Sie beobachtet ihre Opfer. Sie plant ihre Morde. Nichts will sie dem Zufall überlassen. Sie schlägt den Weg der Gewalt jedoch nicht ohne Grund ein. Ihr Leben lang bemühte sie sich um ein normales Leben. Doch die Hülle der Normalität umschloss eine tiefe Verzweiflung, die sie zu verbergen wusste. Bis zu einem nebligen Donnerstag im November. Dem Tag, an dem sie beschließt, eine Mörderin zu werden. Sie will die Dämonen vernichten. Sie will Rache. Sie empfindet kein Mitleid. Sie sollen leiden. Genau wie sie.
buecher-magazin.de"An einem nebligen Donnerstag im November des vorletzten Jahres wurde ich zertrümmert." Nach einem Prolog, in dem sich die Ich-Erzählerin als ungewöhnliches fantasievolles Kind erweist, folgt diese Feststellung. Denn sie, deren Namen nicht genannt wird, hat sich zuvor bemüht, die Erwartungen zu erfüllen, die ihre Eltern, die Gesellschaft und auch sie selbst an sie stellten: Sie hat studiert, einen guten Job gehabt und war kurz davor, sich zu verloben. Aber dann kam dieser Tag und fortan spricht sie von sich als Wölfin, die eine Gruppe von Männern, die verstreut in der Bundesrepublik lebt, aufspüren, jagen und töten will. Die sich wiederholende Metaphorik von der Wölfin, das Reden vom Ich sowie die geschilderte Gewalt sind zu überdeutlich, aber Marina Heib gelingt es, ein spannendes Psychogramm ihrer zur Rächerin gewordenen Ich-Erzählerin zu entwerfen, das gerade aufgrund dieser Reibungspunkte fasziniert. In wechselnden Kapiteln ist zu erfahren, wie sie zum einen die Männer aufsucht, beobachtet und tötet und zum anderen zu derjenigen wurde, die sie nun ist. Schon früh drängt sich ein Verdacht auf, der erst spät im Buch angesprochen wird. Dieser Höhepunkt hätte vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt kommen können, da sich hieraus interessante Fragen ergeben.
© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
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"Psychologisch hübsch abgründiger Schauerroman." LiteraturSpiegel