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Ein vom Vormieter zurückgelassenes Bild in einer leeren Wohnung bringt einen Schriftsteller gehörig aus der Fassung. Ein Junge nimmt die Geburtstagseinladung eines Klassenkameraden an, weil er sich in dessen Mutter verliebt hat. Ein bekannter Filmstar träumt davon, am Samstagmorgen unbehelligt seinen Wagen in der Garagenauffahrt waschen zu können. Ein Metzger versucht, mit einer Spende an das städtische Tierheim sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.Arne Nielsens Geschichten handeln von Menschen, die mit ungeahnten Hoffnungen oder nie gekanntem Leid konfrontiert werden. Oft sind es…mehr

Produktbeschreibung
Ein vom Vormieter zurückgelassenes Bild in einer leeren Wohnung bringt einen Schriftsteller gehörig aus der Fassung. Ein Junge nimmt die Geburtstagseinladung eines Klassenkameraden an, weil er sich in dessen Mutter verliebt hat. Ein bekannter Filmstar träumt davon, am Samstagmorgen unbehelligt seinen Wagen in der Garagenauffahrt waschen zu können. Ein Metzger versucht, mit einer Spende an das städtische Tierheim sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.Arne Nielsens Geschichten handeln von Menschen, die mit ungeahnten Hoffnungen oder nie gekanntem Leid konfrontiert werden. Oft sind es Außenseiter, die versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen, oder Sonderlinge, die nicht die Kontrolle über andere verlieren wollen. Arne Nielsen erzählt lakonisch und pointiert, mit großer Intensität und skurrilem Humor. Seine Stories sind direkt, eindringlich und lassen einen nicht mehr los.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Arne Nielsen wurde 1971 in Dänemark geboren. Er machte eine Ausbildung zum Herrenschneider und studierte Wirtschaftswissenschaften. Danach arbeitete er u.a. als Tankwart, Vertreter und Konsulatsbeamter. Arne Nielsen lebt mit seiner Familie in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2003

Denn schließlich ist es Zucker
Leichenschmaus: Arne Nielsens Erzählungen aus der Bizarro-Welt

"Donny lacht gerne allein. In dieser Hinsicht ist er unabhängig." Unter Menschen hat er weniger zu lachen. Donny ist nämlich kleinwüchsig, 1,53 Meter, um genau zu sein, und muß die gönnerhaft herablassenden Ratschläge seines besten und übrigens einzigen Freundes ertragen. Jetzt aber hat Donny ein neues Auto und fährt so schnell, daß dem faden Limonadentrinker auf dem Beifahrersitz fast übel wird. Donny ist gewachsen, Ed geschrumpft und deshalb muß er zu Hause unbedingt ein Huhn töten. "Wirklich schade, das alles."

Nicht alle Geschichten von Arne Nielsen gehen so glimpflich aus. Manchmal trifft es statt der Tiere nämlich auch Menschen. Der Labrador, erzählt ein neurotischer Hundehasser seinem Psychologen, "ist verwöhnt, der Labrador hat das, was ich nie gehabt habe. Er wohnt direkt am Fluß, in erster Reihe sozusagen, nicht in der dritten so wie ich". Aber als der Therapeut eines Nachts seinen toten Labrador als Haßobjekt anbietet, schlägt sein Patient lieber gleich den Doktor.

Arne Nielsen erzählt kaltblütig und ungerührt von ganz normalen Menschen, die fast grundlos und ohne Reue Hühner, Hunde, Mütter und Kinder totschlagen. In "Bursche ist da" überfällt eine Hebamme plötzlich die Lust, das neugeborene Kind an die Wand zu klatschen, während der Onkel nebenan still nach Hause strebt, um seinem Hobby zu frönen: in Apfelsinen onanieren. In einer anderen Geschichte klingelt ein vielgeprüfter Hiob mitten in der Nacht, um sich von seinem Nachbarn - ohne sexuelle Absichten - auf Hodenkrebs untersuchen zu lassen. Einsame Menschen tun manchmal ziemlich verrückte Dinge, um Trost und Gesellschaft zu finden, und Arne Nielsens Helden sind alle einsam und krank, häßlich, böse und vor allem unberechenbar: Neurotiker, empfindsame Metzger, apathische Choleriker, gutmütige Sodomiten, kurz: Biedermänner in der Maske des Triebtäters. Selbst Arnold, der einsame Hollywood-Star, will sein Auto unbedingt inkognito, in den Shorts seines Sohnes, in einer fremden Garageneinfahrt waschen.

Der Lebenslauf in absteigender Linie weist den zweiunddreißigjährigen Dänen als literarischen Seiteneinsteiger aus: Studium der Wirtschaftswissenschaften, Lehre als Herrenschneider, Jobs als Konsularbeamter, Tankwart und Friedhofswächter. Auf dem Friedhof könnten Nielsen auch die vierzehn Erzählungen seines Prosadebüts zugeflogen sein. Seine Geschichten sind makaber, bizarr, oft auch unappetitlich, in surrealen Traum- und Parallelwelten angesiedelt, aber durchaus innerhalb des Kontinuums menschlicher Verirrungen und alltäglicher Perversionen. Nielsens Figuren sind Außenseiter und exzentrische Sonderlinge, die gemütlich ins Zentrum der Normalität spazieren wollen und sich unversehens, verwundert und verwundet, im Abseits wiederfinden. Es sind Ungeheuer mit guten Vorsätzen, Monster aus Sanftmut, Ekelpakete mit rosa Schleifchen.

Und Naschkatzen. Ständig stopfen sie Pralinen, Chips, Lakritze, Kuchen und Unmengen von Limonade in sich hinein. Es braucht nur eine kleine Demütigung, eine leise Enttäuschung, ein falsches Wort als Hefe, und schon beginnt der Zucker des Bösen zu gären, Faulgase und ätzende Laugen freizusetzen. Nielsen macht nicht viel Aufhebens von diesen seltsamen Zersetzungsprozessen. Er verweigert Erklärungen und gibt keine Auflösung. Nur so viel ist sicher: Man kann Tür an Tür leben und doch unentdeckte Leichen im Keller haben, wie familiäre Succubi aufeinander hocken und einander doch unendlich fremd und fern bleiben. Zwischen den Zeilen, im Innern einer schmucklosen Sprache, ist Platz genug für namenlose Geheimnisse, verdrängte Lüste, verschwiegene Laster.

Das Gesellenstück des Herrenschneiders Nielsen ist kein Meisterwerk; es gibt etliche lose Fäden und Flickwerk, hin und wieder auch modische Raymond-Carver-Applikationen. Aber Nielsen hat seinen Stoff lakonisch knapp und kühl auf Kante genäht, und deshalb paßt sein erster Anzug gar nicht so übel.

MARTIN HALTER

Arne Nielsen: "Donny hat ein neues Auto und fährt etwas zu schnell". Erzählungen. Liebeskind Verlag, München 2003. 128 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Martin Halter findet diese Erzählungen "makaber, bizarr, oft auch unappetitlich", die Helden hässlich "und vor allem unberechenbar". Gelegentlich fühlt er sich an Raymond Carver erinnert, so kaltblütig und ungerührt erzählt Arne Nielsen. Das wirkt auf Halter manchmal eher modisch als literarisch, auch stört er sich an etlichen losen Fäden in den Handlungen. Dennoch hat Nielsens schmucklose Sprache, die zwischen den Zeilen Platz lasse für namenlose Geheimnisse, verdrängt Lüste und verschwiegene Laster, für den Rezensenten seinen Reiz. Kein Meisterwerk findet er, trotzdem "gar nicht so übel".

© Perlentaucher Medien GmbH