Diese Seelen erzählt Geschichten aus der neoliberalen Wirklichkeit. Der realitätsferne Soziologe Robert rutscht in die Arbeitslosigkeit. Seine Ex-Freundin, die TV-Journalistin Tess, scheitert an ihrer Skrupellosigkeit. Jürgen, ein Junge aus dem Kölner Kleinbürgertum, träumt von der großen Karriere als Tänzer in der Show von Tess, versagt aber auf ganzer Linie. Seine Schwester Mika, Arbeitsvermittlerin, sucht ordentliche Verhältnisse und stürzt in die Katastrophe.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2009Vereint und abgehört
Der rheinische Untergrund-Literat Enno Stahl verflicht in seinem neuen Roman "Diese Seelen" im Köln der Jahre 1987 bis 2002 vier Lebensläufe. Seine Helden sind: ein arroganter Soziologe, der in Arbeitslosigkeit und Psychopathie abgleitet, eine gewissenlose Fernsehmoderatorin, ein aufstrebender Prolet, der auf ihre Besetzungscouch darf, und eine dröge, aber idealistische Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt, die unglücklicherweise den psychopathischen Akademiker betreut. Enno Stahls soziologisch angehauchter Realismus erinnert entfernt an den frühen Houellebecq, unter Abzug von dessen intellektuellem Zynismus. Das Autorenherz, das hier Popkulturdiskurs mit Montagsdemo-Feeling vereint, schlägt vielmehr auf dem politisch-korrekten Fleck. Stahls kritisches Gesellschaftspanorama reicht historisch von Atari-Spielen über Techno, Big Brother bis zu Hartz IV. Diesen Zeitgeist-Begriffen haucht er unterhaltsames Leben ein. Seine schnörkellose Prosa ist sensibel Milieuslangs abgelauscht, die Dramaturgie stimmig, sozusagen kinotauglich. Und auch wenn die Seelenanalyse soziologisch, psychologisch und ästhetisch keine maximierten Gewinne einfährt, so liest sich doch zum Beispiel der Werdegang von Prolet Jürgen zwischen Fußball, Frauen, Kleinkriminalität und Berufsschule, der nach einem Porno-Intermezzo in Solidität mündet, mit Rührung. (Enno Stahl: "Diese Seelen". Roman. Verbrecher Verlag, Berlin 2008. 272 S., geb., 22,90 [Euro].) fxk
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Der rheinische Untergrund-Literat Enno Stahl verflicht in seinem neuen Roman "Diese Seelen" im Köln der Jahre 1987 bis 2002 vier Lebensläufe. Seine Helden sind: ein arroganter Soziologe, der in Arbeitslosigkeit und Psychopathie abgleitet, eine gewissenlose Fernsehmoderatorin, ein aufstrebender Prolet, der auf ihre Besetzungscouch darf, und eine dröge, aber idealistische Sachbearbeiterin vom Arbeitsamt, die unglücklicherweise den psychopathischen Akademiker betreut. Enno Stahls soziologisch angehauchter Realismus erinnert entfernt an den frühen Houellebecq, unter Abzug von dessen intellektuellem Zynismus. Das Autorenherz, das hier Popkulturdiskurs mit Montagsdemo-Feeling vereint, schlägt vielmehr auf dem politisch-korrekten Fleck. Stahls kritisches Gesellschaftspanorama reicht historisch von Atari-Spielen über Techno, Big Brother bis zu Hartz IV. Diesen Zeitgeist-Begriffen haucht er unterhaltsames Leben ein. Seine schnörkellose Prosa ist sensibel Milieuslangs abgelauscht, die Dramaturgie stimmig, sozusagen kinotauglich. Und auch wenn die Seelenanalyse soziologisch, psychologisch und ästhetisch keine maximierten Gewinne einfährt, so liest sich doch zum Beispiel der Werdegang von Prolet Jürgen zwischen Fußball, Frauen, Kleinkriminalität und Berufsschule, der nach einem Porno-Intermezzo in Solidität mündet, mit Rührung. (Enno Stahl: "Diese Seelen". Roman. Verbrecher Verlag, Berlin 2008. 272 S., geb., 22,90 [Euro].) fxk
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