Georges Simenon (1903-1989) ist eigentlich als exzellenter Kriminalschriftsteller ein Begriff. Dass er auch Liebesgeschichten geschrieben hat, ist dagegen weniger bekannt. Ein überzeugendes Beispiel ist der Roman „Drei Zimmer in Manhattan“, der jetzt in der Reihe „Ausgewählte Romane“ im Diogenes
Verlag vorliegt.
Simenon erzählt darin die kurze Geschichte, oder genauer gesagt die Begegnung,…mehrGeorges Simenon (1903-1989) ist eigentlich als exzellenter Kriminalschriftsteller ein Begriff. Dass er auch Liebesgeschichten geschrieben hat, ist dagegen weniger bekannt. Ein überzeugendes Beispiel ist der Roman „Drei Zimmer in Manhattan“, der jetzt in der Reihe „Ausgewählte Romane“ im Diogenes Verlag vorliegt.
Simenon erzählt darin die kurze Geschichte, oder genauer gesagt die Begegnung, zweier einsamer Menschen, des alternden Francois Combe und der dreißigjährigen Kay Larsi in New York. Sie treffen sich zufällig nachts in einer heruntergekommenen Bar von Manhattan. Francois ist ein französischer Schauspieler, der von seiner Frau verlassen, sich in der Metropole mehr schlecht als recht durchschlägt und auf ein Engagement wartet. Die geschiedene Kay ist die Exgattin eines Botschafters, sie ist völlig mittellos, anhänglich und sucht im Alkohol zu vergessen.
Nach dem ersten Kennenlernen in der Bar streifen sie durch Manhattan und kehren immer wieder in einer Bar ein. Nach diesem nächtlichen Streifzug verbringen sie zwei Nächte in einem billigen Hotel. Erst danach wagt es Francois, seine neue Bekanntschaft in sein schäbiges Zimmer mitzunehmen. Die im Romantitel erwähnten drei Zimmer sind das von Francois, Kay und das Hotelzimmer.
Die Einsamkeit, das Alleinsein hat Francois und Kay zusammengeführt. Sie lieben sich, steigen ins Bett, um sich im nächsten Moment zu schlagen. Sie erkennen zwar, dass sie das gleiche Schicksal verbindet, dass sie quasi füreinander geschaffen sind - doch wohin das Schicksal sie führen wird, wissen sie nicht - vielleicht ist es ihnen auch nicht wichtig.
Der handlungsarme Roman lebt vor allem von den Dialogen (und Selbstgesprächen) der beiden Liebenden. Dabei ist es vor allem Kay, die von ihrem Leben und ihren Träumen erzählt, während Francois mehr der schweigende Zuhörer ist.
Der Liebesroman ist autobiografisch geprägt, Simenon hat damit seiner zweiten Frau Denyse ein Denkmal gesetzt. Er verarbeitete darin den Beginn ihrer Beziehung. 1965 wurde „Drei Zimmer in Manhattan“ verfilmt, mit Annie Girardot und Maurice Ronet in den Hauptrollen.
Der Roman über eine zwiespältige Liebesbeziehung erschien 1946 unter dem Originaltitel „Trois chambres à Manhattan“. Die deutsche Erstausgabe des Romans wurde 1959 veröffentlicht. Die vorliegende Übersetzung erschien erstmals 1978 im Diogenes Verlag und wurde jetzt für die neue Edition der „Ausgewählten Romane“ noch einmal überarbeitet.
Manfred Orlick