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"Welche Anne meinst du?" - "Die mit dem behinderten Bruder." Wie kann Lea nur so etwas sagen? Anne will kein Mitleid, weder für sich noch für Jakob. Aus lauter Liebe zu ihrem Bruder zieht Anne einen schützenden Wall um sich und ihre Familie. Sie isoliert sich immer mehr von ihrer Umwelt - und damit auch von ihrer Freundin Lea. Doch Lea ist hartnäckig und lässt sich nicht so leicht abschütteln...

Produktbeschreibung
"Welche Anne meinst du?" - "Die mit dem behinderten Bruder." Wie kann Lea nur so etwas sagen? Anne will kein Mitleid, weder für sich noch für Jakob. Aus lauter Liebe zu ihrem Bruder zieht Anne einen schützenden Wall um sich und ihre Familie. Sie isoliert sich immer mehr von ihrer Umwelt - und damit auch von ihrer Freundin Lea. Doch Lea ist hartnäckig und lässt sich nicht so leicht abschütteln...
Autorenporträt
Renate Welsh wurde 1937 in Wien geboren. Ihre Kindheit verlebte sie in einem Vorort Wiens, wo ihr Vater Arzt war. Nach dem Abitur studierte sie Englisch, Spanisch und Literaturwissenschaften, brach ihr Studium aber nach zwei Jahren ab und arbeitete am British Council in Wien. Nebenberuflich, später freiberuflich war sie als Übersetzerin täumtig. Seit 1969 hat sie dann viele engagierte Kinder- und Jugendbücher geschrieben, für die sie neben zahlreichen anderen Auszeichnungen mehrfach den Österreichischen Staatspreis für Kinderliteratur, den Preis der Stadt Wien und den Deutschen Jugendliteraturpreis erhielt. 1995 wurde ihr Gesamtwerk mit dem Österreichischen Würdigungspreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.11.2010

Süddeutsche Zeitung Junge Bibliothek Band 7

Das Leben mit
Jakob
„Drachenflügel“
von Renate Welsh
Was soll man tun, wenn man einem Behinderten begegnet? Fröhlich lächeln? Wegschauen? Oder krampfhaft Normalität vorspielen? Wer gesund ist, tut sich schwer im Umgang mit Rollstuhlfahrern oder Down-Syndrom-Kindern. Die Unsicherheit nimmt zu, weil viele Behinderte heute, im Zeitalter von Gentests und Pränatal-Operationen, häufig gar nicht mehr zur Welt kommen. Je mehr sie jedoch aus dem öffentlichen Blickfeld verschwinden, umso schwieriger wird der Kontakt zu den wenigen, die es trotz aller medizinischen Fortschritte noch gibt.
Jakob ist schwer behindert, er sitzt im Rollstuhl und braucht Windeln, er kann sich nicht einmal alleine die Nase putzen und seine Hände halten krampfhaft an einer Puppe fest. Seine Schwester Anne liebt ihn trotzdem über alles, sie kann sich ein Leben ohne Jakob nicht vorstellen und nichts ärgert sie so sehr, als wenn andere sie nicht verstehen. Sie hasst die Leute in der Straßenbahn, die aufstehen, wenn sich eine Mutter mit einem behinderten Kind neben sie setzt. Sie hasst auch die, die „unverantwortlich“ und „früher hätte man ...“ murmeln. Und wer einem Spastiker mitleidsvoll über den Kopf streichelt, ist mindestens ebenso schlimm.
Mit ihrer Wut auf eine feindselige Welt kann Anne nur schwer umgehen. Freundinnen hat sie nicht, lieber bleibt sie alleine, als zu sehen, wie die anderen aus ihrer Klasse starren oder wegschauen, wenn sie Jakob sehen. Nur Lea, das neue Mädchen in ihrer Flötenstunde, ist anders. Zunächst. Doch als dann auch Lea hinter ihrem Rücken sie als „das Mädchen mit dem behinderten Bruder“ bezeichnet, ist es ganz aus. Annes Groll überträgt sich auf die ganze Welt, auf die Mutter, die ständig überfordert, nicht mehr verbergen kann, wie sehr die Pflege von Jakob sie belastet, auf den Vater. Nur der Großvater, ein großartiger Geschichtenerzähler und einfühlsamer Mann, der versteht sie. Aber jetzt ist er gerade in Griechenland und kann nicht helfen.
Anne fängt an, die Flötenstunde zu schwänzen, um ja nicht Lea zu begegnen. In der Schule kapselt sie sich noch mehr als sonst ab. Erst als Lea sie zwingt, wieder mit ihr zu sprechen und von Jakob zu erzählen, redet sie sich den Ärger von der Seele. Und langsam wird ihr klar: Ja, ihr Bruder ist behindert. Ja, sie verdächtigt alle, ihn schief anzuschauen, selbst jene, die gar nicht hinschauen. Ja, sie baut eine Mauer um sich und Jakob und lässt niemanden herein. Mit Hilfe von Lea versteht sie allmählich, dass es auch normal ist, wenn Menschen Behinderte erschrocken anschauen und nicht so tun, als sei alles in Ordnung.
Mit ihrer schnörkellosen und trotzdem poetischen Sprache rührt die Wienerin Renate Welsh an. Ganz unpathetisch erzählt sie in „Drachenflügel“ von dem schwierigen Alltag mit einem behinderten Jungen, den seine Familie trotzdem niemals missen möchte. Ein wunderbares Buch. Es sollte gerade in einer Zeit, in der unsere Gesellschaft Behinderungen nahezu ausklammert, Pflichtlektüre sein. (ab 9 Jahre) JEANNE RUBNER
Drachenflügel
Illustration: Kirsten Höcker
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