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Der große Journalist: Gabriel García Márquez als brillanter Chronist seiner Zeit
Kabinettstücke des Journalismus, amüsant, prägnant, politisch, persönlich. In diesen Reportagen, Glossen, Kommentaren, die im Verlauf von mehr als zwanzig Jahren entstanden sind, zeichnet Gabriel García Márquez ein facettenreiches Bild seiner Welt.
Zwischen Anfang der 1960er- und Mitte der 1980er-Jahre schreibt Gabriel García Márquez fast jede Woche einen journalistischen Text, der in lateinamerikanischen Zeitungen, vor allem aber in_ El País,_ Madrid, erscheint. Er äußert sich zu Filmen und Büchern, zu den
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Produktbeschreibung
Der große Journalist: Gabriel García Márquez als brillanter Chronist seiner Zeit

Kabinettstücke des Journalismus, amüsant, prägnant, politisch, persönlich. In diesen Reportagen, Glossen, Kommentaren, die im Verlauf von mehr als zwanzig Jahren entstanden sind, zeichnet Gabriel García Márquez ein facettenreiches Bild seiner Welt.

Zwischen Anfang der 1960er- und Mitte der 1980er-Jahre schreibt Gabriel García Márquez fast jede Woche einen journalistischen Text, der in lateinamerikanischen Zeitungen, vor allem aber in_ El País,_ Madrid, erscheint. Er äußert sich zu Filmen und Büchern, zu den politischen Themen der Zeit, zu Stationen seines Lebens, wie dem Nobelpreis, und zu den kleinen Dingen des Alltags. Immer vertritt er entschieden seine Meinung, scheut er nicht das Risiko des Irrtums. Und er scheut sich auch nicht, über so persönliche und peinliche Dinge zu schreiben wie seine grauenhafte Flugangst. Die konnte ihm einmal, auf unvergessliche Weise, nur eine nehmen: die unbekannte junge Frau, die bei einem Nachtflug im Sitz neben ihm ruhte, stumm und schön wie das schlafende Dornröschen. Immer wieder tauchen in den Texten Motive und Figuren auf, die in späteren Werken Verwendung finden. Der Leser erhält so Einblick in den Schaffensprozess des Autors, die Verquickung von literarischem und journalistischem Schreiben, da für García Márquez »Roman und Reportage Kinder ein- und derselben Mutter« sind. Es gilt, »das Gespür für die schlagende Episode oder bezeichnende Anekdote, der Blick für das abseitige Detail, in dem der größere Zusammenhang aufleuchtet, der entschiedene Wille nach den verborgenen Motiven der Protagonisten zu suchen« Karl-Markus Gauss, Süddeutsche Zeitung.


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Autorenporträt
García Márquez, GabrielGabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, arbeitete nach dem Jurastudium zunächst als Journalist. García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Seit der Veröffentlichung von »Hundert Jahre Einsamkeit« gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Gabriel García Márquez starb 2014 in Mexico City.

Kleemann, SilkeSilke Kleemann, geboren 1976, lebt als literarische Übersetzerin, Lektorin und Autorin in München. Sie übersetzt hauptsächlich Romane und Lyrik aus dem Spanischen, u. a. Juan Filloy, Alejandro Jodorowsky, Alberto Fuguet und Sor Juana Inés de la Cruz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2008

Dornröschen, hilf!
Die frühen Reportagen von Gabriel García Márquez

Auch Gabriel García Márquez war einst ein armer Poet. Anfang bis Mitte der sechziger Jahre konnte der spätere Großmeister des "Magischen Realismus" von seiner Kunst kaum leben. Nur zehn Prozent vom Gesamtpreis eines Buches gingen an den Schriftsteller, klagte er damals und erging sich in einer "melodramatischen" Deutung der Autorenexistenz. "Schriftsteller", notierte García Márquez, "ist man einfach, wie man Jude oder Schwarzer ist." Und weil man seiner Haut und damit den Lebensumständen nicht entfliehen kann, bot ihm der Journalismus die Gelegenheit, sich etwas dazuzuverdienen. Das schien in jener Zeit bitter nötig: Augenzwinkernd rechnete sich García Márquez jenen Schriftstellern zu, deren Arbeit nicht sonderlich ergiebig ist, jedenfalls nicht unter quantitativen Gesichtspunkten. Solche Autoren, fährt García Márquez fort, veröffentlichten nur alle zwei Jahre ein Buch. Dafür aber rauchten sie umso mehr: nämlich neunundzwanzigtausendzweihundert Zigaretten in zwei Jahren, wie der Autor offenbar auf Grundlage des eigenen Konsums errechnete. Die Rechnung beweist, dass der Autor einen Blick für Details wie für Hintergründe hat. Die Ergebnisse des konzentrierten Beobachtens sind jetzt unter dem Titel "Dornröschens Flugzeug. Journalistische Arbeiten 1961 - 1984" erschienen.

Dornröschen, das ist eine junge Frau neben ihm im Flugzeug, auf der Strecke von Paris nach New York: Schön ist sie, aber auch müde, darum die meiste Zeit schlafend, was dem von Flugangst Geplagten Gelegenheit gibt, sie wieder und wieder anzuschauen und seine Furcht darüber zu vergessen. Zumindest auf diesem Flug. Denn García Márquez fliegt viel, und immer wieder plagt ihn die Angst. Immer wieder neu sind auch die Strategien, die er sich verordnet. Als da, auszugsweise, wären: Sex; verharren in der Bordtoilette; ins Cockpit steigen und den Piloten bei der Arbeit zuschauen und dort erfahren, dass auch ihnen beim Fliegen mulmig ist. Allesamt raffinierte Methoden, doch am Ende bleibt das Unbehagen.

Immerhin, die Flugzeuge bringen den Autor in die Welt, auch wenn er das Privileg nicht immer nutzen mag. In Francos Spanien, hatte sich der Autor schon als Schüler vorgenommen, werde er nie einen Fuß setzen - und so weigerte er sich 1955, das Flugzeug bei einer Zwischenlandung zu verlassen. Zwölf Jahre später betrat er, mit anderen, offenbar besseren Argumenten im Kopf, das Land dann doch. Ortskenntnis, erfährt er dort, sichert nicht vor der Verführung durch den Mythos. Die Felder von Soria empfindet er als so karg, wie Antonio Machado sie beschrieben hat. In Granada begibt er sich auf die Spurensuche nach Lorcas Zigeunermädchen. Und in Cádiz hängt er Spaniens ultramarinen Abenteuern nach. Auch in Bangkok gibt er sich 1982 literarischen Träumen hin, durchstreift die Stadt in Erinnerung an die jugendliche Lektüre eines Romans über "Anna und den König von Siam". Aber dann bricht die Realität sich Bahn, und der Dichter kann den Verkehr, den Schmutz und die Prostitution nicht länger ignorieren. Und doch: Gerade weil sie so schmutzig ist, reizt ihn die Stadt.

Den Reizen spürt der Journalist, der unverkennbar auch Schriftsteller ist, an allen erdenklichen Orten nach: Am Flughafen von Paramaribo, der Hauptstadt Surinams, ist ihm eine junge, hochschwangere Schwarze, die rauchend und bunt gewandet auf einem Hocker sitzt, das Inbild der Karibik. Ein knappes Vierteljahrhundert später, 1981, tröstet er sich am selben, offenbar nüchterner wirkenden Ort mit dem Gedanken, dass die magische Welt sich niemals unterkriegen lasse - jenen Pflanzen gleich, die unter Betondecken so lange wuchern, bis sie diese irgendwann durchstoßen.

Doch die exotistischen Anflüge bilden zuletzt nur den pittoresken Mehrwert der Reisen. Im Zweifel interessiert sich García Márquez für die Wirklichkeit, zumal die politische. Der Bürgerkrieg in El Salvador bestehe nicht aus drei, sondern nur aus zwei Fronten, korrigiert er im Januar 1981 die Einschätzung des damaligen amerikanischen Präsidentschaftsanwärters Ronald Reagan. Der sah in dem Land die damalige Militärdiktatur, die rechtsextremen Paramilitärs und die revolutionären Kräfte am Werk - eine Fehleinschätzung, kommentierte García Márquez, der nur eine Kampflinie erkennen konnte: die zwischen der Feudalaristokratie und deren Gegnern. Es bedurfte nicht viel Phantasie, um die zumindest indirekte Intervention Amerikas in den Konflikt vorherzusagen.

Überhaupt der lateinamerikanische Hinterhof: Wie die Vereinigten Staaten, aber auch die Briten dort ihre Vorstellungen von Ordnung durchsetzten, beschreibt García Márquez anhand mehrerer Beispiele. Wiederholt argumentiert er gegen eine unter anderen Vorzeichen auch heute gepflegte Missdeutung regional begrenzter Kriege: die Ansicht, diese seien nicht auf ihre lokalen, meist konkreten Ursachen zurückzuführen, sondern vor allem Ausdruck ideologischer Konkurrenzen auf globalem Niveau. Aus einer solchen Perspektive konnten die Kriege in Mittel- und die Diktaturen in Südamerika kaum etwas anderes sein als Varianten des Kalten Krieges, Stellvertreterkriege zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Wie sich gegen diese Wahrnehmung die Kenntnis der jeweiligen Regionalgeschichte ins Feld führen lässt, demonstriert García Márquez anhand mehrerer historischer Kommentare zu den Schlachtfeldern jener Zeit.

Doch auch in Lateinamerika verliefen die Fronten oft verquer. García Márquez kommentiert dies am Beispiel des Malwinenkriegs, in dem die argentinischen Militärs ihre Soldaten verheizten. Die jungen Männer, oft kaum ausgebildet und nur mit dem Nötigsten versorgt, wurden nicht nur Opfer ihrer britischen Gegner, sondern auch der Kälte. Zusammen mit den Tennisschuhen, in denen die Soldaten bei minus 30 Grad kämpften, berichtet García Márquez, musste man den Verstorbenen auch die gefrorene Haut von den Füßen ziehen. Es sind harte Fakten, die García Márquez berichtet. Am Schluss der Lektüre versteht man darum, warum Mythos und Magie am Ende unverzichtbar sind.

KERSTEN KNIPP

Gabriel García Márquez: "Dornröschens Flugzeug". Journalistische Arbeiten von 1961 bis 1984. Aus dem Spanischen von Svenja Becker, Astrid Böhringer, Lisa Grüneisen, Silke Kleemann und Ingeborg Schmutte. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008. 697 S., geb., 34,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Bedeutung, ja Notwendigkeit von Magie und Mythos bei Gabriel Garcia Marquez begreift Kersten Knipp erst so richtig nach dieser Lektüre. Erst in seinen journalistischen Arbeiten nämlich begegnet ihm der Autor als Spürhund für Details und Hintergründe an allen nur erdenklichen Orten von New York bis Surinam. Wenn die beobachtete Realität zuweilen schriftstellerisch exotisiert wird, ist das für Knipp bloß das hübsche Sahnehäubchen der Reisen und Texte. Ihren eigentlichen Wert erkennt er in der politischen Kritikfähigkeit und dem regionalgeschichtlichen Wissen ihres Autors. Was dabei herauskommt, schreibt er, seien harte Fakten. Für Knipp der Ausgangspunkt Richtung Mythos und Magie bei Marquez.

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»Mit der ihm eigenen Sinnlichkeit verwandelt García Márquez wahre Begebenheiten im Erzählen auf magische Weise zu Poesie.« Michaela Schmitz Rheinischer Merkur