Haben Sie jemals ein Neujahrskonzert im Fernsehen unter der Leitung einer Dirigentin erlebt? Eine Live-Übetragung von einem Musik-Festival mit einer Dirigentin am Pult? Ist das Dirigieren ein "männlicher Beruf?" Seit 150 Jahren jedenfalls sieht es so aus, und in den letzten 25 Jahren sind in Deutschland ganze sieben Chef-Positionen an Frauen vergeben worden. Blankenburg, selbst Dirigentin, ließ sich von diesem Befund nicht entmutigen: In zweijährigen Recherchen hat sie weltweit 500 Dirigentinnen erfaßt. 75 von ihnen stellt sie ausführlich in diesem Buch vor. Mutige, erfolgreiche Künstlerinnen, Frauen aus aller Welt, die sich mit Können, Disziplin, Einsatz und Leidenschaft über Hindernisse und Vorurteile hinweggesetzt haben. Erfolgsgeschichten aus einer Männerdomäne? Vielleicht noch mehr: Auf die Frage, ob er auch einmal Dirigent werden wolle, antwortete der kleine Sohn von Gisèle Ben-Dor: "Nö, das ist was für Mädchen".
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.09.2003Hinweis
DIRIGENTINNEN. Auch ein Beitrag zur Matriarchats-Debatte: Von den 76 Generalmusikdirektoren an deutschen Opernhäusern waren im Vorjahr lediglich zwei weiblich, von den 34 Pultchefs von Symphonieorchestern war gar nur ein einziger eine Frau. Die Dirigentin und Publizistin Elke Mascha Blankenburg stellt fest: Immer noch wird Dirigentinnen das Leben schwergemacht, sie brauchen weit mehr Mut, Können und Energie als ihre männlichen Kollegen, um sich in ihrer Sparte durchzusetzen. Trotzdem wagen Musikerinnen zunehmend diesen steinigen Weg. In zweijährigen Recherchen hat Blankenburg weltweit über fünfhundert Dirigentinnen erfaßt. Fast achtzig von ihnen hat sie in ihrem Buch porträtiert - allesamt Frauen, die sich trotz Hindernissen und Widerständen in der üblichen Kapellmeisterlaufbahn, in kreativen Nischen oder offensiv als Gründerinnen eigener Orchester behaupten. Die materialreichen, durch Diskographien ergänzten Biographien, in denen viele Dirigentinnen selbst zu Wort kommen, können auch Veranstaltern Orientierungshilfe bieten. (Elke Mascha Blankenburg: "Dirigentinnen im 20. Jahrhundert". Porträts von Marin Alsop bis Simone Young. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2003. 308 S., geb., 29,50 [Euro]).
ELLEN KOHLHAAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
DIRIGENTINNEN. Auch ein Beitrag zur Matriarchats-Debatte: Von den 76 Generalmusikdirektoren an deutschen Opernhäusern waren im Vorjahr lediglich zwei weiblich, von den 34 Pultchefs von Symphonieorchestern war gar nur ein einziger eine Frau. Die Dirigentin und Publizistin Elke Mascha Blankenburg stellt fest: Immer noch wird Dirigentinnen das Leben schwergemacht, sie brauchen weit mehr Mut, Können und Energie als ihre männlichen Kollegen, um sich in ihrer Sparte durchzusetzen. Trotzdem wagen Musikerinnen zunehmend diesen steinigen Weg. In zweijährigen Recherchen hat Blankenburg weltweit über fünfhundert Dirigentinnen erfaßt. Fast achtzig von ihnen hat sie in ihrem Buch porträtiert - allesamt Frauen, die sich trotz Hindernissen und Widerständen in der üblichen Kapellmeisterlaufbahn, in kreativen Nischen oder offensiv als Gründerinnen eigener Orchester behaupten. Die materialreichen, durch Diskographien ergänzten Biographien, in denen viele Dirigentinnen selbst zu Wort kommen, können auch Veranstaltern Orientierungshilfe bieten. (Elke Mascha Blankenburg: "Dirigentinnen im 20. Jahrhundert". Porträts von Marin Alsop bis Simone Young. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2003. 308 S., geb., 29,50 [Euro]).
ELLEN KOHLHAAS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Noch immer ist der Dirigentenberuf vor allem eine Domäne von Männern. Umso erfreulicher findet es Rezensent Hans-Klaus Jungheinrich, dass mit Elke Mascha Blankenburgs "Dirigentinnen im 20. Jahrhundert" nun ein Band vorliegt, der rund achtzig internationale Dirigentinnen vorstellt. Einem einführenden Essay, in dem die Autorin, selbst eine aktive Dirigentin, die einschlägigen Berufsprobleme für Dirigentinnen umreißt, folgen längere oder kürzere biografische Darstellungen von Dirigentinnen, wobei internationale Berühmtheiten wie Nadia Boulanger oder Simone Young ebenso vertreten sind wie weniger Bekannte, berichtet Jungheinrich. Dass sich in den Biografien manches, was Blankenburg schon in der Einführung über Zurücksetzungen und Benachteiligungen von Dirigentinnen geschrieben hat, wiederholt, nimmt er der Autorin nicht weiter krumm. Kritischer erachtet er indes die "insgesamt recht flüchtige, bei allem Engagement auch etwas lieblos-summarische Diktion" Blankenburgs sowie eine "ärgerliche Fülle von sachlichen Fehlern", für die er auch das schlechte Lektorat des Buchs verantwortlicht macht. Dadurch ist der prinzipiell wichtige Band zu seinem Bedauern "zum Teil entwertet".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH