Über die niederrheinische Keramik gibt es bereits einiges an Literatur, aber die kleinen Zentren fallen dabei meistens durchs Raster. Glimbach, Gevenich und Körrenzig, am östlichen Rurtalhang in der Nähe von Jülich gelegen, haben eine schwer fassbare Keramikproduktion, da es kaum reguläre
archäologische Ausgrabungen gab und datierte Stücke selten sind. Außerdem sind die stilistischen Unterschiede…mehrÜber die niederrheinische Keramik gibt es bereits einiges an Literatur, aber die kleinen Zentren fallen dabei meistens durchs Raster. Glimbach, Gevenich und Körrenzig, am östlichen Rurtalhang in der Nähe von Jülich gelegen, haben eine schwer fassbare Keramikproduktion, da es kaum reguläre archäologische Ausgrabungen gab und datierte Stücke selten sind. Außerdem sind die stilistischen Unterschiede zu benachbarten Töpferzentren gering, sodass eine Abgrenzung nicht immer möglich ist.
„Döppesbäcker“ ist der niederrheinische Ausdruck für Töpfer. Die Autoren dieses Bandes haben die in verschiedenen Museen und heimatkundlichen Sammlungen archivierten Keramiken aus Glimbach, Gevenich und Körrenzig zusammengetragen, systematisch ausgewertet und dokumentiert. Dabei stützen sie sich meist auf anekdotische Fundzusammenhänge, heimatkundliche Befragungen der noch heute ansässigen, ehemaligen Töpferfamilien, sowie einige materialkundliche Untersuchungen. Für Letzteres nutzen sie zerstörungsfreie Elementaranalysen und relative Elementverteilungen, um Cluster mit gemeinsamen Eigenschaften zu identifizieren, ein herkömmliches Verfahren zur geografischen Provenienzanalyse. Klar abgrenzen lassen sich mit dieser Methode die niederrheinischen Töpferzentren, die quartäre Tone verarbeiten, von den quartären Glimbacher Tonen. Ob die Methode auch geeignet ist, über den begrenzten Untersuchungsraum hinaus Aussagen zu treffen, können erst weitere Untersuchungen zeigen. Das zugehörige Kapitel zur Geologie und Chemie der Tone in der Rheinischen Tiefebene ist ausgesprochen vielschichtig und spannend und auch zum Verständnis der Materialuntersuchungen sehr hilfreich.
Der Überblick zur Geschichte der bleiglasierten Töpferwaren am Niederrhein zeigt, dass das Thema nach dem Zweiten Weltkrieg in erster Linie durch Heimatforscher besetzt war und erst in den letzten zwei Jahrzehnten vermehrt professionelle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die eingangs erwähnte Problematik der mangelhaft dokumentierten Fundumstände rührt zu einem Großteil von diesem „blinden Fleck“ her, aber auch im vorliegenden Band sind für meinen Begriff zu viele weitschweifende Vermutungen versammelt. Das beginnt bei den stilistischen Argumentationen, die oft mehr „nach Gefühl“ als nach belastbaren kunsthistorischen Kriterien vorgenommen werden, geht weiter über vermutete Verwendungen im Alltag bis hin zu übertrieben ausführlichen und manchmal auch in Umgangssprache abgleitenden Beschreibungen von Trivialitäten. Besonders das Kapitel zur „Beschreibung, Einordnung und Beurteilung der Glimbacher Produktion des 17. bis 20. Jahrhunderts“ ist argumentativ unscharf und nutzt für eine wissenschaftlich belastbare Arbeit aus meiner Sicht zu viel Hörensagen. In dieses insgesamt etwas laienhafte Bild gliedert sich auch eine ausführlich illustrierte Fotoserie aller Handgriffe bei der Herstellung einer engobeverzierten Schüssel ein, die nichts vermittelt, was ein Töpfer nicht schon wüsste. Differenziert und nachvollziehbar ist die Übersicht der urkundlich fassbaren Töpferfamilien und -namen in der genannten Region, auch wenn kaum ein Objekt des Katalogs mit einer namentlich bekannten Töpferei korreliert werden kann.
„Döppesbäcker“ bietet einige interessante wissenschaftliche Ansätze, die weiterzuverfolgen sinnvoll wäre, insbesondere, um die schlechte Funddokumentation zumindest ansatzweise zu ergänzen. Dennoch haben mich die laienhaften Argumentationslinien, die kaum Primärquellen nutzen (können?), dafür umso ausführlicher „Generationenwissen“ und Hörensagen kolportieren, nicht wirklich überzeugt.