Mehr als hundert »lyrische Hausmittel« aus dem Arzneischrank Erich Kästners. Humorvolle, ironische und bissige Gedichte gegen Weltschmerz, Liebeskummer, Ärger und andere Störungen des seelischen Gleichgewichts. Einzige bekannte Nebenwirkungen: Einsicht und befreites Lachen.
»Der vorliegende Band ist der Therapie des Privatlebens gewidmet. Er richtet sich, zumeist in homöopathischer Dosierung, gegen die kleinen und großen Schwierigkeiten der Existenz«, schreibt Erich Kästner im Vorwort zu seiner 'Hausapotheke'. In der Tat weiß »Dr. Kästner« für alle menschlichen Nöte die richtige Medizin - Humor, Zorn oder Ironie - und welches Gedicht »man nehme«, wenn die Besserwisser ausgeredet haben, die Ehe kaputtgeht, vom sogenannten Fortschritt die Rede war, wenn man an Gefühlsanämie leidet oder sich über die lieben Zeitgenossen geärgert hat.
Dieses Nachschlagewerk zur »Behandlung des durchschnittlichen Innenlebens«, eine Sammlung verschiedener Kästner-Gedichte der 20er und 30er Jahre, erschien erstmals im Jahre 1936 in der Schweiz.
»Der vorliegende Band ist der Therapie des Privatlebens gewidmet. Er richtet sich, zumeist in homöopathischer Dosierung, gegen die kleinen und großen Schwierigkeiten der Existenz«, schreibt Erich Kästner im Vorwort zu seiner 'Hausapotheke'. In der Tat weiß »Dr. Kästner« für alle menschlichen Nöte die richtige Medizin - Humor, Zorn oder Ironie - und welches Gedicht »man nehme«, wenn die Besserwisser ausgeredet haben, die Ehe kaputtgeht, vom sogenannten Fortschritt die Rede war, wenn man an Gefühlsanämie leidet oder sich über die lieben Zeitgenossen geärgert hat.
Dieses Nachschlagewerk zur »Behandlung des durchschnittlichen Innenlebens«, eine Sammlung verschiedener Kästner-Gedichte der 20er und 30er Jahre, erschien erstmals im Jahre 1936 in der Schweiz.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.07.2003DAS HÖRBUCH
Mit Inbrunst
Gert Fröbe macht sich über die Hausapotheke her
„Einmalige, historische Amateuraufnahme aus dem Jahr 1988” heißt es auf dem Hörbuch „Gert Fröbe liest aus Doktor Erich Kästners Lyrischer Hausapotheke” anpreisend und entschuldigend zugleich. Tatsächlich gewinnt man anfangs den Eindruck, ein Besucher des „Kursanatoriums Ambach”, wo Fröbe wenige Tage vor seinem Tod im August 1988 auftrat, habe die Darbietung manuell in eine Schellackplatte geritzt. Hat man sich allerdings an das Verhuschte, Volksempfängerhafte der Aufnahme gewöhnt, ist jedes Wort zu verstehen. Sonst bleibt noch das Beiheft, in dem Kästners Gedichte dankbarerweise abgedruckt sind.
Ja, eigentlich passt das Klangbild recht gut zum historischen Umfeld der „Hausapotheke”, den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, als „Der Streichholzjunge” seine Familie durchbringen muss und Maskenbälle erstmals von „Jazzkapellen” begleitet werden. Entsprechend schlägt der Klavierbegleiter Fröbes, Walter Sahm, vergnüglich-schwermütige Salonmusik der 20er Jahre an.
Fröbes Lesung ist völlig unbefangen und von beeindruckender Vitalität und Beweglichkeit. Den betrunkenen Schauspieler in „Hamlets Geist” rülpst er mit einer Inbrunst, die ihresgleichen sucht, das „Hotelsolo für eine Männerstimme” hingegen, die Klage eines Verlassenen, weiß er still vor sich hinzujammern. Klug wiegt er einzelne Textpassagen gegeneinander ab, verschärft über Strophen hinweg das Tempo, um dann wieder einzelne Verse ruhig atmen zu lassen. Den Sachsen hört man ihm an keiner Stelle an, einzig mit „Frau Großhennig schreibt an ihren Sohn” erweist er seiner Heimat, die auch Erich Kästners war, seine Referenz. Gestochenes Hochdeutsch wäre hier wohl fehl am Platz: „Ach, Krauses älteste Tochter hat kürzlich ein Kind gekriegt!/ Wer der Vater ist, weiß kein Mensch. Und sie soll es selber nicht wissen./ Ob denn das wirklich bloß an der Gymnasialbildung liegt?”
TOBIAS LEHMKUHL
ERICH KÄSTNER: Lyrische Hausapotheke. Gelesen von Gert Fröbe. Kein und Aber Verlag, Zürich 2003. 1 CD, 34 Minuten, 17,50 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Mit Inbrunst
Gert Fröbe macht sich über die Hausapotheke her
„Einmalige, historische Amateuraufnahme aus dem Jahr 1988” heißt es auf dem Hörbuch „Gert Fröbe liest aus Doktor Erich Kästners Lyrischer Hausapotheke” anpreisend und entschuldigend zugleich. Tatsächlich gewinnt man anfangs den Eindruck, ein Besucher des „Kursanatoriums Ambach”, wo Fröbe wenige Tage vor seinem Tod im August 1988 auftrat, habe die Darbietung manuell in eine Schellackplatte geritzt. Hat man sich allerdings an das Verhuschte, Volksempfängerhafte der Aufnahme gewöhnt, ist jedes Wort zu verstehen. Sonst bleibt noch das Beiheft, in dem Kästners Gedichte dankbarerweise abgedruckt sind.
Ja, eigentlich passt das Klangbild recht gut zum historischen Umfeld der „Hausapotheke”, den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, als „Der Streichholzjunge” seine Familie durchbringen muss und Maskenbälle erstmals von „Jazzkapellen” begleitet werden. Entsprechend schlägt der Klavierbegleiter Fröbes, Walter Sahm, vergnüglich-schwermütige Salonmusik der 20er Jahre an.
Fröbes Lesung ist völlig unbefangen und von beeindruckender Vitalität und Beweglichkeit. Den betrunkenen Schauspieler in „Hamlets Geist” rülpst er mit einer Inbrunst, die ihresgleichen sucht, das „Hotelsolo für eine Männerstimme” hingegen, die Klage eines Verlassenen, weiß er still vor sich hinzujammern. Klug wiegt er einzelne Textpassagen gegeneinander ab, verschärft über Strophen hinweg das Tempo, um dann wieder einzelne Verse ruhig atmen zu lassen. Den Sachsen hört man ihm an keiner Stelle an, einzig mit „Frau Großhennig schreibt an ihren Sohn” erweist er seiner Heimat, die auch Erich Kästners war, seine Referenz. Gestochenes Hochdeutsch wäre hier wohl fehl am Platz: „Ach, Krauses älteste Tochter hat kürzlich ein Kind gekriegt!/ Wer der Vater ist, weiß kein Mensch. Und sie soll es selber nicht wissen./ Ob denn das wirklich bloß an der Gymnasialbildung liegt?”
TOBIAS LEHMKUHL
ERICH KÄSTNER: Lyrische Hausapotheke. Gelesen von Gert Fröbe. Kein und Aber Verlag, Zürich 2003. 1 CD, 34 Minuten, 17,50 Euro.
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