Doing History - körperbezogene und emotionale Performanzen spielen in der populären Geschichtskultur eine herausragende Rolle. Dennoch wurde die Inszenierung einer 'lebendigen' Vergangenheit bisher nur im Kontext von Schulen, Gedenkstätten und Museen einer kritischen Beurteilung unterzogen. Dieser Band schließt nun auch Formen außerhalb der traditionellen Bildungsorte mit ein und nimmt die dort hergestellten, aufgeführten und ausgehandelten Geschichtserfahrungen in ihrer Bedeutung für die verschiedenen Akteure ernst. Die Beiträge aus Kultur-, Geschichts- und Medienwissenschaft konzentrieren sich auf die körperlichen Praktiken, die Materialität der beteiligten Dinge und das Erleben in diesen Feldern, die sich an der Vergangenheit orientieren und doch immer auf die Gegenwart bezogen sind. Dabei wird deutlich, wie sich Deutungshoheiten über Geschichte verschieben, sich gegenseitig inspirieren und provozieren können.
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Besonders die ethnografisch ausgerichteten Beiträge verdeutlichen in eindrücklicher Weise die Erkenntnispotenziale, welche eine qualitative Beschäftigung mit den "performativen Praktiken in der Geschichtskultur" bietet. Endlich, so möchte man fast sagen, kommen auch einmal die beteiligten Menschen zu Wort und nicht bloß besorgte Historiker, die mit erhobenem Zeigefinger die Verfälschung historiografisch verbürgter Quellen durch das Tun von Laien anprangern. So erfährt der Leser, entgegen bestehenden Klischeevorstellungen, von einer binnendifferenzierten Szene mit unterschiedlichen, mal auch gegenläufigen Selbstverständnissen; erfährt von Menschen, denen durchaus bewusst ist, dass eine quellen-authentische Nachstellung von Historischem per se problematisch ist, und die sehr kreativ sind, wenn es darum geht, vermeintlich fremde Traditionen in bestehende "eigene" Brauchstrukturen sinnhaft zu integrieren. Allein dieser kursorische Überblick lässt erahnen, dass in dem Buch zentrale Themen der Alltagskulturforschung verhandelt werden. Ebenso gewinnbringend wie die Überlegungen zu gegenwärtigen Formen und Funktionen lesen sich die Texte, die den Blick in die Vergangenheit lenken und somit noch einmal den für unser Fach so elementaren Umstand hervorheben, dass Kulturphänomene stets historisch Gewordenes sind. - Mirko Uhlig in: Zeitschrift für Volkskunde, 2/2017