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Deutsche Abenteuer - gibt es so etwas? Wolfgang Büscher erlebt sie und berichtet darüber. Er nähert sich den "drei Stunden Null" 1945, 1968 und 1989, beschreibt Berlin und seine Veränderungen, beschreibt den letzten Flug des Bombers Betty Lou und trifft die in skurrile Geschäfte verwickelte transsylvanische Sophie. Entstanden ist so ein Geschichts- und Generationsbuch, eine wahre Erkundung des eigenen Landes. Wolfgang Büscher gilt seit seinem eindrucksvollen Bestseller "Berlin-Moskau. Eine Reise zu Fuß" als Deutschlands überragender Reiseschriftsteller.

Produktbeschreibung
Deutsche Abenteuer - gibt es so etwas? Wolfgang Büscher erlebt sie und berichtet darüber. Er nähert sich den "drei Stunden Null" 1945, 1968 und 1989, beschreibt Berlin und seine Veränderungen, beschreibt den letzten Flug des Bombers Betty Lou und trifft die in skurrile Geschäfte verwickelte transsylvanische Sophie. Entstanden ist so ein Geschichts- und Generationsbuch, eine wahre Erkundung des eigenen Landes. Wolfgang Büscher gilt seit seinem eindrucksvollen Bestseller "Berlin-Moskau. Eine Reise zu Fuß" als Deutschlands überragender Reiseschriftsteller.
Autorenporträt
Wolfgang Büscher, geboren 1951 bei Kassel, ist Schriftsteller und Autor der 'Welt'. 'Er hat der Reiseliteratur', wie es im 'Deutschlandfunk' hieß, 'zu neuem Glanz verholfen.' Zu seinen Veröffentlichungen zählen 'Berlin - Moskau' (2003), 'Deutschland, eine Reise' (2005), 'Hartland' (2011) und 'Ein Frühling in Jerusalem' (2014). Für sein Werk wurde Wolfgang Büscher vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Kurt-Tucholsky-Preis, dem Johann-Gottfried-Seume-Literaturpreis und dem Ludwig-Börne-Preis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.1998

Reden über Papua-Neuguinea
Exzellent geschriebene Reportagen aus dem Land der Nachdichter und Nachdenker

Wolfgang Büscher: Drei Stunden Null. Deutsche Abenteuer. Alexander Fest Verlag, Berlin 1998. 175 Seiten, 36,- Mark.

"Deutschland scheint ein merkwürdig sperriger Erzählgegenstand zu sein", heißt es im Klappentext des Buches von Wolfgang Büscher. "Zwar gibt es das sich von Gedenktag zu Gedenktag schleppende ,Reden über Deutschland', aber ein ernsthaftes, konkretes Interesse an diesem Land ist eher selten." Darüber ließe sich streiten.

Die Reihe derer, die bereits mit "Reden über Deutschland" oder dem noch etwas feierlicheren "Nachdenken über Deutschland" hervorgetreten sind, ist lang. Wahrhaft ausgiebig und erschöpfend ist in den letzten Jahren über Deutschland geredet und nachgedacht worden, ohne daß die Redner und Nachdenker von Zweifeln an der Weihefülle ihres Redens und Nachdenkens beschlichen worden wären. Außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen wirkt die nationale Nabelschau leicht peinlich.

Bulgaren, die sich mit "Reden über Bulgarien" beschäftigen, fänden hierzulande ebensowenig Gehör und Verständnis wie Fidschianer, die sich das "Nachdenken über Fidschi" zur Aufgabe gemacht hätten. Reichlich bizarr nähme sich auch folgender Klappentext aus: "Papua-Neuguinea scheint ein merkwürdig sperriger Erzählgegenstand zu sein. Zwar gibt es das sich von Gedenktag zu Gedenktag schleppende ,Reden über Papua-Neuguinea', aber ein ernsthaftes, konkretes Interesse an diesem Land ist eher selten..."

Den sperrigen Erzählgegenstand Deutschland handhabt der Journalist Wolfgang Büscher jedoch überraschend elegant. Seine lose miteinander verbundenen Berichte über Rußlanddeutsche, die sich zur Ausreise rüsten, die Belagerung Breslaus am Ende des Zweiten Weltkriegs, den Absturz eines amerikanischen Bombers im Erzgebirge oder den Aufstieg, den Fall und den gewaltsamen Tod eines westdeutschen Wurstfabrikanten haben nichts von der pastosen Schulfunk-Ödnis, die der Klappentext und der bedeutungsschwangere Titel ("Drei Stunden Null") androhen.

Der Versuchung, einen herzlich flachen Gedanken als tiefen zu kostümieren, erliegt der brillante Stilist Büscher nur ein einziges Mal. Daß Ferdinand Porsche, des Führers Ingenieur, und Konrad Henlein, der nationalsozialistische Gauleiter im Sudentenland, aus dem gleichen Dorf stammen, bringt Büscher ins Grübeln. "In ihnen betrachtet sich das Jahrhundert als Doppelporträt: Zoon politikon und Homo faber, ein fremdes, fatales Paar. Der Mann der Bewegung und der Mann beschleunigter Fortbewegung. Zwei Weltbeschleuniger, made in Maffersdorf: Immer höher stapelt der thesenschwere deutsche Kopf die Begriffe, bestrebt, sich einen Reim auf das Maffersdorfer Gleichnis zu machen." Was Büscher als Gleichnis ausgibt, ist, bei Licht besehen, aber nur ein herzlich uninteressanter Zufall; ebensogut könnte man darüber philosophieren, was es zu bedeuten haben mag, daß Theodor W. Adorno und Franz Beckenbauer am gleichen Tag Geburtstag haben.

Büschers Stärke liegt in der Detailbeschreibung. Während auf den Straßen die außerparlamentarische Opposition Partei für den Vietcong ergriff, stand der Gymnasiast Büscher noch unter der Fuchtel schwarzer Pädagogen: "Unser Kunstlehrer, ein vertriebener Schlesier, war ein leicht erregbarer, cholerischer Mensch. Aber jedesmal, wenn er uns anschrie, mit der Holzlatte nach uns schlug, in der Dunkelheit eines Diavortrags einen Dösenden beschlich, ertappte und in die Wange kniff, was sehr schmerzhaft war, tat er es um der Kunst willen. Er wütete, nicht weil er ein Sadist, sondern weil er außerstande war, uns als Schulkinder zu sehen und sich als Lehrer." Den Paukern alten Schlages hatte 1968, auch wenn sie es noch nicht ahnten, bereits die Stunde geschlagen; nicht anders als den Frontstadt-Bohemiens im November 1989.

Den historischen Moment, in welchem sich ein schwerbepackter Begrüßungsgeldempfänger in einem Westberliner Café niederließ, das er irrtümlich für eine Mitropa-Filiale hielt, schildert Büscher als Augenzeuge. Von den Gästen kannte keiner den Fremden aus Ost-Berlin: "Aber wer ihn eintreten und seine Säcke, erst den mit den Orangen, dann den mit den Bananen, vorsichtig absetzen sah und in einem Berlinerisch, das man hier nie gehört hatte, in die Stille hinein ,Kaffekonjack' bestellen hörte, begriff: Die Party ist aus. Sie sind da."

Das Glanzstück des Buchs ist die Reportage von einer Wanderung rund um Berlin. Schönheit und Tristesse der Provinz, "wo die Linden blühten und die Gartenzwerge marxistische Bärte trugen", führt Büscher anschaulich und mit subtiler Komik vor Augen: "Einer wohnte An der Schutzbepflanzung Nummer eins. Ein anderer hatte ein Messingschild an seinen Zaun geschraubt: Identity Styling. Dekorative Akzentuierung der Persönlichkeit. Und die Müllers hatten ans Tor geschrieben: Hier wohnen, lieben, lachen die Müllers." Für Wanderer war die Strecke, auf der Büscher sich bewegte, nicht vorgesehen; mitunter waren Panzersperren und hohe Stacheldrahtzäune zu überwinden.

Auf Dorfbewohner und eiligere Verkehrsteilnehmer mußte der einsame Wandersmann befremdlich wirken, und die Blicke, die er ihnen schenkte, waren die eines seinerseits befremdeten Ethnologen, der sich so seine Gedanken machte über das, was er sah, seien es wilde Sperrmülldeponien, Wohnmobile, Schwalbennester, Hofhunde, mit Holzmaserfolien beklebte Küchenhängeschränke oder vorüberschwirrende Radfahrer: "Ihre metallicfarbenen Leibchen erinnerten an die buntmetallischen Körper von Libellen, ihre strampelnden Beine an unablässig sich reibende Fliegenbeinchen, ihre Pilzhauben und UV-sicheren Knopfaugen an Großaufnahmen horniger Käfer. Hätte ich einen angesprochen, er hätte mich so wenig verstanden wie eine Fliege. Wäre ich tot umgefallen, er hätte mich dreimal umkreist, berüsselt, wäre weitergeflogen."

In seinen besten Passagen erinnert Büschers Wanderungsbericht an Rolf Dieter Brinkmanns späte Gedichte: "Zerstörte Landschaft mit / Konservendosen, die Hauseingänge / leer, was ist darin? Hier kam ich / mit dem Zug nachmittags an, / zwei Töpfe an der Reisetasche / festgebunden..." Der Sound, in dem Brinkmanns lyrisches Ich vor einem Vierteljahrhundert von seiner Gefangenschaft in der Leere und Langeweile der deutschen Provinz gesprochen hat, klingt auch aus Büschers lakonischen Reisenotizen: "Wernsdorf hatte ein Zentrum ganz aus Wehmut und Holz. Fast alle Türen und Läden waren zu, und durch die vernagelten Brettergassen an der Main Street wehte der Wind Fetzen. Die Melancholie des Westens stand darin wie ein Duft, der ,Indian Summer' heißen müßte oder besser ,After the Goldrush', sonst stand hier niemand." Wer wissen möchte, wie es um die blühenden Landschaften bestellt ist, kann es bei Büscher nachlesen, und wer keine pompöse Abhandlung über die drei "Nullstunden" der deutschen Nachkriegsgeschichte - 1945, 1968 und 1989 - erwartet, sondern eine Sammlung exzellent geschriebener Reportagen, kommt bei ihm auf seine Kosten.

GERHARD HENSCHEL

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... ein sehr tiefes und persönliches Graben in der Zeitgeschichte. Der Spiegel