Mit dem Roman „Drei Frauen“ lernen wir einen unbekannten Simenon kennen: es gibt kein Verbrechen und damit auch keine Ermittlungen und die Lösung eines Kriminalfalles. Zwar taucht gleich am Anfang ein Kommissar auf, der die bekannte Fallschirmspringerin Sophie Emel aufsucht, die mit ihrer Freundin
Lélia, einer Nachtclubsängerin, zusammenwohnt.
Der Kommissar kommt in Sorge um Sophies Großmutter.…mehrMit dem Roman „Drei Frauen“ lernen wir einen unbekannten Simenon kennen: es gibt kein Verbrechen und damit auch keine Ermittlungen und die Lösung eines Kriminalfalles. Zwar taucht gleich am Anfang ein Kommissar auf, der die bekannte Fallschirmspringerin Sophie Emel aufsucht, die mit ihrer Freundin Lélia, einer Nachtclubsängerin, zusammenwohnt.
Der Kommissar kommt in Sorge um Sophies Großmutter. Die alte Juliette wohnt in einem Abrisshaus und weigert sich auszuziehen, obwohl Strom, Wasser und Gas schon vor über einem Jahr abgestellt worden sind. Die Polizei ist gegen die störrische Alte machtlos, denn sie droht, sich aus dem Fenster zu stürzen, falls man mit Gewalt in ihre Wohnung eindringt. Einen Skandal möchte man auf jeden Fall vermeiden.
Obwohl Sophie die ganzen Jahre kaum Kontakt zu ihrer Großmutter hatte, bietet sie ihr an, bei ihr zu wohnen. Hier könnte sie eine Kammer beziehen. Wider Erwarten willigt die alte Juliette ein, jedoch unter der Bedingung, dass sie einen Großteil ihres alten Mobiliars mitbringen darf.
Also zieht Juliette bei Sophie und Lélia ein. Doch bald beginnen die Probleme, denn die Großmutter bringt die Gewohnheiten der beiden jungen Frauen völlig durcheinander. Das erste Gezänk gibt es, als die Alte mehr Möbel mitbringt, als überhaupt in ihre kleine Kammer passen. Darunter ein alter gusseiserner Ofen, obwohl Sophies Wohnung eine Zentralheizung besitzt.
Zunächst überspielt Sophie die Wunderlichkeiten ihrer Großmutter noch mit Gelassenheit, doch das Verhältnis wird immer angespannter. Ein Streitpunkt ist z. B. Sophies ständiges Heimkommen in den frühen Morgenstunden. Zwischen Großmutter und Enkelin entwickelt sich ein regelrechter Machtkampf, bei dem Lélia nur Zuschauerin ist. Ausführlich und meisterhaft schildert Simenon das feindselige Zusammenleben der vier Frauen (einschließlich des Dienstmädchens). Ein weiterer Aspekt des Romans ist der Umbau von Paris, der immer wieder erwähnt wird.
„Drei Frauen“ zeigt mit seiner Darstellung der unterschiedlichen Charaktere schließlich doch einen bekannten Simenon. Der Roman erschien 1959 unter dem Originaltitel „La vieille“. Bereits ein Jahr später wurde die deutsche Erstausgabe unter dem Titel „Die Großmutter“ veröffentlicht. Die vorliegende Übersetzung erschien 1978 erstmals im Diogenes Verlag und wurde jetzt für die neue Edition der „Ausgewählten Romane“ noch einmal überarbeitet.