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In die Zeit des 19. Jahrhunderts und an die Küste ihrer norwegischen Heimat versetzt die Autorin den Leser dieses Romans. Hier, zwischen den Lofoten und Tromsoe, lebt Dina Groenelv als Herrin in dem Handels- und Gästehaus Reisnes. Das Leben dieser starken und ungewöhnlichen Frau wurde durch ein tragisches Kindheitserlebnis bestimmt, bei dem Dina die Mutter verlor. "Es steckt eine gewaltige Kraft in der Erzählung über Dina, eine Energie, die einem leicht den Atem benimmt. Herbjoerg Wassmo wird noch viele Leser ezaubern mit ihrem üppigen und reichen Roman." (Bergens Tidende,…mehr

Produktbeschreibung
In die Zeit des 19. Jahrhunderts und an die Küste ihrer norwegischen Heimat versetzt die Autorin den Leser dieses Romans. Hier, zwischen den Lofoten und Tromsoe, lebt Dina Groenelv als Herrin in dem Handels- und Gästehaus Reisnes. Das Leben dieser starken und ungewöhnlichen Frau wurde durch ein tragisches Kindheitserlebnis bestimmt, bei dem Dina die Mutter verlor. "Es steckt eine gewaltige Kraft in der Erzählung über Dina, eine Energie, die einem leicht den Atem benimmt. Herbjoerg Wassmo wird noch viele Leser ezaubern mit ihrem üppigen und reichen Roman." (Bergens Tidende, Norwegen)
Norwegen im 19. Jahrhundert: Hier, zwischen den Lofoten und Tromso, lebt Dina Gronelv als Herrin in dem Handels- und Gästehaus Reinsnes. Als Kind verschuldete Dina einen Unfall, bei dem ihre Mutter umkam – ein Ereignis, das ihr weiteres Leben überschatten soll. Mit 16 Jahren wird sie mit Jacob, dem Herrn von Reinsnes, verheiratet. Nach seinem Tod übernimmt Dina endgültig die Führung auf Reinsnes und gewinnt, trotz ihres »unweiblichen« Verhaltens allmählich den Respekt ihrer Umgebung. Auch in der Liebe folgt die eigenwillige Dina nur ihren eigenen Gesetzen, gegen alle Vorurteile und Gerüchte.
Autorenporträt
Herbjørg Wassmo, geboren 1942 auf Skogsøya (Vesterålen, Norwegen), war zunächst Lehrerin. 1976 brachte sie ihren ersten Lyrikband heraus, 1981 erschien ihr erster Roman. Sie gab ihren alten Beruf auf, studierte Literaturwissenschaften und widmete sich ganz dem Schreiben. Ihre Werke sind in elf Sprachen übersetzt. Herbjørg Wassmo gilt als angesehenste und meistgelesene Autorin Norwegens.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.1999

Sagahafter Langlauf
Bei apokalyptischer Puste: Herbjorg Wassmos Trilogie-Abschluß

Kaum am Start, erst hundertfünfzig Seiten vorbei, und schon ist Schluß: Diese moderne Kurzstrecke ist nicht Herbjorg Wassmos Disziplin. Wie ihre Vorväter hat die Norwegerin Ausdauer und bewährt sich seit Jahren im literarischen Langlauf. Zuletzt atmete sie tief durch und legte über tausendfünfhundert Seiten zurück, eine sagahafte Distanz. Gestartet ist sie an der nordnorwegischen Schärenküste, im Handelshaus Reinsnes der alles beherrschenden Dina Gronelv, einer nicht nur für das neunzehnte Jahrhundert ungewöhnlichen Frau. Nach einer großen Runde durch Europa und zwei Generationen begegnen wir der Autorin nun auf dem letzten Abschnitt ihrer Trilogie. Dinas Enkelin Karna, die Fallsüchtige mit dem grünen und dem blauen Auge, winkt Herbjorg Wassmo ins Ziel.

Zwischen Tromso und den Lofoten ist es kalt und im Sommer sehr hell. Der Fischfang stagniert, der Familienbesitz beginnt zu verfallen, als Benjamin Gronelv dorthin zurückkehrt, um als Arzt tätig zu werden und seine mutterlose Tochter aufzuziehen. Deren kindliche Perspektive bricht die sonst einfach gehaltene Erzählung immer wieder auf. So phantasiert das Mädchen auf dem Dachboden zwischen alten Koffern und Kleidern die Großmutter herbei. Die ist im fernen Berlin, spielt Cello und lebt mit einem jüngeren Mann zusammen, alles andere als unschuldig, denn sie hat einen früheren Geliebten erschossen und ihren Mann einen Abhang hinabgestürzt. Aus der Bibel, die ihre Enkelin immer bei sich trägt, kennt sie nur das Alte Testament: Leidenschaft, Tod, Vergeltung. Alttestamentarische Zitate waren jedem Kapitel des ersten Bandes der Trilogie vorangestellt. Sätze der Bibel gliedern nun auch das vorliegende Buch.

Das Mädchen wächst mit einem Vater heran, der als Arzt sehr beschäftigt ist. Im Boot ist er tagelang zwischen den Schären unterwegs, aber Karna weiß Zuneigung zu fordern: "Stine hatte Kisten, die draußen auf den Feldern überall herumstanden, auch unten am Strand. In ihnen wohnten die Eiderenten, wenn sie brüteten; aus den Eiern würden dann Küken schlüpfen. Als so viele Tage vergangen waren, daß Karna sie nicht mehr zählen konnte, und Papa immer noch nicht kam, ging sie hinaus zu den Kisten und verscheuchte die Eiderenten. Dann fing sie an, die Eier zu zertrampeln. Nicht nur eines oder zwei. Viele. Aus einigen wurde einfach eine eklige Schmiere. Andere hatten bereits Klauen und Schnabel und bläuliche Haut. Sie untersuchte sie sorgfältig mit einem Stöckchen." Der Vater versteht und nimmt seine Tochter fortan mit zu den Krankenbesuchen. Der Leser versteht: Dies Kind wird geliebt. Das unterscheidet es von seinen Ahnen, denn Großmutter Dina wurde früh verstoßen. Ihrem Sohn war sie keine Mutter, und so kann erst mit Karna die Kette durchbrochen und die Liebesfähigkeit nach Generationen zurückgewonnen werden. Die Autorin greift auf die Psychoanalyse zurück und verbindet sie mit dem christlichen Liebesgebot. "Aber die Liebe ist die Größte unter ihnen" steht auf Karnas Transparent, das sie am Zieleinlauf der Trilogie schwenkt. Mit diesem ebenso wahren wie abgegriffenen Zitat aus dem ersten Korinther-Brief kommt die Autorin im Neuen Testament an.

Auch Dina Gronelv kehrt nach Reinsnes zurück. Ihre Enkelin ist begeistert von der lebendigen Großmutter, der sie die alten Kleider auf dem Speicher zeigt. Als Dina eines dieser Kleider anzieht, verliert das Mädchen den Halt. Krämpfe schütteln ihren Körper, sie schreit, sieht einen Pfahl aus Licht und die Großmutter brennen. Doch die wartet den Anfall ab und kümmert sich um Geschäfte. Innerhalb kürzester Zeit bringt sie die rückständige Region auf die Beine, denn sie wird Teilhaberin einer Werft. Wassmo liefert eine Beschreibung des Strukturwandels im Nordnorwegen des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts, gibt dem historischen Hintergrund aber kein vergleichbares Gewicht wie in ihrer ersten Trilogie, die am Beispiel der jungen Tora, dem unehelichen Kind eines deutschen Besatzungssoldaten, die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Landbevölkerung Nordnorwegens schilderte. Für den dritten Band dieser Arbeit bekam die Autorin damals den Literaturpreis des Nordischen Rates.

So tatkräftig Dina Gronelv die Gegenwart gestaltet und bald den gesamten Küstenort beherrscht, sie muß sich doch der Vergangenheit stellen. Ihr Sohn spricht eines Tages im Kontor ganz unvermittelt von Mord, von der Einsamkeit eines Kindes, von Ehebruch. "Die Wort waren wie ein Rausch oder wie Waffen. Funken sprühten um ihn herum. Endlich! Sie habe ihn einmal gefragt, was Liebe sei, ob sie sich daran erinnere? Liebe? Wer zum Teufel habe jemals die Liebe gesehen? Sie würde erschlagen, sobald sie sich nur auf Reinsens zeigte." Schritt für Schritt kommen die Verfehlungen, Sünden und Lügen einer Familie ans Licht. Das wird von der Theologin Wassmo ebenso begrüßt wie von der Psychologin. "Die Worte, die wir nicht sagen, die werden ein Fluch", weiß Karna. "Es ist nichts verborgen, das nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird", sagt der Evangelist Matthäus.

Das Reden und Bekennen hilft sündigen wie traumatisierten Seelen, aber Dina hilft es nicht. Denn sie wird dem alttestamentarischen Gesetz unterworfen, nach dem sie einmal angetreten ist, und muß sühnen: "Eine rote Zunge leckte über das Dach des Haupthauses. Leckte und wuchs. Breitete sich aus." Herbjorg Wassmo hat noch immer Luft genug, um kräftig ins apokalyptische Feuer zu blasen: "Gegen Abend standen drei rußgeschwärzte Schornsteine vor einem strahlend blauen Himmel. Aber immer noch brannte es. Ständig fand eine lauernde Feuerzunge noch etwas zum Verzehren. Einen Balken, ein verkohltes Stuhlbein. Etwas Klägliches, was noch nicht ganz vernichtet war." Als Karna das Vermächtnis der Großmutter in der Kirche verliest, bekommt sie keinen Anfall. Ihre Epilepsie muß von nichts Verborgenem mehr sprechen. SANDRA KERSCHBAUMER

Herbjorg Wassmo: "Dinas Vermächtnis". Roman. Aus dem Norwegischen von Holger Wolandt. Luchterhand Verlag, München 1999. 648 S., geb., 49,80 DM.

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