Im Schatten einer großen, mit frischem Frühlingsgrün belaubten Buche, unweit eines mitteldeutschen Bahnhofes, hielt ein mit zwei Schimmeln bespannter offener Wagen; darin saß in die gelblichen damastenen Kissen zurückgelehnt eine jugendliche, in Grau gekleidete Frauengestalt; sie hatte die Arme übereinander gelegt, und hielt ihre großen dunklen Augen nach dem Gebirge gerichtet, das in schön geschwungener Wellenlinie vor ihr lag. Jetzt warf sie den Kopf zurück, auf dem eine Art modischen Tirolerhutes mit durcheinander wehenden grünen Hahnenfedern saß; sie erhob sich, nahm eine in grau Leinen gebundene Mappe aus der Seitentasche des Wagens und begann zu zeichnen, bald rasch in die Landschaft hinausschauend, bald den Blick streng auf das Papier geheftet. Ihre Züge nahmen einen tiefernsten Ausdruck an, das längliche Gesicht, etwas bräunlich angehaucht, von nicht mehr erster Jugendfrische, durchzog sich mit einer leichten Röthe. Sie preßte den schöngeschnittenen Mund, auf dessen Oberlippe sich ein leichter Flaum zeigte, wie in Aerger zusammen; ihre Arbeit schien sie nicht zu befriedigen; sie setzte mehrmals ab, schüttelte den Kopf, ja sie schlug sogar einmal das Buch zu. Vor sich hinnickend, wie sich selber Muth zusprechend, öffnete sie es wieder und arbeitete weiter; allgemach gewannen ihre Mienen einen beruhigten, ja fast zufriedenen Ausdruck.
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