NOMINIERT: Deutscher Fotobuchpreis 2012 Die Künstlerin Johanna Diehl, die in Leipzig Fotografie studiert hat, beschäftigt sich in Displace mit den architektonischen Spuren eines andauernden Konfliktes auf der seit gut 35 Jahren geteilten Insel Zypern. In ihren äußerst präzisen Farbfotografien entwickelt die Künstlerin eine Typologie einer sakralen Architektur, die durch den langjährigen Kriegszustand eine dramatische Veränderung durch Leerstand, Umwandlung und Zerstörung erfahren hat. Der Titel Displace, was sowohl „Vertreiben“ als auch „Ersetzen“ bedeutet, verweist auf die in den Fotografien charakteristische Abwesenheit der Menschen, die ihre Heimat und ihre Gebetsstätten - Moscheen im muslimischen Norden sowie christlich-orthodoxe Kirchen im Süden - verlassen mussten. Zugleich beschreibt dieser Begriff aber auch den Vorgang der Umwidmung und des Wiederbeschreibens durch eine andere Volksgruppe, die sich in den verlassenen Dörfern neu angesiedelt hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2011Herbei, o ihr Gläubigen
Mehr als drei Jahrzehnte währt nun schon der türkisch-griechische Konflikt um Zypern. Als Reisender nimmt man ihn vor allem wahr, weil man sich zunächst entscheiden muss, auf welchem Teil der Insel man den Urlaub verbringt. Vielleicht sieht man die Wachtürme und den Stacheldraht, die Zypern durchschneiden. Vielleicht betritt man auf dieser Insel, auf der die Grenze immer wieder verschoben worden ist, aber auch einmal eine Moschee. Die Fotografin und Künstlerin Johanna Diehl ist sowohl im türkischen als auch im griechischen Teil der Insel unterwegs gewesen und hat Moscheen besucht. In Nordzypern sind manche der muslimischen Gotteshäuser früher Kirchen gewesen - dort, wo einstmals eine mit Ikonen verzierte Wand den Raum in ein den Besuchern zugedachtes Kirchenschiff und den heiligen Altarraum aufteilte, sind heute Vorhänge oder die Wand wurde schmucklos als Raumteiler belassen. Moscheen, die Diehl hingegen auf dem Gebiet der griechischen Republik Zypern aufsuchte, sind heute sinnentleerte und oftmals stark beschädigte Bauten. Auf den Bildern der Fotografin sind keine Personen zu sehen. Und dennoch erzählen sie Geschichten: Vom Glauben und Menschen, die in den sakralen Bauten noch heute beten. Aber auch von Verlust und jenen Gläubigen, die der Konflikt aus der Heimat vertrieben hat. Jedem Zypernreisenden ist dieser schöne Bildband deshalb zu empfehlen.
kkr
"Displace" von Johanna Diehl. Fotohof Verlag, Salzburg 2011. Gebunden, zahlreiche Fotografien. 76 Seiten. Gebunden, 39 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mehr als drei Jahrzehnte währt nun schon der türkisch-griechische Konflikt um Zypern. Als Reisender nimmt man ihn vor allem wahr, weil man sich zunächst entscheiden muss, auf welchem Teil der Insel man den Urlaub verbringt. Vielleicht sieht man die Wachtürme und den Stacheldraht, die Zypern durchschneiden. Vielleicht betritt man auf dieser Insel, auf der die Grenze immer wieder verschoben worden ist, aber auch einmal eine Moschee. Die Fotografin und Künstlerin Johanna Diehl ist sowohl im türkischen als auch im griechischen Teil der Insel unterwegs gewesen und hat Moscheen besucht. In Nordzypern sind manche der muslimischen Gotteshäuser früher Kirchen gewesen - dort, wo einstmals eine mit Ikonen verzierte Wand den Raum in ein den Besuchern zugedachtes Kirchenschiff und den heiligen Altarraum aufteilte, sind heute Vorhänge oder die Wand wurde schmucklos als Raumteiler belassen. Moscheen, die Diehl hingegen auf dem Gebiet der griechischen Republik Zypern aufsuchte, sind heute sinnentleerte und oftmals stark beschädigte Bauten. Auf den Bildern der Fotografin sind keine Personen zu sehen. Und dennoch erzählen sie Geschichten: Vom Glauben und Menschen, die in den sakralen Bauten noch heute beten. Aber auch von Verlust und jenen Gläubigen, die der Konflikt aus der Heimat vertrieben hat. Jedem Zypernreisenden ist dieser schöne Bildband deshalb zu empfehlen.
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"Displace" von Johanna Diehl. Fotohof Verlag, Salzburg 2011. Gebunden, zahlreiche Fotografien. 76 Seiten. Gebunden, 39 Euro.
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