Der zweite Band dieser "einen Blume, die uns verbindet" ist in erster Linie den Pflegeeltern und ihrer Perspektive gewidmet: "Es sind ganz unterschiedliche Geschichten, die hier erzählt werden: Pflegemütter, Pflegeeltern und Pflegekinder schreiben aus ihren Perspektiven; eine ganze Pflegefamilie
zeigt uns ihren jeweiligen Blick auf die gemeinsame Zeit" (S. 11). Die Geschichten verdeutlichen, wie…mehrDer zweite Band dieser "einen Blume, die uns verbindet" ist in erster Linie den Pflegeeltern und ihrer Perspektive gewidmet: "Es sind ganz unterschiedliche Geschichten, die hier erzählt werden: Pflegemütter, Pflegeeltern und Pflegekinder schreiben aus ihren Perspektiven; eine ganze Pflegefamilie zeigt uns ihren jeweiligen Blick auf die gemeinsame Zeit" (S. 11). Die Geschichten verdeutlichen, wie Beziehungen und Bindungen entstehen, gehalten und erhalten werden und sich, wenn auch nicht in allen Pflegefamilien, zu tragbaren Netzen für das Leben entwickeln.
Die Geschichten der Pflegeeltern zeigen, welche Lebensverantwortung Pflegeeltern für ihre Pflegekinder übernehmen und wie achtsam sie sich die ihnen anvertrauten jungen Menschen herantasten., insbesondere, wenn diese durch frühere Erfahrungen in ihren Herkunftsfamilien traumarisiert wurden.
Die Schilderungen der Geschichten zeigen, wie Pflegeeltern im Alltag mit den vielfältigen Symptomen, der ganzen Bandbreite menschlicher Gefühle, die als Ausdruck seelischer Verletzungen im Kindesalter verstanden werden können, angerührt, gefordert und teilweise überfordert werden, und reflektierend lernen, diese Kinder behutsam und achtsam begleitend ins Leben zu führen und mit ihnen zu leben. In den Geschichten der Pflegeeltern und der Pflegekinder zeigt sich, wie Menschen lernen, sich aufeinander einlassen, einander im Alltag umfassend wahrzunehmen und zu begreifen und miteinander zu leben. Das Zentrum der Perspektiven ist das gemeinsame Leben miteinander, diese eine Blume, die uns verbindet.
Die Pflegeeltern schildern mit anerkennenswerter Ehrlichkeit Momente der Trauer und des Schmerzes, wenn die Beziehungen zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern auseinander brechen, und notwendige Entwicklungsprozesse erst getrennt voneinander durchlebt werden.
Die Beziehungserfahrungen zwischen den natürlichen Kindern und den Pflegekindern der (Pflege)Familie führen zu einer wachsenden Vertrautheit und emotionalen Akzeptanz: die anfangs einander fremden jungen Menschen werden durch die gemeinsamen Erfahrungen zu Geschwistern. Alex (S.99) beschriebt das so: "Um endlich zur Kernfrage zu kommen, wie es war, mit einer Pflegeschwester aufzuwachsen: Ich bin nicht mit einer Pflegeschwester aufgewachsen. Ich bin mit einer Schwester aufgewachsen…"
Pflegekinder haben ihre eigenen leiblichen Geschwister, die eventuell noch in ihren Herkunftsfamilien leben oder auch, getrennt voneinander, in verschiedenen Pflegefamilien aufwachsen. So können über die leiblichen Geschwister er Pflegekinder Bindeglieder (Kontaktbrücken) zu anderen Pflegefamilien sein,
Pflegeeltern nehmen Kinder aus verschiedenen Herkunftsfamilien auf. Dies bedeutet, sich zeitgleich oder zeitlich verschoben, auf unterschiedlichste Persönlichkeiten und ihre jeweilige Dynamik, die diese aus ihren jeweiligen Herkunftsfamilien mitbringen, einzulassen. Veranschaulicht wird dies in dem reflektierenden Erfahrungsbericht der Pflegeeltern Conny und Willi (S. 122 - 138), die über einen Zeitraum von 22 Jahren Pflegeeltern waren. Sie nehmen Stellung zu Punkten wie: Kindeswahl - Kindeswohl, Elternwahl-Elternwohl; leibliche Eltern/ Geschwister, biographische Annäherung, die Bedeutung von diagnostischer Einschätzung durch Fachleute sowie Begleitung durch Löwenzahn.
Die Geschichten lösen in mir Respekt aus für Familien, in der die Eltern und die leiblichen Kinder bereit sind, sich für andere Menschen zu öffnen. Pflegefamilien haben mit der Annahme eines Pflegekindes nicht nur neue Kinder und Geschwister. Das gesamte Beziehungsnetz verändert sich. Die leiblichen Kinder erleben ihre Eltern in persönlichen und -in Erziehungsstellen - hautnah in professionellen Beziehungskontext.
Die Erfahrungsberichte werden ergänzt durch einen fachlich reflektierenden Epilog.
Auch dieses Buch ist, wie der erste Band der Reihe RückBlickPunkte, ansprechend gestaltet. Das Buch weist wieder den gleichen gelben Umschlag wie der erste Band auf. Die Schrift ist angenehm groß, der Text wird aufgelockert durch durchweg schöne Fotos und mehrfach die Pusteblume.