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Kuczoks preisgekrönter Roman Dreckskerl erzählt von den dramatischen Wendungen der deutschen und polnischen Geschichte im 20. Jahrhundert, deren Gewalt sich im privaten Leben der Familie K. fortsetzt. Einziger Schauplatz ist das vom Vater des "alten K." erbaute Haus, irgendwo im rußgrauen schlesischen Bergbaugebiet. Es überstand die deutsche Besatzung, blieb von Bomben verschont, muß aber nach Kriegsende mit einem proletarischen Ehepaar geteilt werden. Der Krieg geht in der nächsten Generation weiter ein Krieg der vergifteten Seelen. Der "alte K." züchtigt sein Kind, den Ich-Erzähler, mit der…mehr

Produktbeschreibung
Kuczoks preisgekrönter Roman Dreckskerl erzählt von den dramatischen Wendungen der deutschen und polnischen Geschichte im 20. Jahrhundert, deren Gewalt sich im privaten Leben der Familie K. fortsetzt. Einziger Schauplatz ist das vom Vater des "alten K." erbaute Haus, irgendwo im rußgrauen schlesischen Bergbaugebiet. Es überstand die deutsche Besatzung, blieb von Bomben verschont, muß aber nach Kriegsende mit einem proletarischen Ehepaar geteilt werden.
Der Krieg geht in der nächsten Generation weiter ein Krieg der vergifteten Seelen. Der "alte K." züchtigt sein Kind, den Ich-Erzähler, mit der Peitsche. Ein gescheiterter Künstler, sieht er sich in der Umgebung von Bergleuten, in Schmutz, Gestank und Verwahrlosung, vom kommunistischen System aller Lebenschancen beraubt und tobt seine Frustration an dem Jungen, dem "Dreckskerl ", aus bis dieser zum Gegenschlag ausholt.
Kuczoks "Antibiographie", ein nachtschwarzer Familienroman, hat in Polen lebhafte Debatten hervorgerufen. Dabei ist seine Erzählweise von sozialkritischer Literatur äonenweit entfernt. Sein Blick ist kalt, sein Ton sarkastisch, dennoch glüht in diesem Buch ein Zorn. Er treibt die Sätze voran und schärft sie zu virtuosen Wortspielen, zu Ironie und Witz.
Autorenporträt
Kuczok, Wojciech
Wojciech Kuczok, 1972 in Chorzów/Oberschlesien geboren, debütierte 1996 als Lyriker. Er arbeitete als Journalist, Filmkritiker und Drehbuchautor. Bekannt wurde er mit seinen Erzählungen und seinem Roman Dreckskerl, für den er 2004 den wichtigsten polnischen Literaturpreis, den NIKE, erhielt. Die Verfilmung des Textes nach einem Drehbuch des Autors gewann 2004 auf dem Filmfestival in Gdynia den Hauptpreis. Das Buch wurde in fünfzehn Sprachen übersetzt. Sein zweiter Roman, Sennosc (dt. Lethargie), und der gleichnamige polnische Film erschienen 2008. Kuczok war 2009/2010 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Er lebt in Chorzów.

Leupold, Gabriele
Gabriele Leupold ist Übersetzerin aus dem Russischen (u. a. Michail Bachtin, Vladimir Sorokin, Michail Ryklin) und Veranstalterin von Workshops für Übersetzer und Studierende. Für ihre Arbeit erhielt sie mehrere Preise, u.a. den Celan Preis (2002) für die Übersetzung von Andrej Belyjs Petersburg, sowie den Johann-Heinrich-Voß-Preis (2012).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2007

Genie und Wahnsinn
Der "lange Tag der Bücher"

Was haben Dichter und Manager gemeinsam? Beide ticken nicht richtig. Ob es tatsächlich eine Symbiose von Genie und Wahnsinn gibt, ist zwar nach wie vor umstritten. Doch bleibt diese Kategorie nun nicht mehr exzentrischen Künstlern vorbehalten: Auch Topmanager leiden gelegentlich unter Schöpfungsdrang, Hypomanie und Selbstüberschätzung, so die jüngsten Erkenntnisse der Wissenschaft. Welcher Ort wäre also für den "langen Tag der Bücher" geeigneter als das Schauspiel Frankfurt, eine Oase der Musen, eingeschlossen von den Wolkenkratzern der Hochfinanz?

Das Thema der diesjährigen Veranstaltung lautete "Idioten?", wozu eben, nach obiger Definition, auch Dichter und Manager gehören. Zumindest für Werner Söllner vom Hessischen Literaturforum, der die erste Lesung zu Ernst Herbeck moderierte. Der verstorbene Autor litt an Schizophrenie, das Verfassen von Gedichten empfahl ihm sein Psychiater als Therapie. In den Kanon der klassischen Literatur hat es seine Lyrik zwar nicht geschafft. Dafür erscheint sie aber in der "Edition Büchergilde", die sich mit der Reihe "Die tollen Hefte" der Buchillustration verschrieben hat.

Abwertend war die Bezeichnung "Idioten" also nicht gemeint, zumal Söllner den Autor ob seiner mentalen Verfassung in die Nähe musischer Grenzgänger wie Hölderlin, Mozart und Schumann rückte: Geistige Verwirrung als Selektionsvorteil für künstlerisch Begabte, die an der Gesellschaft leiden. Oder eben für rücksichtslose Firmenbosse, an denen die Gesellschaft krankt.

Zwölf Verlage, zwölf Lesungen, von morgens bis tief in die Nacht: Das Programm reichte vom Krimi und Wissenschaftsroman bis zum Kinderbuch. Bekannte Topoi wie der Vater-Sohn-Konflikt oder der Aufenthalt im Sanatorium durften dabei nicht fehlen. Schon die zweite Lesung handelte von einem obdachlosen Ausreißer namens Schluckebier, dessen Vater zu Gewaltausbrüchen neigte, was das spätere Verhältnis des Buben zu jedweder Autorität empfindlich belasten sollte - vor allem, wenn sie in der Gestalt von Ordnungshütern auftrat. "Schluckebier" ist das literarische Debüt von Georg Glaser, ein wiederentdeckter Roman aus dem Jahr 1932, der jetzt im Stroemfeld-Verlag erscheint.

Unter den Schlägen des autoritären Vaters leidet ebenso eine andere Romanfigur, die den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Dreckskerl" trägt. Das gleichnamige Buch des polnischen Autors Wojciech Kuczok handelt von einem Jungen, der ob der häuslichen Tyrannei ständig kränkelt, weshalb ihn seine Eltern zur Entschwächlichung ins Sanatorium schicken. In "Sanfte Illusionen" von Carsten Otto ist gleich die ganze Stadt ein Sanatorium: der Kurort Baden-Baden als Rückzugsgebiet für betagte Weltflüchtige. Thomas Mann lässt grüßen.

Vorgetragen wurde im eigens etablierten Lese-Café und im Chagallsaal, doch wer mochte, konnte dank der aufgestellten Lautsprecher auch bequem auf den Sofas in der Diele lümmeln und zuhören oder schmökern. Die Lesefreude schienen alle Besucher zu teilen, das äußere Erscheinungsbild variierte von herausgeputzt (häufig) bis heruntergekommen (selten). Abweichendes Verhalten aber blieb am langen Tag der Bücher erfreulicherweise aus.

ERIK ZYBER

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Ina Hartwig lässt in ihrer eingehenden Kritik von Wojciech Kuczoks Roman "Dreckskerl" ihrer Begeisterung freien Lauf. Gleich bei seinem Erscheinen 2003 ist der Debütroman mit dem wichtigsten polnischen Literaturpreis ausgezeichnet worden, berichtet die Rezensentin, die Kuczoks Generationenroman mit seinem satirischen Grundton an Jean Pauls Werke oder den "Don Quixote" erinnert. Seinen Untertitel "Antibiografie" trägt der Roman ihrer Ansicht nach zu Recht, denn bei den Demütigungen und Züchtigungen des sadistischen Vater, unter denen der Ich-Erzähler aufwächst, lässt sich kaum eine gefestigte Identität ausbilden, wie sie einsieht. Kuczok schaffe es in faszinierender Weise, die komplexen Handlungsstränge in der Vergangenheit und der Gegenwart des Romans zusammenzuführen und ist auch zu klug, sich zu einem wohlfeilen glücklichen Ende verführen zu lassen, stellt die Rezensentin mit Befriedigung fest. Ein rundum geglückter Roman, der bei all der peinigenden Düsternis auch sehr komisch ist, versichert Hartwig.

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