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Ein schönes, poetisches und auch humorvolles Buch über die tiefe - gebrochene - Liebe zum Leben.
»Der Tod spielte mit mir. Ich wusste ihn an meinen Fersen, wusste ihn immer in der Nähe, selbst dann, wenn er sich keine große Mühe gab.«
Marianne, Kunsthistorikerin, noch keine vierzig, leidet an einer Nierenfehlfunktion. Trotz zunehmender Beschwernisse geht sie ihrer Arbeit nach, hat Liebschaften, geht auf Feste, lernt Beppe kennen, der hartnäckig und unbeholfen um sie wirbt. Er gewinnt ihre Liebe, weil er so gut zuhört. Und sie erzählt. Sie redet gegen den Tod an, der sie gerade so lange…mehr

Produktbeschreibung
Ein schönes, poetisches und auch humorvolles Buch über die tiefe - gebrochene - Liebe zum Leben.

»Der Tod spielte mit mir. Ich wusste ihn an meinen Fersen, wusste ihn immer in der Nähe, selbst dann, wenn er sich keine große Mühe gab.«

Marianne, Kunsthistorikerin, noch keine vierzig, leidet an einer Nierenfehlfunktion. Trotz zunehmender Beschwernisse geht sie ihrer Arbeit nach, hat Liebschaften, geht auf Feste, lernt Beppe kennen, der hartnäckig und unbeholfen um sie wirbt. Er gewinnt ihre Liebe, weil er so gut zuhört. Und sie erzählt. Sie redet gegen den Tod an, der sie gerade so lange noch zu verschonen scheint, wie sie nicht schweigt. Sie erzählt - immer wieder unterbrochen von Fantasien über ihr eigenes Begräbnis - vom Beginn ihrer Krankheit, von Paul, dem in Rom arbeitenden Lebensgefährten, von Leo, ihrem Freund aus gesunden Tagen, von Erna, ihrer geschwätzigen Freundin, von sich selbst. Eine genaue Beobachterin des Lebens, findet sie Bilder und Metaphern, die ihre komprimierte Wahrnehmung widerspiegeln.
Autorenporträt
Sabine Gruber, 1963 in Meran geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Politikwissenschaft. Von 1988 bis 1992 arbeitete sie als Universitätslektorin in Venedig. Sie lebt heute in Wien und ist Autorin meherer Romane, Erzählungen, Hörspiele, Theaterstücke und eines Lyrikbandes. Sabine Gruber wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2003

Staudämme der inneren Flut
Intensive Stationen: Sabine Grubers Krankenhaus-Roman

Die erste Funktion aller Literatur ist eine so einfache wie unerhörte: der Aufschub des Todes. Der Tod ist das Andere der Literatur, gegen das sie sich aufrichtet. Mitunter auch ist die Auflehnung unbeherrscht, prometheisch, wie im Falle jenes Ackermanns des Johannes von Tepl, der den verblüfften Tod vor den Gerichtshof des Schmerzes zerrt. Erzählt wird dabei gegen die Zeit, eine einzige Retardation, nicht nur in "Tausendundeiner Nacht"; Protokolle und peinlich genaue Beweisaufnahmen hält man dem Zerfall entgegen, so in den späten Werken Hervé Guiberts. Zuletzt läuft es immer auf den Kompromiß hinaus, mit dem auch der Ackermann sich abzufinden hat: "Darvmb, klager, habe ere! Tot, habe sige!" - dem Tod das letzte Wort, dem Menschen die Würde.

Wer sich als Romancier in diese Linie stellt, hat mit dem wuchtigen Erbe der Tradition zu hantieren und den Weg vom ersten Ursprung bis zur letzten Grenze aller Literatur zurückzulegen. Allzu leicht verläuft man sich da. Der österreichischen Autorin Sabine Gruber allerdings ist in ihrem neuen Roman "Die Zumutung" dieser Durchgang ohne Abstriche gelungen. Schon der kindlich unprätentiöse Eingang reicht trotz seiner Verspieltheit in eine existentielle Tiefe hinunter: "Man muß den Tod in ein Gespräch verwickeln, ihn ablenken. Er arbeitet weniger schnell, wenn man mit ihm spricht. Es müssen nicht Worte sein, er liebt auch Bilder von Schiffen, Delphinen und Seepferdchen."

Diese Bilder hält die Erzählerin dem Tod und uns, seinen Stellvertretern, entgegen: Das Schiff, Pieter Brueghels Landschaft mit dem Sturz des Ikarus entnommen, segelt als eine Art Leitmetapher durch die Szenerie, läßt zuletzt gar ein Rettungsboot herunter, die Delphine ziehen eher beiläufig vorüber, auf Kinderzeichnungen an der Wand eines Photographen, und die Seepferdchen entstammen einer Postkarte, die das gefürchtete Untersuchungszimmer freundlicher macht. Hiermit ist schon die erzählerische Tendenz bezeichnet: Beiläufig wird das Beiläufige zum Zentralbereich, bekommt eine ganz eigene Dignität, hält es doch mit seinem Detailreichtum viel erfolgreicher als das gemeinhin Wichtige jenen Schluß auf, über den es im Buch keine Illusion gibt.

Grubers Roman ist so eine unablässig neu ansetzende Erzählung gegen das Unaufhaltsame. Vielmals setzt sich Marianne, die nierenkranke Heldin des Romans, auf und beginnt eine weitere Geschichte. Noch auf den letzten Seiten, kurz vor der entscheidenden Operation, nach der sie auf die Dialysemaschine angewiesen sein wird, heißt es: Ich "fand Schlaf und schwieg, schlief doch nicht und erzählte".

In diesen Erzählungen wird der Tod ausgetrickst, bereits im ersten Kapitel hat er sein Pulver verschossen. Detailgenau imaginiert die Heldin die eigene Beerdigung, verschleift diesen letzten Weg jedoch so kunstvoll mit dem Leben, daß das Jenseits hier kein leichtes Spiel hat. Diese einleitende Trauerzeremonie, in der die Figuren und Namen wild durcheinandergehen, fungiert als Exposé zum folgenden Geschehen, eine unausgesprochene Abmachung: So lange, bis dies erklärt ist, währt Mariannes Frist, bevor die nierenersetzende Maschine ihren Körper, ihr Leben und ihre Geschichte übernimmt. Nach und nach treten darauf die Zeugen vor, in das Leben der Hauptfigur: Beppe, der neue Liebhaber, Paul, der wortgewandte, jedoch in Rom forschende Lebensgefährte, Leo, ihr Freund aus gesunden Tagen, Erna, die geschwätzige Freundin, Michael, die letzte Person, die sie heil antrifft. Holztaler heißt der Chronist im Hintergrund, ein Schriftsteller, der das Leben anzapft, wo immer diese Quelle zu sprudeln verspricht. Soviel wie möglich möchte Marianne vor ihm geheimhalten und läßt doch auf dem Tiefpunkt nach ihm rufen.

Die Komposition des Romans ist genau durchdacht, regelmäßig springt die Erzählerin in die logisch unerreichbare Rahmenhandlung der eigenen Beerdigung zurück, ebenso regelmäßig gibt das lyrische Ich seine Wasserstandsmeldungen ab: Beklemmend real geht es um die Liquidierung des Körpers. Andererseits trinkt die Heldin auf den zweihundert Seiten einen ganzen Stausee leer, interagiert mit der Welt vor allem als kommunizierende Röhre: "Mich dürstet schon bei dem Gedanken, daß ich Durst haben könnte." Als Kunsthistorikerin verlängert Marianne diese ansteigende innere Flut ins Intellektuelle, findet mit dem ins Meer gestürzten Ikarus einen Bruder in Seenot. Noch einmal vor dem Zusammenbruch fordert Marianne das ganze Leben, gibt sich nicht mit gutgemeinten Beruhigungen zufrieden. Ihr Schicksal führt dabei weder zu Fatalismus noch zur reinen Bilanzierung, im Gegenteil, nichts anderes als eine ungemeine Konzentration des Lebens ist die Folge.

Vieles erhält eine andere Dringlichkeit, wenn Dauer als Perspektive ausscheidet: Das Bedürfnis nach Zärtlichkeit beispielsweise überwiegt die Treue. Das Leid Mariannes unterhält seine untergründigen Verbindungen zur Leidenschaft, die Sterilität des Hospitals liegt weit jenseits davon. Was Marianne eigentlich fürchtet, ist weniger der schneller als gewöhnlich herbeieilende Tod als die Tristesse einer Krankenhausexistenz: dem unerbittlichen Takt der Maschine folgen, alle Freiheit aufgeben zu müssen. Doch am Ende hat das Leben mit diesem Roman noch einmal einen Etappensieg errungen.

OLIVER JUNGEN

Sabine Gruber: "Die Zumutung". Roman. C. H. Beck Verlag, München 2003. 221 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Auch wenn es hier um Tod geht, um chronische Krankheit und das Warten aufs Sterben, kann von einer "larmoyanten" oder "sentimentalen" Zumutung nicht die Rede sein, lobt Rezensent Paul Jandl. Dafür sei Sabine Grubers Umgang mit der Sprache viel zu genau, viel zu durchdacht. Ihre Geschichte um das Ende der nierenkranken Kunsthistorikerin Marianne schreibe Gruber mit komponierter "Lakonie", die aber die Bilder fließen lasse, in einem "unausweichlichen" Fluss. Tatsächlich sei hier alles von der "existentiellen Metapher des Wassers" durchdrungen, und das mache Marianne zur Undine: das im Körper gestaute Wasser, die Wasserläufe der besuchten Städte, der Durst und die haltlos vergehende Zeit. Die aufkommende "Verzweiflung", so Jandl, rächt sich mit Witz "am Pathos des Todes" und skizziert nebenbei "das soziale Milieu oberflächlicher Tiefsinnigkeit".

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