Wussten Sie, dass der Zeitstrahl keine 250 Jahre alt ist? Und dass die Menschen in Altertum und Mittelalter ganz andere Darstellungen gewohnt waren, um zeitlichen Ereignissen eine Gestalt zu geben, wie prächtige Tafeln, Tabellen oder Bäume?
Für diesen großen Bildband haben Archive berühmter Bibliotheken ihre Schätze zur Verfügung gestellt: Mit Abbildungen aus alten Annalen der Kirchenväter aus St. Gallen, Tafelwerken Albrecht Dürers bis zu wandgroßen Kunstwerken wie dem 'Strom der Geschichte' bietet der Band ein in dieser Zusammenstellung einmaliges Bildmaterial. Tauchen Sie ein in einen von Wissenschaft und Kunst gleichermaßen gefeierten Bildband, der fachlich erstklassig kommentiert wird von zwei der größten Koryphäen für Wissenschaftsgeschichte, Daniel Rosenberg und dem Inhaber des höchsten deutschen Kulturordens: Anthony Grafton.
Für diesen großen Bildband haben Archive berühmter Bibliotheken ihre Schätze zur Verfügung gestellt: Mit Abbildungen aus alten Annalen der Kirchenväter aus St. Gallen, Tafelwerken Albrecht Dürers bis zu wandgroßen Kunstwerken wie dem 'Strom der Geschichte' bietet der Band ein in dieser Zusammenstellung einmaliges Bildmaterial. Tauchen Sie ein in einen von Wissenschaft und Kunst gleichermaßen gefeierten Bildband, der fachlich erstklassig kommentiert wird von zwei der größten Koryphäen für Wissenschaftsgeschichte, Daniel Rosenberg und dem Inhaber des höchsten deutschen Kulturordens: Anthony Grafton.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2016Die Ordnung der Ereignisse
Anthony Grafton und Daniel Rosenberg führen durch die kurvenreiche Geschichte der Zeitkarten.
Die graphische Form der Zeit ist eine Linie. Die Physik führt es vor mit ihrer Achse für den Parameter t, und für die historische Zeit demonstrieren es die omnipräsenten Zeitleisten. Aber so naheliegend die lineare Zeitachse als Form der chronologischen Präsentation historischer Ereignisse auch ist, durchgesetzt hat sich diese Darstellungsform erst im Lauf des achtzehnten Jahrhunderts. Deshalb können Anthony Grafton und Daniel Rosenberg ihren Parcours durch die westliche Geschichte graphisch aufbereiteter Chronologien - der "Zeitkarten" als Pendant zu den Landkarten - über eine weite Strecke als Vorgeschichte der geläufigen linearen Darstellung präsentieren. Denn bevor die eine gerade Linie das Feld zu beherrschen begann, waren viele verschiedene Linien, Kurven, Bilder und Diagramme im Spiel, mit denen geordnet wurde, was an Ereignissen und Daten erinnert werden sollte. Und selbst im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert gab es durchaus noch chronologische Karten, die aus dem linearen Schema mit Verve ausscherten.
Auch der historische Parcours, den die beiden Historiker aus Princeton und Oregon entlang einer Fülle von exzellenten Abbildungen präsentieren, läuft nicht auf eine einfache geradlinige Entwicklung hinaus. Am Anfang stehen zwar erwartungsgemäß die Listen, die dann immerhin recht schnell, nämlich bei einem christlichen Gelehrten des vierten Jahrhunderts, zu einer bis hinauf in die frühe Neuzeit zu verfolgenden tabellarischen Form führen.
Aber auf die konkreten Weiterentwicklungen und Rückgriffe kommt es an und natürlich auch auf die reicher werdenden Daten aus verschiedenen Quellen, die abzustimmen und anzuordnen sind. Man staunt über die Ideen und Kniffe, welche die Kartenmacher fanden, und lernt aus den schnörkellosen Erklärungen der beiden Autoren fast im Vorbeigehen viel über die darin zur Anschaulichkeit gebrachten Vorstellungen von geschichtlichen Mustern und Verläufen, auch über die Probleme der Chronologie, die über viele Jahrhunderte sehr viel mehr war als bloße Propädeutik zur eigentlichen Geschichte.
Das Problem des Anfangs, die Datierung der Schöpfung, blieb lange ein Thema, die Aussicht auf das apokalyptische Ende beschäftigte noch amerikanische Millenaristen des neunzehnten Jahrhunderts auf graphisch eindrucksvolle Weise. Sie setzen eine weit zurückreichende Tradition fort, in der diagrammatische Ordnungen sich mit Bildern und Symbolen verknüpften. Sogar die kreisförmige Darstellung wurde wiederaufgenommen, in der dann der Anfang der Zeiten neben dem anvisierten Weltende zu stehen kam, wie auf der oben abgebildeten Karte.
Von den ungewöhnlichen Erfindungen und Revivals des neunzehnten Jahrhunderts ist der Weg gar nicht weit zu unorthodoxen Zeitkarten des vorigen Jahrhunderts, ob von Amateuren oder unter dem Vorzeichen der Kunst, mit denen Grafton und Rosenberg ihren Band beschließen. Die Abbildungen müssen ihre Vorlagen zwar meist verkleinert wiedergeben, aber das schlägt nicht zum Nachteil aus, weil die graphischen Konzepte durchaus deutlich werden. Zum Blättern unter den farbigen Bildern ist man zwar sehr gereizt, aber es lohnt sich, hübsch linear beim Text zu bleiben. Zumindest beim ersten Durchgang.
HELMUT MAYER
Daniel Rosenberg und Anthony Grafton: "Die Zeit in Karten". Eine Bilderreise durch die Geschichte.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz. Philipp von Zabern Verlag/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2015. 303 S., Abb., geb., 79,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Anthony Grafton und Daniel Rosenberg führen durch die kurvenreiche Geschichte der Zeitkarten.
Die graphische Form der Zeit ist eine Linie. Die Physik führt es vor mit ihrer Achse für den Parameter t, und für die historische Zeit demonstrieren es die omnipräsenten Zeitleisten. Aber so naheliegend die lineare Zeitachse als Form der chronologischen Präsentation historischer Ereignisse auch ist, durchgesetzt hat sich diese Darstellungsform erst im Lauf des achtzehnten Jahrhunderts. Deshalb können Anthony Grafton und Daniel Rosenberg ihren Parcours durch die westliche Geschichte graphisch aufbereiteter Chronologien - der "Zeitkarten" als Pendant zu den Landkarten - über eine weite Strecke als Vorgeschichte der geläufigen linearen Darstellung präsentieren. Denn bevor die eine gerade Linie das Feld zu beherrschen begann, waren viele verschiedene Linien, Kurven, Bilder und Diagramme im Spiel, mit denen geordnet wurde, was an Ereignissen und Daten erinnert werden sollte. Und selbst im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert gab es durchaus noch chronologische Karten, die aus dem linearen Schema mit Verve ausscherten.
Auch der historische Parcours, den die beiden Historiker aus Princeton und Oregon entlang einer Fülle von exzellenten Abbildungen präsentieren, läuft nicht auf eine einfache geradlinige Entwicklung hinaus. Am Anfang stehen zwar erwartungsgemäß die Listen, die dann immerhin recht schnell, nämlich bei einem christlichen Gelehrten des vierten Jahrhunderts, zu einer bis hinauf in die frühe Neuzeit zu verfolgenden tabellarischen Form führen.
Aber auf die konkreten Weiterentwicklungen und Rückgriffe kommt es an und natürlich auch auf die reicher werdenden Daten aus verschiedenen Quellen, die abzustimmen und anzuordnen sind. Man staunt über die Ideen und Kniffe, welche die Kartenmacher fanden, und lernt aus den schnörkellosen Erklärungen der beiden Autoren fast im Vorbeigehen viel über die darin zur Anschaulichkeit gebrachten Vorstellungen von geschichtlichen Mustern und Verläufen, auch über die Probleme der Chronologie, die über viele Jahrhunderte sehr viel mehr war als bloße Propädeutik zur eigentlichen Geschichte.
Das Problem des Anfangs, die Datierung der Schöpfung, blieb lange ein Thema, die Aussicht auf das apokalyptische Ende beschäftigte noch amerikanische Millenaristen des neunzehnten Jahrhunderts auf graphisch eindrucksvolle Weise. Sie setzen eine weit zurückreichende Tradition fort, in der diagrammatische Ordnungen sich mit Bildern und Symbolen verknüpften. Sogar die kreisförmige Darstellung wurde wiederaufgenommen, in der dann der Anfang der Zeiten neben dem anvisierten Weltende zu stehen kam, wie auf der oben abgebildeten Karte.
Von den ungewöhnlichen Erfindungen und Revivals des neunzehnten Jahrhunderts ist der Weg gar nicht weit zu unorthodoxen Zeitkarten des vorigen Jahrhunderts, ob von Amateuren oder unter dem Vorzeichen der Kunst, mit denen Grafton und Rosenberg ihren Band beschließen. Die Abbildungen müssen ihre Vorlagen zwar meist verkleinert wiedergeben, aber das schlägt nicht zum Nachteil aus, weil die graphischen Konzepte durchaus deutlich werden. Zum Blättern unter den farbigen Bildern ist man zwar sehr gereizt, aber es lohnt sich, hübsch linear beim Text zu bleiben. Zumindest beim ersten Durchgang.
HELMUT MAYER
Daniel Rosenberg und Anthony Grafton: "Die Zeit in Karten". Eine Bilderreise durch die Geschichte.
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz. Philipp von Zabern Verlag/Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2015. 303 S., Abb., geb., 79,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Schön linear zu schauen, empfiehlt Helmut Mayer der Leserin von Anthony Graftons und Daniel Rosenbergs Parcours durch die westliche Geschichte der grafisch gestützten Chronologien, auch wenn im Band wesentlich die Vorgeschichte der linearen Darstellung in den Blick kommt, wie der Rezensent einräumt. Was die beiden Historiker anzubieten haben, exzellente Abbildungen, Listen und Tabellen, zeigt Mayer, wie einfallsreich die Kartenmacher vorgingen. Den klaren Erläuterungen der Autoren entnimmt er zudem viel über die jeweiligen Vorstellungen von geschichtlichen Mustern hinter den bildlichen Ordnungen. Kreise, Bilder und Symbole und manch unorthodoxe Zeitkarte machen dem Rezensenten große Freude, noch in der verkleinerten Darstellung.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein geniales Buch über 'Die Zeit in Karten'." Bayerische Staatszeitung
"Wundervoll sind die Bilder." Deutschlandfunk
"Das Buch bietet eine wundervolle Geschichte der chronologischen Darstellung und damit ein Thema, das eigentlich nur ein kleiner Bestandteil anderer Bücher ist. Hier bekommt die Thematik die ihr zustehende Aufmerksamkeit." Amerindian Research
"Zum Blättern unter den farbigen Bildern ist man zwar sehr gereizt, aber es lohnt sich, hübsch linear beim Text zu bleiben. Zumindest beim ersten Durchgang." Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Rosenberg und Grafton entfalten in diesem Band mit annähernd 300 herausragend fotografierten und reproduzierten Darstellungen nicht nur ein eindrucksvolles Panorama vergangener Visualisierung von Informationen, sondern bereichern diese mit souveränen Erläuterungen und überraschenden Querverbindungen. Ein Prachtband und ein wirklich großartiges Buch!" Damals
"Es ist schön! Aber es ist durchaus mehr: Es ist informativ, bietet bisweilen nicht nur erste Überblicke, sondern sogar Forschungsaspekte; es macht Entwicklungslinien von der Antike über das Mittelalter bis in die Moderne - im wahrsten Sinn des Wortes - sichtbar." Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur (ZfDA)
"Ein Lesevergnügen auf allerhöchstem Niveau!" Sonntagsblatt
"Wundervoll sind die Bilder." Deutschlandfunk
"Das Buch bietet eine wundervolle Geschichte der chronologischen Darstellung und damit ein Thema, das eigentlich nur ein kleiner Bestandteil anderer Bücher ist. Hier bekommt die Thematik die ihr zustehende Aufmerksamkeit." Amerindian Research
"Zum Blättern unter den farbigen Bildern ist man zwar sehr gereizt, aber es lohnt sich, hübsch linear beim Text zu bleiben. Zumindest beim ersten Durchgang." Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Rosenberg und Grafton entfalten in diesem Band mit annähernd 300 herausragend fotografierten und reproduzierten Darstellungen nicht nur ein eindrucksvolles Panorama vergangener Visualisierung von Informationen, sondern bereichern diese mit souveränen Erläuterungen und überraschenden Querverbindungen. Ein Prachtband und ein wirklich großartiges Buch!" Damals
"Es ist schön! Aber es ist durchaus mehr: Es ist informativ, bietet bisweilen nicht nur erste Überblicke, sondern sogar Forschungsaspekte; es macht Entwicklungslinien von der Antike über das Mittelalter bis in die Moderne - im wahrsten Sinn des Wortes - sichtbar." Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur (ZfDA)
"Ein Lesevergnügen auf allerhöchstem Niveau!" Sonntagsblatt