Central banks have become the go-to institution of modern economies. In the wake of the 2007 financial crisis, they injected trillions of dollars of liquidity - through a process known as quantitative easing - first to prevent financial meltdown and later to stimulate the economy. The untold story behind these measures, and behind the changing roles of central banks generally, is that they have come at a considerable cost.
Central banks argue we had no choice. This book offers a powerfully original examination of why this claim is false. Using examples from Europe and the US, the authors present and analyse three specific concerns about the way central banks in developed economies operate today. Firstly, they show how unconventional monetary policies have created significant unintended negative consequences in terms of inequalities in income and wealth. They go on to argue that central banks may have become independent of governments, but have instead become worryingly dependent on financial markets. They then proceed to analyse how central bankers, despite being the undisputed experts on monetary policy, can still err and suffer from multiple forms of bias.
This book is a sobering and urgent wake-up call for policy-makers and anyone interested in how our monetary and financial system really works.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Central banks argue we had no choice. This book offers a powerfully original examination of why this claim is false. Using examples from Europe and the US, the authors present and analyse three specific concerns about the way central banks in developed economies operate today. Firstly, they show how unconventional monetary policies have created significant unintended negative consequences in terms of inequalities in income and wealth. They go on to argue that central banks may have become independent of governments, but have instead become worryingly dependent on financial markets. They then proceed to analyse how central bankers, despite being the undisputed experts on monetary policy, can still err and suffer from multiple forms of bias.
This book is a sobering and urgent wake-up call for policy-makers and anyone interested in how our monetary and financial system really works.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2018Nicht gewählte Mächtige
Dienen Notenbanken dem öffentlichen Wohl?
Dies sind turbulente Zeiten für Notenbanken. Wurden sie in der Finanzkrise noch als Retter von Wirtschaft und Finanzmärkten gefeiert, so sind sie, einstmals scheinbar unantastbare Institutionen, heute ins Zwielicht geraten. In Deutschland wurde das Handeln der ehemals als "Währungshüter" Gefeierten sogar mehrfach vor Gericht verhandelt. Die verbreitete Elitenkritik richtet sich heute auch gegen die Notenbanken, die plötzlich angreifbar erscheinen. In einer Zeit, in der ihre Macht gewachsen ist, wird ihnen nun ihr ehemaliges Gütesiegel, als nicht gewählte Geldpolitiker unabhängig von gewählten Politikern zu sein, zum Vorwurf gemacht. Es gehört keinerlei Phantasie zu der Prognose, dass dieses Thema noch sehr viel Popularität gewinnen wird. Und so kann es nicht erstaunen, dass aktuell gleich drei Bücher vorliegen. Allesamt sind sie in englischer Sprache erschienen.
Der originellste Zugang zu dem Thema stammt von Annelise Riles, einer Professorin für Recht und Anthropologie an der amerikanischen Cornell University. Sie sieht die Ursache für Konflikte über die Legitimität unabhängiger Notenbanken in einem Kulturkampf zwischen Experten - Geldpolitikern, Regulatoren, Finanzmarktkennern und akademischen Ökonomen - und anderen Gruppen, die keine Experten sind, aber von den Folgen der Geldpolitik betroffen sind. "Diese unterschiedlichen kulturellen Sichtweisen sind weder richtig noch falsch", schreibt Riles. "Aber wenn die Kluft zwischen jenen, die regieren, und jenen, die regiert werden, unüberschaubar wird, entsteht eine Legitimationskrise. Legitimität, in anderen Worten, ist nicht nur eine politische Kategorie, sondern auch eine kulturelle."
Riles hat über viele Jahre Geldpolitiker getroffen und beobachtet. Sie kennt ihre Welt, ihre Ansichten, ihre Etiketten, ihre Wahrnehmung, in einer speziellen Welt zu leben, und ihre Überzeugung, als technokratische Experten - keine andere wirtschaftspolitische Disziplin stützt sich so sehr auf wissenschaftliche Erkenntnisse - anders zu sein als gewählte Politiker.
Doch was sie lange von öffentlicher Kritik abschirmte, wird ihnen nun vorgeworfen. Das Motto "Legitimität durch Expertenwissen" ist in unserer Welt in die Kritik geraten. Riles hält daher einen Paradigmenwechsel für notwendig. Anstatt sich hinter ihrem Expertenwissen einzumauern, sollten Notenbanker sich stärker an die Öffentlichkeit wenden und dabei einräumen, dass ihre Tätigkeit auch von Werturteilen beeinflusst wird: "Dafür muss man sich nicht schämen", schreibt die Autorin. "Aber man muss es zugeben und lernen, damit umzugehen."
Peter Dietsch, François Claveau und Clément Fontan sind keine Ökonomen, sondern Philosophen und Politologen. Sie stellen ebenso wie Riles nicht die Unabhängigkeit der Notenbanken in Frage, aber sie diagnostizieren als Folge der Finanzkrise einen Machtzuwachs der Notenbanken, der sich in, wie sie meinen, drei bedenklichen Nebenwirkungen ihrer Geldpolitik zeigt. Die erste Nebenwirkung sind für sie die Folgen von Anleihekaufprogrammen und Niedrigzinsen für die Verteilung von Einkommen und Vermögen. Auch wenn diese empirisch gar nicht so einfach zu fassen sind, spricht doch vieles dafür, dass die Geldpolitik der vergangenen Jahre die Ungleichheit vergrößert. Dass der Befund einfach, die sich daraus ableitenden Handlungsempfehlungen aber kompliziert sind, zeigte dieser Tage eine Präsentation des Buches durch Dietsch an der Universität Frankfurt.
Bedenkliche Nebenwirkungen der aktuellen Geldpolitik sind für die Autoren eine wachsende Abhängigkeit der Geldpolitik von den Finanzmärkten und ihren Teilnehmern sowie die Stützung auf ein für kritische Einwände kaum offenstehendes Expertenwissen. Hier spielen Aspekte eine Rolle, die auch in der öffentlichen Diskussion der EZB-Politik immer häufiger erwähnt werden: Demnach ist die in der Krise sehr expansive Geldpolitik nicht das wichtigste Problem, sondern die Dauer der außerordentlichen Maßnahmen im Anschluss an die Krise. Sie deuten darauf hin, dass die Notenbank auf die Finanzbranche in einem Maße Rücksicht nimmt, das auf eine gewisse Abhängigkeit der Notenbank schließen lässt.
Das bei weitem umfangreichste und analytischste Werk zu dem Thema stammt von Paul Tucker, einem langjährigen Mitarbeiter der Bank of England, wo er es bis zum Vize-Gouverneur brachte. Tucker hält die Grundidee einer von der Regierung unabhängigen Notenbank für richtig und legitim, sofern die Notenbank auf die Sicherung der Preisniveaustabilität verpflichtet wird. Denn auf diesem Gebiet sei Regierungen nicht zu trauen, schreibt Tucker. Allerdings wendet sich der Verfasser entschieden gegen eine zu weite Definition der Aufgaben einer Notenbank, wie sie heute in zweierlei Weise praktiziert wird. Zum einen hält er es für grundfalsch, eine Notenbank auch noch mit der Bankenaufsicht zu betrauen, und sehr kritisch sieht er auch die These, eine Notenbank solle auf die Sicherung der Finanzstabilität verpflichtet werden. Außerdem sollten sich Notenbanker nicht zu Themen öffentlich äußern, die außerhalb ihres Tätigkeitsfeldes lägen. "Der Geldpolitiker zählt zu der raren Art von Mensch, der heute keine Popularität, sondern nur den Respekt seiner Kollegen und der gesamten Öffentlichkeit anstrebt für die Art und Weise, wie er seine ihm von gewählten Politikern übertragene Aufgabe bewältigt."
GERALD BRAUNBERGER
Annelise Riles: Financial Citizenship. Experts, Publics & The Politics of Central Banking. Cornell University Press, Ithaca 2018. 108 Seiten, 14,95 Dollar
Peter Dietsch & François Claveau & Clément Fontan: Do Central Banks Serve the People? Polity. Cambridge 2018. 136 Seiten, 12,95 Dollar
Paul Tucker: Unelected Power. The Quest for Legitimacy in Central Banking and the Regulatory State. Princeton University Press, Princeton 2018. 642 Seiten, 35 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dienen Notenbanken dem öffentlichen Wohl?
Dies sind turbulente Zeiten für Notenbanken. Wurden sie in der Finanzkrise noch als Retter von Wirtschaft und Finanzmärkten gefeiert, so sind sie, einstmals scheinbar unantastbare Institutionen, heute ins Zwielicht geraten. In Deutschland wurde das Handeln der ehemals als "Währungshüter" Gefeierten sogar mehrfach vor Gericht verhandelt. Die verbreitete Elitenkritik richtet sich heute auch gegen die Notenbanken, die plötzlich angreifbar erscheinen. In einer Zeit, in der ihre Macht gewachsen ist, wird ihnen nun ihr ehemaliges Gütesiegel, als nicht gewählte Geldpolitiker unabhängig von gewählten Politikern zu sein, zum Vorwurf gemacht. Es gehört keinerlei Phantasie zu der Prognose, dass dieses Thema noch sehr viel Popularität gewinnen wird. Und so kann es nicht erstaunen, dass aktuell gleich drei Bücher vorliegen. Allesamt sind sie in englischer Sprache erschienen.
Der originellste Zugang zu dem Thema stammt von Annelise Riles, einer Professorin für Recht und Anthropologie an der amerikanischen Cornell University. Sie sieht die Ursache für Konflikte über die Legitimität unabhängiger Notenbanken in einem Kulturkampf zwischen Experten - Geldpolitikern, Regulatoren, Finanzmarktkennern und akademischen Ökonomen - und anderen Gruppen, die keine Experten sind, aber von den Folgen der Geldpolitik betroffen sind. "Diese unterschiedlichen kulturellen Sichtweisen sind weder richtig noch falsch", schreibt Riles. "Aber wenn die Kluft zwischen jenen, die regieren, und jenen, die regiert werden, unüberschaubar wird, entsteht eine Legitimationskrise. Legitimität, in anderen Worten, ist nicht nur eine politische Kategorie, sondern auch eine kulturelle."
Riles hat über viele Jahre Geldpolitiker getroffen und beobachtet. Sie kennt ihre Welt, ihre Ansichten, ihre Etiketten, ihre Wahrnehmung, in einer speziellen Welt zu leben, und ihre Überzeugung, als technokratische Experten - keine andere wirtschaftspolitische Disziplin stützt sich so sehr auf wissenschaftliche Erkenntnisse - anders zu sein als gewählte Politiker.
Doch was sie lange von öffentlicher Kritik abschirmte, wird ihnen nun vorgeworfen. Das Motto "Legitimität durch Expertenwissen" ist in unserer Welt in die Kritik geraten. Riles hält daher einen Paradigmenwechsel für notwendig. Anstatt sich hinter ihrem Expertenwissen einzumauern, sollten Notenbanker sich stärker an die Öffentlichkeit wenden und dabei einräumen, dass ihre Tätigkeit auch von Werturteilen beeinflusst wird: "Dafür muss man sich nicht schämen", schreibt die Autorin. "Aber man muss es zugeben und lernen, damit umzugehen."
Peter Dietsch, François Claveau und Clément Fontan sind keine Ökonomen, sondern Philosophen und Politologen. Sie stellen ebenso wie Riles nicht die Unabhängigkeit der Notenbanken in Frage, aber sie diagnostizieren als Folge der Finanzkrise einen Machtzuwachs der Notenbanken, der sich in, wie sie meinen, drei bedenklichen Nebenwirkungen ihrer Geldpolitik zeigt. Die erste Nebenwirkung sind für sie die Folgen von Anleihekaufprogrammen und Niedrigzinsen für die Verteilung von Einkommen und Vermögen. Auch wenn diese empirisch gar nicht so einfach zu fassen sind, spricht doch vieles dafür, dass die Geldpolitik der vergangenen Jahre die Ungleichheit vergrößert. Dass der Befund einfach, die sich daraus ableitenden Handlungsempfehlungen aber kompliziert sind, zeigte dieser Tage eine Präsentation des Buches durch Dietsch an der Universität Frankfurt.
Bedenkliche Nebenwirkungen der aktuellen Geldpolitik sind für die Autoren eine wachsende Abhängigkeit der Geldpolitik von den Finanzmärkten und ihren Teilnehmern sowie die Stützung auf ein für kritische Einwände kaum offenstehendes Expertenwissen. Hier spielen Aspekte eine Rolle, die auch in der öffentlichen Diskussion der EZB-Politik immer häufiger erwähnt werden: Demnach ist die in der Krise sehr expansive Geldpolitik nicht das wichtigste Problem, sondern die Dauer der außerordentlichen Maßnahmen im Anschluss an die Krise. Sie deuten darauf hin, dass die Notenbank auf die Finanzbranche in einem Maße Rücksicht nimmt, das auf eine gewisse Abhängigkeit der Notenbank schließen lässt.
Das bei weitem umfangreichste und analytischste Werk zu dem Thema stammt von Paul Tucker, einem langjährigen Mitarbeiter der Bank of England, wo er es bis zum Vize-Gouverneur brachte. Tucker hält die Grundidee einer von der Regierung unabhängigen Notenbank für richtig und legitim, sofern die Notenbank auf die Sicherung der Preisniveaustabilität verpflichtet wird. Denn auf diesem Gebiet sei Regierungen nicht zu trauen, schreibt Tucker. Allerdings wendet sich der Verfasser entschieden gegen eine zu weite Definition der Aufgaben einer Notenbank, wie sie heute in zweierlei Weise praktiziert wird. Zum einen hält er es für grundfalsch, eine Notenbank auch noch mit der Bankenaufsicht zu betrauen, und sehr kritisch sieht er auch die These, eine Notenbank solle auf die Sicherung der Finanzstabilität verpflichtet werden. Außerdem sollten sich Notenbanker nicht zu Themen öffentlich äußern, die außerhalb ihres Tätigkeitsfeldes lägen. "Der Geldpolitiker zählt zu der raren Art von Mensch, der heute keine Popularität, sondern nur den Respekt seiner Kollegen und der gesamten Öffentlichkeit anstrebt für die Art und Weise, wie er seine ihm von gewählten Politikern übertragene Aufgabe bewältigt."
GERALD BRAUNBERGER
Annelise Riles: Financial Citizenship. Experts, Publics & The Politics of Central Banking. Cornell University Press, Ithaca 2018. 108 Seiten, 14,95 Dollar
Peter Dietsch & François Claveau & Clément Fontan: Do Central Banks Serve the People? Polity. Cambridge 2018. 136 Seiten, 12,95 Dollar
Paul Tucker: Unelected Power. The Quest for Legitimacy in Central Banking and the Regulatory State. Princeton University Press, Princeton 2018. 642 Seiten, 35 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"This excellent book shows that central banking is a political process with profound distributional consequences. It is a must read for anyone wanting to know how central banks could work to serve the people."
Daniela Gabor, University of the West of England
"This highly recommended book should give political leaders pause when they ask for continued blind faith in central bank maestros."
Christopher Adolph, University of Washington
Daniela Gabor, University of the West of England
"This highly recommended book should give political leaders pause when they ask for continued blind faith in central bank maestros."
Christopher Adolph, University of Washington