Hans Platzgumer hat mich mit seinem Schreib- und Erzählstil, der so wunderbar lässig ist und doch nie ins Flapsige abdriftet, sondern ganz entspannt auch schon mal poetische Höhen erreicht, von den ersten Zeilen an begeistert.
Die Geschichte erschien mir etwas seltsam (was ich immer gut finde) und
zart. Sie bewegt sich jenseits von Klischees, nimmt gerne einen unerwarteten Verlauf und vermeidet…mehrHans Platzgumer hat mich mit seinem Schreib- und Erzählstil, der so wunderbar lässig ist und doch nie ins Flapsige abdriftet, sondern ganz entspannt auch schon mal poetische Höhen erreicht, von den ersten Zeilen an begeistert.
Die Geschichte erschien mir etwas seltsam (was ich immer gut finde) und zart. Sie bewegt sich jenseits von Klischees, nimmt gerne einen unerwarteten Verlauf und vermeidet große Dramen. Und doch geschieht so viel, wird so viel erlebt und gefühlt und ich fühlte mich ganz im Bann der Erzählung.
Gelungen fand ich auch die Wahl und Beschreibung der Schauplätze – von der Hitze Marseilles bis zur grausamen Eiseskälte von Montréal fühlte ich mich als Leserin immer wie am Ort des Geschehens. Platzgumer schafft so herrlich obskure Orte wie ein kleines Hotel mit Meerblick, das in der Regel keine Gäste wünscht, und lässt sogar einen Einkaufswagen zu einem faszinierenden, schicksalsträchtigen Ort werden ...
Der Hauptfigur François fühlte ich mich sehr nahe, auch wenn ich ihn nicht immer verstand – warum nur interessiert es ihn so wenig, woher das Geld, das er in dem merkwürdigen Hotel verdient, kommt? Mir hätte das Sorgen gemacht ... Andererseits arbeiten so viele Menschen für Unternehmen, die ganz legal der Gesellschaft oder sogar dem ganzen Planeten Schaden zufügen ... vielleicht hat François auch einfach nur ein realistischeres Weltbild als ich. Und eigentlich ist es auch genau das, was mir an ihm so gefällt: dass er andere Menschen nicht so schnell verurteilt und sie so annimmt, wie sie sind.
Ein großes Thema war für mich in diesem Roman die Verlorenheit der Menschen in der Welt. Das erinnerte mich ein bisschen an ein Zitat von Alma Mahler-Gropius, das ich gerade in einem anderen Buch gelesen hatte: "Wie behütet war ich doch als Kind, und wie fremd steht man später in der Welt." (Unda Hörner: "1919 - Das Jahr der Frauen", S. 176) Gerade François jedoch, der als Findelkind sogar schon verloren in die Welt startete, erhellt dieses dunkle Thema auf wundersame Weise mit seiner tröstlichen inneren Überzeugung, immer wieder gefunden zu werden ... Was für ein schöner Gedanke!
So habe ich diese Geschichte sehr genossen und empfand sie wie eine wunderschöne Hymne an das Leben, die alltäglichen Wunder der Welt, ganz besonders jedoch an die Erzählkunst!