerstands aufzeigen will. Dazu zählen die Montagsdemonstrationen in der DDR 1989, Nelson Mandelas Kampf gegen das Apartheidsregime und die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten, zu deren Schlüsselmomenten die Weigerung der Schwarzen Rosa Parks zählte, ihren Sitzplatz im Bus für einen Weißen zu räumen. Diese Aufzählung mag man anmaßend finden; doch hat jeder das Recht, sich große Vorbilder zu wählen. Schwierig zu beantworten scheint allerdings die Frage, inwiefern etwa der Widerstand innerhalb einer Diktatur wie der DDR zum Vorbild für den Widerstand in einer Demokratie wie der bundesdeutschen taugt. Damals riskierten Demonstranten ihr Leben, heute entscheiden Gerichte, dass die Polizei der Letzten Generation in Rechnung gestellte Bußgelder für das Loslösen von der Straße zurückzahlen muss.

Dies wiederum ist für die Aktivisten zwar komfortabel, doch eigentlich brauchen sie das Gegenteil. Sie warten auf unverhältnismäßiges Vorgehen des Staates gegen sie, um damit einen öffentlichen Aufschrei zu provozieren, der zu einem "massiven Anstieg in der Mobilisierung" führen soll. Bonasera bezieht sich auf die Thesen des amerikanischen Sozialphilosophen Richard Gregg, dem in seiner Theorie vom gewaltfreien Widerstand ein politisches Jiu-Jitsu vorschwebte. Bei dieser Kampfkunst wird der Schwung des Angreifers gegen diesen selbst eingesetzt. Rissen etwa Polizisten die Hände der Straßenblockierer gewaltsam vom Asphalt, würde das viele Deutsche zu Recht schockieren. Ihre Sympathie für die blutenden Aktivisten würde rasant steigen. So leicht lässt die Exekutive sich zwar nicht vorführen. Doch die von anderen vorgetragene unverhältnismäßige Anschuldigung, die Aktivisten seien "Klimaterroristen", eine Art Öko-RAF in der Entstehung, spielt diesen in die Hände. Bonaseras Überlegungen zu dieser Dynamik sind erhellend, zumal die dahinterstehende Strategie zeigt, wie verheerend maßlose Kritik an allen Arten von politischen Gegnern wirkt. Die Letzte Generation verdankt einen großen Teil ihres Einflusses ihren wütendsten Feinden. Manche von diesen kalkulieren wiederum gerade damit, für sie ist die Polarisierung ein Geschäftsmodell. Plumper schlägt plump.

Eines der Hauptprobleme der Letzten Generation nennt Bonasera in großer Offenheit ziemlich am Schluss des Buches: Es gibt kein Ende. Seien aktuelle Forderungen erfüllt, sei das "Bürgerbewusstsein" bereit für neue. Doch die Annahme, Überforderung führte zu Motivation statt zu Resignation, erweist sich aktuell als falsch.

Lea Bonasera: "Die Zeit für Mut ist jetzt! Wie uns ziviler Widerstand aus Krisen führt", S. Fischer, 224 Seiten, 18 Euro.

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Lea Bonasera hat den Ernst der Lage erkannt. Arno Frank taz FUTURZWEI 20231212
Rezensent Jakob Hayner ist verärgert über das Buch der Aktivistin und Mitgründerin der "Letzten Generation", Lea Bonasera. Nichts als Asphaltromantik, Alarmismus und Infowirrwarr bietet die Autorin in ihrer politischen Autobiografie, schimpft er. Im Ton schönster Selbstrechtfertigung lässt Bonasera laut Hayner leider jeglichen Versuch vermissen, den Leser über die politischen Ziele und Alternativen der Bewegung zu informieren. Auch eine Verortung im Verhältnis zu anderen Gruppen findet im Buch nicht statt, bedauert Hayner. Statt praktikablen Lösungsvorschlägen für die Wirtschaftsdemokratie bekommt der Rezensent nur esoterische Phrasen in diesem "Krisenratgeberbüchlein".

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