Dresden, die symbolische Stadt, zeigt sich in einer Wirklichkeit, die von Geschichte gespeist wird. Aus ihren Brüchen, ihren Überlieferungen bildet sich eine Gegenwart, die voller Kontraste ist: eine Stadt auf der Suche nach sich selbst. »Dresdner Ansichten« zeichnen und entwerfen ihr Bild.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.1995Deutschland
"Dresdner Ansichten. Spaziergänge und Erkundungen". Von Friedrich Dieckmann. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1995. 196 Seiten mit teils farbigen Abbildungen. Broschiert, 24,80 Mark.
ISBN 3-458-33466-1.
Der Untertitel dieser Sammlung verschiedener Aufsätze, die zwischen 1979 und 1993 entstanden sind, macht deutlich, daß es dem Autor nicht um eine endgültige und umfassende Darstellung der Stadt gehen kann. Seine "Spaziergänge und Erkundungen" unternehmen vielmehr den Versuch einer vorsichtigen Annäherung, umkreisen die Wirklichkeit ebenso wie das Symbolhafte der Stadt, das sich für Dieckmann vor allem in zwei Bauwerken verdichtet: der Frauenkirche und der SemperOper. Dieckmann plädiert nachhaltig für die "Wiedergewinnung der Frauenkirche": "Mit dem Turm der Hofkirche, der das Inferno überstand, und dem Schloßturm, der seit kurzem in neuer Schönheit wieder zur Stelle ist, bildet die Frauenkirche einen Dreiklang, dessen Wiedergewinnung andere Verluste nicht aufwiegt, aber mildert." Auch der in den achtziger Jahren vollendete Wiederaufbau der Semper-Oper gehört zu jenen Projekten, die der Stadt ihr Gesicht und damit ihre Identität zumindest teilweise wiedergeschenkt haben. Anläßlich der Baugeschichte der Oper im 19. Jahrhundert dehnt Dieckmann den Kreis seiner Erkundungen weit aus, gelangt über die Semper-Bauwerke bis nach Wien - und doch immer wieder nach Dresden zurück. Die Geschichte der Bauwerke Dresdens wird bei Dieckmann zur Geschichte der vergangenen hundert Jahre, beginnend mit dem Ausklang des bürgerlichen Zeitalters, durch die Wirren der beiden Kriege gipfelnd in der Zerstörung der Stadt, die auch nach 1945 noch fortgesetzt wurde, bis hin zu jener "Zeitenwende" des Jahres 1989, aus der die Stadt mit großen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft hervorging. Diese Hoffnung manifestiert sich im Wiederaufbau der Frauenkirche: "Alte und neue Quader Stein für Stein zu einem neuen Haus zu fügen - das ist maßvolles und sinnenhaftes Tun; es ist zeitwidrig und darum zeitgemäß; es ist anachronistisch, also notwendig. Es bietet die Ansicht, die uns fehlt, es gibt uns die Aussicht, die wir brauchen." (mab.)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Dresdner Ansichten. Spaziergänge und Erkundungen". Von Friedrich Dieckmann. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1995. 196 Seiten mit teils farbigen Abbildungen. Broschiert, 24,80 Mark.
ISBN 3-458-33466-1.
Der Untertitel dieser Sammlung verschiedener Aufsätze, die zwischen 1979 und 1993 entstanden sind, macht deutlich, daß es dem Autor nicht um eine endgültige und umfassende Darstellung der Stadt gehen kann. Seine "Spaziergänge und Erkundungen" unternehmen vielmehr den Versuch einer vorsichtigen Annäherung, umkreisen die Wirklichkeit ebenso wie das Symbolhafte der Stadt, das sich für Dieckmann vor allem in zwei Bauwerken verdichtet: der Frauenkirche und der SemperOper. Dieckmann plädiert nachhaltig für die "Wiedergewinnung der Frauenkirche": "Mit dem Turm der Hofkirche, der das Inferno überstand, und dem Schloßturm, der seit kurzem in neuer Schönheit wieder zur Stelle ist, bildet die Frauenkirche einen Dreiklang, dessen Wiedergewinnung andere Verluste nicht aufwiegt, aber mildert." Auch der in den achtziger Jahren vollendete Wiederaufbau der Semper-Oper gehört zu jenen Projekten, die der Stadt ihr Gesicht und damit ihre Identität zumindest teilweise wiedergeschenkt haben. Anläßlich der Baugeschichte der Oper im 19. Jahrhundert dehnt Dieckmann den Kreis seiner Erkundungen weit aus, gelangt über die Semper-Bauwerke bis nach Wien - und doch immer wieder nach Dresden zurück. Die Geschichte der Bauwerke Dresdens wird bei Dieckmann zur Geschichte der vergangenen hundert Jahre, beginnend mit dem Ausklang des bürgerlichen Zeitalters, durch die Wirren der beiden Kriege gipfelnd in der Zerstörung der Stadt, die auch nach 1945 noch fortgesetzt wurde, bis hin zu jener "Zeitenwende" des Jahres 1989, aus der die Stadt mit großen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft hervorging. Diese Hoffnung manifestiert sich im Wiederaufbau der Frauenkirche: "Alte und neue Quader Stein für Stein zu einem neuen Haus zu fügen - das ist maßvolles und sinnenhaftes Tun; es ist zeitwidrig und darum zeitgemäß; es ist anachronistisch, also notwendig. Es bietet die Ansicht, die uns fehlt, es gibt uns die Aussicht, die wir brauchen." (mab.)
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