Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 39,04 €
  • Broschiertes Buch

Es geht um Technik und Medien, Medien und Wissen, Wissen und Technik - und deren wechselseitigen Zusammenhang, der sich zeigt, wenn man beide Seiten, Diskurs und Medium, als verkörpertes Wissen begreift. Dass digitale Medientechnik die Gegenwart und Zukunft beherrscht, ist unumstritten. Wie aber sieht dadurch die Vergangenheit aus? Diskurs und Medium perspektiviert Computer als Mediengeschichte wie Mediengeschichte von der Geschichte des Computers her. 'In den letzten Jahren haben es einige Bücher über verwandte Themen zu Beststellern gebracht, beispielsweise Gödel, Escher, Bach von Douglas R.…mehr

Produktbeschreibung
Es geht um Technik und Medien, Medien und Wissen, Wissen und Technik - und deren wechselseitigen Zusammenhang, der sich zeigt, wenn man beide Seiten, Diskurs und Medium, als verkörpertes Wissen begreift. Dass digitale Medientechnik die Gegenwart und Zukunft beherrscht, ist unumstritten. Wie aber sieht dadurch die Vergangenheit aus? Diskurs und Medium perspektiviert Computer als Mediengeschichte wie Mediengeschichte von der Geschichte des Computers her. 'In den letzten Jahren haben es einige Bücher über verwandte Themen zu Beststellern gebracht, beispielsweise Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter und Computerdenken von Roger Penrose [.] und so reich an Anregungen wie diese Bücher ist Dotzlers Werk allemal.' Herbert W. Franke in Spektrum der Wissenschaft
Autorenporträt
Bernhard J. Dotzler ist Literatur- und Medienwissenschaftler und derzeit Forschungsdirektor für Literatur- und Wissenschaftsgeschichte am Zentrum für Literaturforschung, Berlin
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2006

Nicht unähnlich
Ohne Frage oder These verleimt Bernhard J. Dotzler Diskurs und Medium in einem Buch für die Gemeinde
Wie der allerletzten Seite seines Buches „Diskurs und Medium” zu entnehmen ist, hat Bernhard J. Dotzler einige seit zwanzig Jahren „vorab veröffentlichte Aufsätze” „als Textbausteine wiederverwendet”. Die Aufsatzsammlung, die Resultat solchen Recyclings ist, würde gerne als Monographie angesehen werden. Doch sie findet weder zu Frage noch These. „Es geht um Technik und Literatur, Literatur und Medien, Medien und Wissen, Wissen und Technik” – je mehr der Autor aufhäuft und mit „und” leimt, desto gründlicher verschwindet etwas wie ein erkennbares Problem.
Was die Kollektion Dotzler und ihre irgendwie digitalen Gegenstände zusammenhält, ist das Wuchern der Analogie. Nichts, was sich nicht unter sie beugen ließe. „Turings Lösung der Frage, ob Maschinen denken können, ist damit der Metaphysikkritik seiner Zeit, wie auch ihrem blöden Aufklärungsoptimismus, sicherlich nicht unähnlich”. Oder: „Tatsächlich weisen Transzendentalphilosophie und Kybernetik manche Parallelen auf”. Und: „Wie generell noch keine hinreichend ausgedehnte Archäologie der Computerwissenschaften geschrieben wurde, so hat man sogar umgekehrt die Möglichkeit einer solchen Archäologie in Abrede gestellt”.
„Es gibt sie nicht; einige halten sie für unmöglich”: Daraus noch spinnt sich Dotzler den Faden des „So – wie”, dessen Netz er die digitalen Netze überziehen lässt. Denn sicherlich ist vieles auf der Welt „nicht unähnlich”, und „manche Parallelen” werden sich schon finden lassen. Solche Evidenzen setzen schließlich nicht mehr voraus, als dass Leser bereits genauso denken. Sie müssen geneigte sein, und der Autor ist ihnen seinerseits geneigt. Ja er drückt sie, wenn es an die edleren Autoren geht, als Kenner ans Herz: „Foucaults diesbezügliche Unterscheidung zielt, wie man weiß, darauf”. Man weiß das, und wer es nicht weiß, verdient nicht, ein Buch zu lesen, das mit bürokratischem Vokabular – „diesbezüglich” – akademische Gemeindearbeit betreibt. Die betreute Gemeinde ist die einer auf Beliebiges anwendbaren und Beliebiges hervorbringenden Medientheorie. „Archäologie” ist in dieser zu einer Masche abgesunken, sich mit historischen Phänomenen zu befassen, ohne das Handwerkszeug des Historikers, den kritischen Umgang mit Quellen etwa, beherrschen zu müssen.
Da sieht man’s wieder
Grundsätzlich findet Dotzler in der Vergangenheit nichts als Belege, die er mit dem Gestus des „Da sieht man’s wieder” vorführt. Zwar kannte E.T.A. Hoffmann noch keine Computer, aber immerhin schon eine „Automate” und letztlich ist doch alles „so – wie”. Und damit, apropos Automat, die umfassende Halbbildung kenntlich sei, auf der solches gedeiht, weiß Dotzler an den griechischen Worten autos und automaton auch gleich hartnäckig Akzent und Aspirat nicht auseinander zu halten.
Mit der Herabsetzung des Besonderen zum Beleg heftet sich an Eigennamen mit Vorliebe der unbestimmte Artikel; „einem Jean Paul, einem E.T.A. Hoffmann” ging es immer nur um das Eine: den Computer anzubahnen. Natürlich ist das nicht ernst gemeint. Wer könnte einen Literaturwissenschaftler auch für so naiv halten? Ob sie stimmen, interessiert an Gedanken wenig bis nicht. „Es muß, mit anderen Worten, hier nicht weiter erörtert werden, als ginge es darum, für oder gegen seine” – eines relevanten Arguments – „Triftigkeit Position zu beziehen. Interessant (im genauesten Wortsinn) ist vielmehr der Effekt der Erörterung”.
Da die Wahrheitsfrage suspendiert ist, tut man gut daran, Dotzlers Einfall, die gesamte europäische Kulturgeschichte der Neuzeit sei eine etwas umständliche Vorbereitung des Computers, als gigantischen Konjunktiv zu lesen. Stilistisch wäre es selbstredend mühselig gewesen, diesen Modus durchzuhalten. Doch gelegentlich macht sich der Autor diese Mühe. „Kant daraufhin zu lesen, hieße, seine Theorie nicht auf ihre ‚philosophische Richtigkeit‘ zu befragen – keine Wiederholung des ‚quid iuris‘ der transzendentalen Deduktion –, sondern ihre Inhalte zu einem Computerprogramm zu verknüpfen”. Und weil es das „hieße”, muss man es nie machen.
Wirkliche Argumente gelten ernsteren Anliegen. Zu Foucault schreibt Dotzler: „Keines seiner Bücher, kaum einer seiner Aufsätze wäre ohne seine methodische Luzidität ein Aufsatz, ein Buch – eine Aussage, ‚énoncé’, im Unterschied zu ‚Proposition‘, ‚Satz‘ und ‚Sprechakt‘ – Foucaults”. Also: Wenn Foucaults Bücher nicht so geschrieben wären, wie sie von ihm geschrieben wurden, dann wären sie nicht von ihm. Beweis: Sie sind von ihm.
ANDREAS DORSCHEL
BERNHARD J. DOTZLER: Diskurs und Medium. Zur Archäologie der Computerkultur. Wilhelm Fink Verlag, München 2006. 233 Seiten, 26,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kein gutes Haar lässt Rezensent Andreas Dorschel an Bernhard J. Dotzlers Buch über die "Archäologie der Computerkultur". Ziemlich unausgegoren scheint ihm das Ganze, zusammengewurstelt, ohne erkennbares Problem, zusammengehalten nur durch den penetranten Einsatz von Analogien. Zwar findet Dorschel darin auch einige originelle Einfälle vor. Etwa, dass die gesamte europäische Kulturgeschichte der Neuzeit eine Art Vorbereitung des Computers sei. Solcherlei steile Thesen zu belegen, interessiert den Autor nach Dorschels Ansicht aber kaum. Er kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Dotzler für eine akademische Gemeinde schreibt, die an eine Medientheorie glaubt, die auf Beliebiges anwendbar ist und Beliebiges hervorbringt.

© Perlentaucher Medien GmbH