Das Jenseits bezeichnet den Ort außerhalb der Welt, in den man nach dem Tod eintritt. Als gläubiger Christ sagt man auch Himmelreich dazu. Für Shep Knacker ist das Himmelreich der Ort wo er den Rest seines Lebens verbringen will. Er hat sparsam gelebt, seine Firma mit Gewinn verkauft und jahrelang
“Recherchereisen” unternommen um das richtige “Jenseits” zu finden. Mit Pemba, einer Insel vor der…mehrDas Jenseits bezeichnet den Ort außerhalb der Welt, in den man nach dem Tod eintritt. Als gläubiger Christ sagt man auch Himmelreich dazu. Für Shep Knacker ist das Himmelreich der Ort wo er den Rest seines Lebens verbringen will. Er hat sparsam gelebt, seine Firma mit Gewinn verkauft und jahrelang “Recherchereisen” unternommen um das richtige “Jenseits” zu finden. Mit Pemba, einer Insel vor der afrikanischen Küste von Sansibar, scheint er endlich fündig geworden zu sein. Die Tickets sind gebucht, die Koffer gepackt, der Job gekündigt als seine Frau ihn mit einer tragischen Diagnose konfrontiert.
Ich bin durch einen Tipp aus der Süddeutschen Zeitung auf das Buch gestoßen. Auf einer Doppelseite empfahlen SZ Autoren Weihnachtsgeschenke. Der kurz skizzierte Inhalt machte mich neugierig. In “Das Leben das wir haben” geht es um zwei Paare, die auf ganz unterschiedliche Weise mit Krankheit und Tod konfrontiert werden. Dazu kam, dass ich die Autorin bereits von ihrem beeindruckenden Roman “Wir müssen über Kevin reden” kannte.
Shep hat durch den Verkauf seiner Firma ein Vermögenskonto angelegt, dessen Wert sich am Anfang der Geschichte auf knapp 800.000 Dollar beläuft. Der Krankheitsverlauf seiner Frau wird anhand der sinkenden Zahlen auf diesem Konto verdeutlicht. Sheppard ist zwar durch seinen Arbeitgeber, vor dem er zu Kreuze kriecht um seinen Job wieder zu bekommen, krankenversichert. Allerdings ist die Versicherung eine “jener Albträume” bei denen nur die notwendigste Grundversorgung abgedeckt ist und jede Sonderbehandlung zuzahlungspflichtig. In Glynis Fall einer äußerst seltenen und schwer behandelbaren Krebsform, kommt dies dem persönlichen Ruin gleich.
Carol und Jackson, die Freunde von Shep und Glynis, haben ein unheilbar krankes Kind. Ihre Tochter Flicka ist an familiärer Dysautonomie erkrankt. Hauptmerkmale dieser seltenen Gen-Erkrankung sind extreme Blutdruckschwankungen, fehlende Tränenflüssigkeit und die mangelnde Koordination des Verdauungssystems. Dazu kommen das Fehlen von Heiß-, Kalt und Schmerzempfinden, Kleinwuchs, Unterentwicklung und Sprachschwierigkeiten. Die Pflege der Tochter hat Mutter Carol übernommen, die dafür ihren eigentlichen Beruf als Gartenarchitektin aufgegeben hat und für die Computerfirma IBM von zu Hause aus arbeitet. Der Hauptgrund war auch hier die Krankenversicherung.
Obwohl naheliegend zeichnet das Buch anhand der Krankengeschichten kein exemplarisches Bild der Ungerechtigkeit des amerikanischen Gesundheitssystems. Beide Familien können sich die medizinische Versorgung leisten, ohne (zunächst) größere persönliche Einbußen in Kauf nehmen zu müssen. Man möchte sich nicht vorstellen, wie es den beiden Patientinnen ergehen würde, wenn sie nicht durch Eltern oder Ehemann abgesichert wären.
Das Buch ist in jedem Fall nichts für schwache Nerven. Die Drastik mit der Shriver den Verfall von Glynis beschreibt, lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Von Haarausfall bis Appetitlosigkeit und vom körperlichem Verfall bis zum kompletten Aussetzen der Vitalfunktionen. Glynis ist dennoch keine Figur mit der man Mitleid hat. Vielleicht das stärkste Argument für dieses Buch. Die ungeschönte Wirklichkeit einer Sterbenden zu begleiten.
“So much for that” heißt das Buch im Original. Ein passender Titel für ein Werk, dass einen trotz des ernsten und (oft) wenig schönen Inhalts hoffnungsvoll stimmt. “Soviel dazu” ist das unprätentiöse Grundmotto, das sich einem, neben den Figuren, nachhaltig einprägt. Am Ende kommt es nicht darauf an, große Worte zu machen. Es sind die kleinen Gesten die bleiben. Und die darüber entscheiden wie man lebt hat und wie man stirbt. Eindringlicher habe ich das noch nie gelesen.