Zum 80. Geburtstag des früh verstorbenen, russischen Filmemachers Andrej Tarkovskij (1932-1986), enigmatische Kultfigur der Cineasten in aller Welt, präsentiert Geoff Dyer seinen neusten Überraschungscoup: ein Buch über Tarkovskijs düster-melancholischen Science-Fiction- Klassiker Stalker - so spannend wie ein Thriller und so unterhaltsam geschrieben, dass es selbst das Zeug zum Kultbuch hat, nicht nur bei hartgesottenen Arthouse- Aficionados, sondern auch bei "ganz normalen" Kinofans. Bei einer kürzlichen Umfrage unter FBI-Mitarbeitern nach dem Lieblingsfilm kam Stalker, nach Blade Runner, auf Platz zwei. Der Film wurde zur Vorlage für ein populäres Computerspiel, Björk hat Stalker einen Song gewidmet, Cate Blanchett gestand, "jedes einzelne Bild des Films hat sich mir in die Netzhaut gebrannt". Tarkovskijs Meisterwerk von 1979, nach dem Roman Picknick am Wegesrand von Arkadi und Boris Strugazki, steht wie ein Monolith in der Landschaft des Science-Fiction-Genres und gilt bis heute als einer der besten Filme aller Zeiten. Dabei ist der Plot ganz simpel: Ein Führer, oder Stalker, bringt zwei Besucher, den Schriftsteller und den Professor, heimlich in ein verbotenes Sperrgebiet, die sogenannte Zone. Dort soll sich ein Zimmer befinden, in dem die innigsten Wünsche derer, die es betreten, in Erfüllung gehen. Der Weg zu diesem Zimmer ist voll unbekannter Gefahren, die Rückkehr nicht gesichert. Tarkovskij erzählt die Geschichte - und das macht Stalker zu einem so außergewöhnlichen Meisterwerk des Science-Fiction- Genres - ganz ohne Spezialeffekte, in ruhigen Einstellungen, minutenlangen Kamerafahrten und Schwenks im Zeitlupentempo. Spannung und Gefährlichkeit entstehen allein durch die ungeheure Suggestivkraft der Bilder und der Erzählweise. Geoff Dyer führt uns in Die Zone Szene für Szene durch die mystisch-metaphysische Welt von Stalker. In brillanten Worten und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen beschreibt er, was er sieht, was ihn fasziniert, befremdet,nervt, amüsiert. Gleichzeitig nimmt er, und das ist vielleicht das größte Verdienst dieses faszinierenden Buchs, dem Leser die Scheu vor einem zwar mythisch verehrten, aber als beinharter Arthouse-Stoff berüchtigten Meisterwerk. Als exzellenter Kenner der Kino- und Kulturgeschichte zieht er verblüffende, gleichermaßen luzide wie vergnügliche Querverbindungen zu anderen Filmen und Bereichen des modernen Lebens, in denen wir uns heimischer fühlen: TV-Soaps, Rockmusik, Kunstausstellungen, Restaurantbesuche, Diätprobleme, Yogatraining, Politik und Zeitgeschehen.
Die Zone. Ein Buch über einen Film über eine Reise zu einem Zimmer ist damit weit mehr als ein Buch über Tarkovskijs Stalker - es ist auch eine Expedition in den Kosmos Kino, eine Schule des Filmsehens und praktische Lebenshilfe für intelligentes Vergnügen an "schwieriger Kunst".
Die Zone. Ein Buch über einen Film über eine Reise zu einem Zimmer ist damit weit mehr als ein Buch über Tarkovskijs Stalker - es ist auch eine Expedition in den Kosmos Kino, eine Schule des Filmsehens und praktische Lebenshilfe für intelligentes Vergnügen an "schwieriger Kunst".
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
"Stalker" verstehen und schätzen lernen - wie das unterhaltsam geht, verrät Marius Nobach: mit Geoff Dyers sehr eigenem Versuch einer Annäherung an Andrej Tarkowskis Film nämlich. Was Scharen von Filmwissenschaftlern und Philosophen nicht gelungen ist, lobt Nobach, dieser Autor schafft's. Überzeugt hat Nobach der Essay durch einen zwar konventionell anmutenden detaillierten, chronologischen Durchgang, der ihm jedoch das breite Wissen und die erstaunliche Assoziationsfähigkeit des Autors eröffnet. Laut Nobach führt das zu geistvollen, aber auch prosaischen, äußerst witzigen Momenten. So, wenn der Autor seine Lust auf ein Bier in die Deutung mit einfließen lässt. Mit Geringschätzung hat das für Nobach allerdings nichts zu tun. Für ihn besteht kein Zweifel daran, dass der Autor den Film für das Größte hält, was die Filmkunst zu bieten hat. Spätestens nach dieser Lektüre glaubt der Rezensent das auch.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH