Im Alter von fünfundzwanzig Jahren erlebte Guy de Maupassant die ersten Anzeichen einer ererbten syphilitischen Erkrankung. Das Entsetzen vor dem unausweichlichen Ende sollte ihn nie mehr verlassen; es stiftete ihn nicht nur zu einem vermeintlich tollkühnen Lebenswandel an, sondern es bildete auch den Fundus, aus dem er den Stoff für einige seiner beeindruckendsten Erzählungen bezog. Der vorliegende Band enthält neben Kabinettstücken des Wahnsinns aus Maupassants Feder die deutsche Erstveröffentlichung seiner frühen Burleske "Dr. Gloss und die Seelenwanderung", in der das Schreckliche noch humoristisch gemildert erscheint und dennoch seinen schwarzen Schatten bereits spürbar entfaltet. Eine echte Entdeckung!
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2012Wahnsinn als Leidenschaft
Zu den Schriftstellern, auf die das Klischee von Genie und Wahnsinn leider zutrifft, gehört Guy de Maupassant (1850 bis 1893): Er litt seit 1877 an Syphilis und starb im besten Mannesalter in einer Nervenklinik. Aus dem Schrecken heraus entstanden Texte, die das Thema beeindruckend gestalten: Der bekannteste ist "Der Horla". Melanie Walz präsentiert nun fünf von ihr übersetzte, teils verspielte, teils abgründige Wahnsinns-Erzählungen. Die längste, ein Kleinod, erscheint dabei erstmals auf Deutsch: "Dr. Gloss und die Seelenwanderung" erzählt von einem friedlichen Privatgelehrten, der ein Manuskript findet. Mit deftiger Ironie beschreibt Maupassant, wie Dr. Gloss, dessen Name Candides unverbesserlichen Lehrer evoziert, erst einen Affen und dann sich selbst für eine Reinkarnation des Pythagoras hält: ". . . nichts bedeutet diese Freude neben der, die Doktor Héraclius Gloss überkam, als er nach so langem Schlingern in der Dünung der Philosophen und auf dem Floß der Ungewissheiten endlich triumphierend und erleuchtet in den Hafen der Seelenwanderung einfuhr." Des Einen Triumph ist des anderen Spott: Als Dr. Gloss sich nicht damit begnügt, mit seinem Hund zu reden, sondern zum militanten Vegetarier wird, erregt er öffentliches Ärgernis - der Weg ins Irrenhaus ist vorgezeichnet. Dort wartet eine Überraschung . . . Die anderen Erzählungen präsentieren einen Mann, den Eifersucht auf ein Pferd quält, einen mordenden Richter, einen Seher unsichtbarer Wesen und einen Liebhaber der Nacht. Als Kaminlektüre unbedingt empfohlen! (Guy de Maupassant: "Dr. Gloss und die Seelenwanderung". Erzählungen. Herausgegeben und aus dem Französischen übersetzt von Melanie Walz. Verlag C. H. Beck textura, München 2012. 126 S., br., 14,95 [Euro].)
nibe
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu den Schriftstellern, auf die das Klischee von Genie und Wahnsinn leider zutrifft, gehört Guy de Maupassant (1850 bis 1893): Er litt seit 1877 an Syphilis und starb im besten Mannesalter in einer Nervenklinik. Aus dem Schrecken heraus entstanden Texte, die das Thema beeindruckend gestalten: Der bekannteste ist "Der Horla". Melanie Walz präsentiert nun fünf von ihr übersetzte, teils verspielte, teils abgründige Wahnsinns-Erzählungen. Die längste, ein Kleinod, erscheint dabei erstmals auf Deutsch: "Dr. Gloss und die Seelenwanderung" erzählt von einem friedlichen Privatgelehrten, der ein Manuskript findet. Mit deftiger Ironie beschreibt Maupassant, wie Dr. Gloss, dessen Name Candides unverbesserlichen Lehrer evoziert, erst einen Affen und dann sich selbst für eine Reinkarnation des Pythagoras hält: ". . . nichts bedeutet diese Freude neben der, die Doktor Héraclius Gloss überkam, als er nach so langem Schlingern in der Dünung der Philosophen und auf dem Floß der Ungewissheiten endlich triumphierend und erleuchtet in den Hafen der Seelenwanderung einfuhr." Des Einen Triumph ist des anderen Spott: Als Dr. Gloss sich nicht damit begnügt, mit seinem Hund zu reden, sondern zum militanten Vegetarier wird, erregt er öffentliches Ärgernis - der Weg ins Irrenhaus ist vorgezeichnet. Dort wartet eine Überraschung . . . Die anderen Erzählungen präsentieren einen Mann, den Eifersucht auf ein Pferd quält, einen mordenden Richter, einen Seher unsichtbarer Wesen und einen Liebhaber der Nacht. Als Kaminlektüre unbedingt empfohlen! (Guy de Maupassant: "Dr. Gloss und die Seelenwanderung". Erzählungen. Herausgegeben und aus dem Französischen übersetzt von Melanie Walz. Verlag C. H. Beck textura, München 2012. 126 S., br., 14,95 [Euro].)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Obwohl der französische Schriftsteller Guy de Maupassant nur 43 Jahre alt wurde, ist sein literarisches Werk so umfangreich, dass sich darin noch 120 Jahre nach seinem Tod unübersetzte Kostbarkeiten finden, berichtet Kristina Maidt-Zinke. Der Band "Dr. Gloss und die Seelenwanderung" mit von Melanie Walz "elegant" ins Deutsche übertragenen Erzählungen konzentriert sich auf den eher düsteren Bereich von Maupassants Schaffen, der etwa den Werken von E.T.A. Hoffmann, Edgar Allan Poe oder Nikolai Gogol vergleichbar ist, so die Rezensentin. Da diese Texte überwiegend aus dem Spätwerk stammen, lassen ästhetische Brüche und unvermittelt hereinbrechende Gewalt (überwiegend an Tieren) das spätere Schicksal Maupassant ahnen, der nach einem Selbstmordversuch in einer Nervenklinik landete, wie Maidt-Zinke weiß, dazwischen zeigen sich aber auch die "ironisch-humoristischen Qualitäten" des Autors.
© Perlentaucher Medien GmbH
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