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Ihr Reservoir ist leer, sie verspürt keine echten Gefühle mehr. Das schwächt sie, mit tödlichem Risiko: Verena, dreißig und erkaltet, ist immer auf der Suche nach den Emotionen. Also bedient sie sich bei anderen Menschen, dringt in deren Gefühlswelt ein und eignet sich diese an. Bis sie auf den karrierebewußten Roland trifft: immer korrekt gekleidet, ein glatter Typ, ein ebenbürtiger Gegner. Jeder fühlt sich vom Geheimnis des anderen magisch angezogen, und ein Spiel von Liebe und Distanz, Gefühl und Kontrolle beginnt.

Produktbeschreibung
Ihr Reservoir ist leer, sie verspürt keine echten Gefühle mehr. Das schwächt sie, mit tödlichem Risiko: Verena, dreißig und erkaltet, ist immer auf der Suche nach den Emotionen. Also bedient sie sich bei anderen Menschen, dringt in deren Gefühlswelt ein und eignet sich diese an. Bis sie auf den karrierebewußten Roland trifft: immer korrekt gekleidet, ein glatter Typ, ein ebenbürtiger Gegner. Jeder fühlt sich vom Geheimnis des anderen magisch angezogen, und ein Spiel von Liebe und Distanz, Gefühl und Kontrolle beginnt.
Autorenporträt
Sonja Rudorf, geboren 1966 in Frankfurt, studierte Germanistik. 1997 erhielt sie das Werkstattstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2000

Fremdleben
Sonja Rudorfs Erstling
„Wenn der Funke sprüht, / Wenn die Asche glüht, / Eilen wir den alten Göttern zu. ” Erst auf dem Scheiterhaufen lässt Goethe seine durch die Anmaßungen des christlichen Entsagungsgebots zur Untoten gewordene „Braut von Corinth” und ihren Geliebten sich vereinigen. Erst vor dem PC, als sie die von ihm über sie heimlich angelegte Datei öffnet, kommen auch Verena und Roland zum Happy end. Verena, 30, arbeitet in einer Therapeutenpraxis. In ihrer Freizeit arbeitet sie daran, fremde Männer und Frauen emotional und sexuell zu erregen, um sich die Gefühle der anderen vampirisch anzueignen. Verena ist empfindungsgestört, eine Scheintote, in ihrem Bett tummeln sich Kuscheltiere. Roland, Ende 20, ist der karrierebewusste Anwalt, immer korrekt gekleidet, ein kalter Typ, im Bett manchmal impotent. Beide verschanzen sich hinter asozialem Machtgebaren und leiden doch, ohne es sich zuzugeben, an „Einsamkeit, Verletztheit, Leere”. Sie gehen nicht wie Goethes Braut von Corinth am Konflikt zwischen dem sinnfreudigen heidnischen und dem asketischen christlichen Glauben zu Grunde, ihr Widerspruch ist psychischer Art. „Wie viel Gefühl lasse ich zu, wie viel Kontrolle muss ich behalten?” (Sonja Rudorf).
Auf entlegenen (Verena) und konventionellen (Roland) Umwegen, in einer Sprache, die beide Seelen in der Brust ihrer Helden erschließt – die rationale: „Vor ihr lag materialisiertes Fremdleben”; die gefühlvolle: „Ein Schauer ihren Schoß” –, schickt die 34-jährige Autorin die beiden in die letzte Runde. Darin kommt es zum einfallsreichen und nur gelegentlich auch böse witzig formulierten Machtkampf zwischen Verena und Roland. Er endet damit, dass sie ihre „Verschalung” öffnen.
AGNES HÜFNER
SONJA RUDORF: Die zweite Haut. Rotbuch Verlag, Hamburg 2000. 209 Seiten, 36 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2000

Rauschender Ohrkitzel

Vielleicht liegt's ja am Beruf. Als Sprechstundenhelferin in einer psychotherapeutischen Praxis muss man wohl einen Riss an der Schüssel kriegen. Denn in einer solchen Praxis gibt es nun mal weder Sprechstunde noch was zu helfen. Und dann hat Verena mit Regina und Bea gleich noch zwei Kolleginnen. Da muss jede im Durchschnitt einmal alle drei Stunden "Guten Tag!" und "Auf Wiedersehen!" sagen. Verena erklärt jedenfalls ihrer Kontaktanzeigenbekanntschaft Roland, einem Rechtsanwalt: "Ich will weg von der Leere, ich will ins Leben, wo alles fließt und pulsiert." Dies aber nicht, um daran teilzunehmen, sondern um es in sich aufzunehmen und später im eigenen Bett, umgeben von Kuscheltieren, zu konsumieren, wie Pralinen, die man ja auch nicht gleich im Geschäft wegfuttert. Es muss sich bei dem Aneignungsprozess übrigens um so was wie Osmose handeln. "Sie war es gewohnt, bei Männern über den Sex zu gehen, um ihnen die für sie wichtigen Gefühle abzutrotzen." Bei Roland kann man aber nicht "über den Sex gehen", denn der wurde "von mehreren Freundinnen wegen angeblicher Impotenz verlassen" und sucht nun ein Frauchen nur fürs Geschäftliche, weil er meint, ein solches sei nötig, um dritter Teilhaber der Anwaltskanzlei werden zu können, in der er bislang als Hilfsbremser im Großraumbüro schuftet. Er ist genauso ein öder Idiot wie sie, deshalb kriegen sie sich auch am Schluss, nachdem sie vorher jeweils erfolglos an einem Markus und einer Maischa rumgemacht haben, die zufälliger-, aber für einen Gruselplot wie diesen auch glücklicherweise im selben Studentenwohnheim in Bockenheim leben. Diese völlig hirn- und sinnlose Geschichte wird stilistisch kongenial ausgebreitet: Da "rauschte die Ahnung eines ungeheuren Kitzels in ihren Ohren", da "klaffte ihr Körper wie eine weite, offene Wunde im Raum", bisweilen schimmert aber das nasse Gras auch nur grün. "Sonja Rudorf lebt als freie Schriftstellerin in Frankfurt am Main", belehrt der Klappentext. Vielleicht sollte, nein, muss man das tiefer hängen: Das Buch hat siebzehn Kapitel. Die sind korrekt mit "Eins" bis "Siebzehn" überschrieben. Wie wär's mit "freier Kapiteldurchnummeriererin"? Der Wohnort kann bleiben.

BURKHARD SCHERER

Sonja Rudorf: "Die zweite Haut". Roman. Rotbuch Verlag, Hamburg 2000. 209 S., geb., 36,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Wie sich der Stromkreis zwischen den beiden Gefühlsrechnern schließt und etwas Neues generiert, das ist gut ausgetüftelt und spannend zu lesen." (Frankfurter Rundschau)