TW: Alkoholmissbrauch
DRY
Christine Koschmieder
gelesen von der Autorin
''Der Alkoholiker, das ist doch bitte der, der vom Stuhl kippt, torkelt, das Gleichgewicht nicht halten kann, Gläser umschmeißt, ausfällig wird, mit rotgeäderten Gesicht auf der Parkbank rumhängt, sein Leben nicht in
den Griff kriegt. Alkoholiker, das sind diejenigen, die sichtbar ein Problem haben, dem alle anderen…mehrTW: Alkoholmissbrauch
DRY
Christine Koschmieder
gelesen von der Autorin
''Der Alkoholiker, das ist doch bitte der, der vom Stuhl kippt, torkelt, das Gleichgewicht nicht halten kann, Gläser umschmeißt, ausfällig wird, mit rotgeäderten Gesicht auf der Parkbank rumhängt, sein Leben nicht in den Griff kriegt. Alkoholiker, das sind diejenigen, die sichtbar ein Problem haben, dem alle anderen ausweichen können.
Nur das mein Problem nicht die Sichtbarkeit ist. Das die bei mir nicht vorhanden ist, sagt nämlich weniger über mein vermeintlich nicht vorhandenes Suchtproblem aus, als mehr über das fehlende Wissen über Sucht und ihre Erscheinungsform. Wenn eine Abhängigkeit sich nicht an Menge, Häufigkeit oder Regelmässigkeit des Alkoholkonsums festmachen lässt und schon gar nicht an seiner Auffälligkeit, weil er viel hinterlistigere Schäden anrichtet. Schäden, die sich oft erst Jahre später zeigen, die viel mit Ehrlichkeit und Beziehungsgestaltung und Vertrauen und Verlässlichkeit und Bindungsfähigkeit zu tun haben. Dinge, die weiter gereicht werden in Partnerschaften und in Familien an Karl, Tilly und Olek, die ich viel zu selten gefragt habe, wie ihr Tag war …’’ (Section 80)
Christine Koschmieder erzählt hier ihre Geschichte: Von ihrer Jugend, diversen Umzügen, von der Scheidung ihrer Eltern, Episoden über die rechthaberische und alkoholkranke Mutter, wie sie ihre drei Kinder von drei Männern bekam, ihr Mann den Kampf mit dem Krebs verlor und zwischendurch wird getrunken, hier und dort, mal mehr und mal weniger. Doch die Lage Zuhause spitzt sich zu: Immer öfter ist Christine überfordert, mag nicht um Hilfe bitten, bekommt trotzdem irgendwie alles geregelt, doch die Kinder haben Angst etwas Falsches am Tisch zu sagen oder ihr die falsche Antwort zu geben, so wird besser am Tisch geschwiegen, damit Mutter nicht gleich wieder ausflippt.
Am Ende weist sich Christine in eine Suchtklinik ein.
Nicht immer war mir Christine sympathisch, zu oft hat mich ihre Geschichte an ‚Die Legende von Paul und Paula‘ erinnert.
Dennoch: Ein ehrliches Buch, das mich doch ab und zu zur Selbstreflexion animiert hat. Eine interessante Geschichte von einer starken Frau, die den Mut hatte sich als Alkoholikerin zu bekennen. Hochachtung von mir.
Lese-/Hörempfehlung von mir.
3½ Sterne