Sie war ungefähr einen Meter groß und hatte sehr lange Arme und Hände, die bestens von Ast zu Ast greifen konnten. Aber sie konnte nicht nur klettern. Sie bewegte sich auch aufrecht, wie man zum Beispiel aus dem Knie ablesen kann. Man fand sie 1974 in Afrika, und es war eine Sensation damals. Yves Coppens hat sich sofort in sie verliebt. Heute weiß man, daß Lucy keineswegs die Älteste ist - die neuesten Funde sind noch einmal drei Millionen Jahre älter. Auf immer neuen Spuren können die Forscher die Menschheitsgeschichte zurückverfolgen. Die Erkenntnisse wachsen, die Methoden verfeinern sich, aber die Grundlagen bleiben. Mit unendlicher Geduld und Genauigkeit, mit einem Höchstmaß an Phantasie - aber natürlich immer, wörtlich und übertragen, auf dem Boden der Tatsachen - müssen die Forscher sich durch Erde und Gestein wühlen. Temperamentvoll und leidenschaftlich erzählt Coppens von den Abenteuern dieses an Rückschlägen und Irrtümern reichen Metiers und läßt uns teilhaben an der Geschichte des Menschen und an der Geschichte seiner Geschichte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2002Evas schönes Knie
Zwei Lese-Expeditionen erschließen die Welt der Frühmenschen
"Es gibt nichts Schöneres, als morgens um fünf Uhr der afrikanischen Sonne entgegenzufahren und dann im hellen Morgenlicht nach Überresten aus der Urzeit zu suchen." Wenn ein Paläoanthropologe so fühlt, dann hat er den richtigen Beruf ergriffen. Schon als Schüler hat Friedemann Schrenk zu Geburtstagen Ammoniten aus der Schwäbischen Alb verschenkt - worüber die Empfänger nicht immer besonders glücklich waren. Noch in der Ausbildung träumte er davon, eine eigene Aktion zur Suche nach prähominiden Fossilien zu starten. In Timothy Bromage, der als Kind Steine aufgesammelt und sie seiner Mutter als uralte Steinwerkzeuge präsentiert hatte, fand er den richtigen Partner. Am Strand von Nizza beschlossen die beiden, in dem zentralafrikanischen Land Malawi Zeugen aus der Vorzeit aufzuspüren. Gemeinsam begründeten sie das "Human Corridor Research Project", das ein Jahrzehnt später von einem grandiosen Erfolg gekrönt werden sollte. Ihre abenteuerliche "Schatzsuche" haben sie auf lebendige Weise in dem Buch "Adams Eltern" beschrieben.
Als Schrenk und Bromage aufwuchsen, war gerade erst Ostafrika in das Blickfeld der Paläoanthropologie gerückt. 1959 hatte dort Mary Leakey einen entscheidenden Hominidenfund gemacht. Sie hatte in Nordtansania den knapp zwei Millionen Jahre alten Schädel eines "Nußknackermenschen" entdeckt, den sie Zinjanthropus boisei nannte. Damit wurde an der Vorstellung gerüttelt, der Mensch stamme aus Europa oder Mittelasien.
Zunächst nicht ernst genommene Hinweise darauf, daß diese Vorstellung eventuell der Revision bedurfte, waren erstmals 1924 in Südafrika aufgetaucht. Dort hatte ein fossiler Schädel Furore gemacht, der bald nur noch "Kind von Taung" genannt wurde. Raymond Dart ordnete ihn vorsichtig als Australopithecus ("Südaffe") ein. Ihn als Vormenschen zu beschreiben, traute er sich noch nicht. Die Erkenntnis, daß der Australopithecus tatsächlich zu den Vormenschen gehört, setzte sich erst viel später durch. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde klar, daß es von ihm in Süd- und Ostafrika viele Vettern und Cousinen gab. Diese beiden Großregionen entpuppten sich als ergiebige Fundgruben für die Paläoanthropologie.
Vieles sprach dafür, daß es auch in dem Korridor zwischen Süd- und Ostafrika Vor- und Urmenschenreste zu entdecken gab. Doch blieben sie zunächst verborgen. Das war die Chance für Schrenk und Bromage, die ihr Lager Anfang der achtziger Jahre am Rande des Malawi-Sees errichteten. Ihr Ziel war es, in dieser Region, in der vor 5 bis 2,5 Millionen Jahren eine abwechslungsreiche Fauna und Flora anzutreffen war, aussagekräftige Fossilien zu sammeln, die seinerzeit herrschenden Umweltverhältnisse zu erkunden - und vielleicht auf Reste der Vor- und Urmenschen zu stoßen.
In dem Buch schildern sie ausführlich, warum Malawi für sie ein geeignetes Land war, welche Bedeutung die Politik für ihre Entscheidung hatte und wieso der ostafrikanische Grabenbruch, der sich bis Malawi erstreckt, ihre Arbeiten begünstigte. Stets haben sie dabei das Gesamtumfeld im Auge. Beispielsweise läßt die Vielfalt in Nahrung oder Ausprägung des vormenschlichen Kauapparats Rückschlüsse auf Klimaveränderungen als Motor der Entwicklung zu.
Im Sommer 1991 stießen die Forscher tatsächlich auf zwei Teile eines rund 2,5 Millionen Jahre alten hominiden Unterkiefers, womit die erste vormenschliche Brücke zwischen Süd- und Ostafrika hergestellt war. Allerdings fehlte dem Kieferrest der Teil eines Backenzahns, den man zur Artbestimmung benötigte. Dieser wurde im folgenden Jahr aus dem Sand geschlämmt. Jetzt konnte der Kiefer dem Homo rudolfensis zugeordnet werden, den Schrenk mittlerweile für den Urvater der Menschheit hält.
In dem zum Teil äußerst humorvoll geschriebenen Buch lassen die Autoren erkennen, wie sehr ihnen nicht nur die Fossilien, sondern auch Malawi und seine Bewohner ans Herz gewachsen sind. Die beiden Forscher beschreiben, wie sie anfangs im Verdacht standen, Leichen auszugraben und zu zerstückeln, dann aber von der Bevölkerung akzeptiert wurden. Die Funde werden bald in einem Museum am Ort des Geschehens zu sehen sein, für das Schrenk mit viel Ausdauer Spender gefunden hat.
Ebenfalls mit dem Ur- und Vormenschen befaßt sich Yves Coppens in dem Buch "Lucys Knie". Coppens war als einer der drei Leiter an der Internationalen Afar-Expedition 1972 bis 1977 beteiligt, der die Entdeckung der Skelettreste von Lucy in Äthiopien zu verdanken ist, dem mittlerweile wohl bekanntesten Beispiel für den Australopithecus afarensis. Dieser Fund wird normalerweise mit Donald Johanson in Verbindung gebracht, dem paläoanthropologischen Leiter der Expedition. Coppens war "nur" für die Paläontologie verantwortlich, was er verschweigt.
Auch Coppens geht in seinem Buch auf die Entwicklung zum modernen Menschen ein - und nicht auf die Entwicklung der Pflanzen und Tiere im allgemeinen, wie der Untertitel des Buches vermuten läßt - sowie auf die Fundgeschichten, wobei er sich über manche Fehldeutungen anderer, besonders früherer Forscher mokiert. Besonders am Herzen liegt ihm Lucy, die Australopithecinen-Frau, deren Anatomie er ausführlich behandelt - einschließlich des Knies, das viel über ihren Gang verrät. Er schildert, wie in der Paläoanthropologie den Jahren der Pioniere die "wilden Jahre" und dann die Jahre der Erben folgten. Unverständlich ist, warum er sich in manchem recht oberflächlich äußert, zum Beispiel 15 bis 20 Millionen Jahre alte Fossilien als vormenschlich einstuft, obwohl sich zu der Zeit die Entwicklungslinien, die einerseits zum Menschen und andererseits zum Affen führten, noch gar nicht getrennt hatten.
GÜNTER PAUL
Friedemann Schrenk, Timothy G. Bromage: "Adams Eltern". Expeditionen in die Welt der Frühmenschen. Aufgezeichnet von Stephanie Müller. Verlag C. H. Beck, München 2002. 255 S., 130 Farb- u. S/W-Abb., geb., 19,90 [Euro].
Yves Coppens: "Lucys Knie". Die prähistorische Schöne und die Geschichte der Paläontologie. Aus dem Französischen von Fritz R. Glunk. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002. 170 S., S/W-Abb., br., 13,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zwei Lese-Expeditionen erschließen die Welt der Frühmenschen
"Es gibt nichts Schöneres, als morgens um fünf Uhr der afrikanischen Sonne entgegenzufahren und dann im hellen Morgenlicht nach Überresten aus der Urzeit zu suchen." Wenn ein Paläoanthropologe so fühlt, dann hat er den richtigen Beruf ergriffen. Schon als Schüler hat Friedemann Schrenk zu Geburtstagen Ammoniten aus der Schwäbischen Alb verschenkt - worüber die Empfänger nicht immer besonders glücklich waren. Noch in der Ausbildung träumte er davon, eine eigene Aktion zur Suche nach prähominiden Fossilien zu starten. In Timothy Bromage, der als Kind Steine aufgesammelt und sie seiner Mutter als uralte Steinwerkzeuge präsentiert hatte, fand er den richtigen Partner. Am Strand von Nizza beschlossen die beiden, in dem zentralafrikanischen Land Malawi Zeugen aus der Vorzeit aufzuspüren. Gemeinsam begründeten sie das "Human Corridor Research Project", das ein Jahrzehnt später von einem grandiosen Erfolg gekrönt werden sollte. Ihre abenteuerliche "Schatzsuche" haben sie auf lebendige Weise in dem Buch "Adams Eltern" beschrieben.
Als Schrenk und Bromage aufwuchsen, war gerade erst Ostafrika in das Blickfeld der Paläoanthropologie gerückt. 1959 hatte dort Mary Leakey einen entscheidenden Hominidenfund gemacht. Sie hatte in Nordtansania den knapp zwei Millionen Jahre alten Schädel eines "Nußknackermenschen" entdeckt, den sie Zinjanthropus boisei nannte. Damit wurde an der Vorstellung gerüttelt, der Mensch stamme aus Europa oder Mittelasien.
Zunächst nicht ernst genommene Hinweise darauf, daß diese Vorstellung eventuell der Revision bedurfte, waren erstmals 1924 in Südafrika aufgetaucht. Dort hatte ein fossiler Schädel Furore gemacht, der bald nur noch "Kind von Taung" genannt wurde. Raymond Dart ordnete ihn vorsichtig als Australopithecus ("Südaffe") ein. Ihn als Vormenschen zu beschreiben, traute er sich noch nicht. Die Erkenntnis, daß der Australopithecus tatsächlich zu den Vormenschen gehört, setzte sich erst viel später durch. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde klar, daß es von ihm in Süd- und Ostafrika viele Vettern und Cousinen gab. Diese beiden Großregionen entpuppten sich als ergiebige Fundgruben für die Paläoanthropologie.
Vieles sprach dafür, daß es auch in dem Korridor zwischen Süd- und Ostafrika Vor- und Urmenschenreste zu entdecken gab. Doch blieben sie zunächst verborgen. Das war die Chance für Schrenk und Bromage, die ihr Lager Anfang der achtziger Jahre am Rande des Malawi-Sees errichteten. Ihr Ziel war es, in dieser Region, in der vor 5 bis 2,5 Millionen Jahren eine abwechslungsreiche Fauna und Flora anzutreffen war, aussagekräftige Fossilien zu sammeln, die seinerzeit herrschenden Umweltverhältnisse zu erkunden - und vielleicht auf Reste der Vor- und Urmenschen zu stoßen.
In dem Buch schildern sie ausführlich, warum Malawi für sie ein geeignetes Land war, welche Bedeutung die Politik für ihre Entscheidung hatte und wieso der ostafrikanische Grabenbruch, der sich bis Malawi erstreckt, ihre Arbeiten begünstigte. Stets haben sie dabei das Gesamtumfeld im Auge. Beispielsweise läßt die Vielfalt in Nahrung oder Ausprägung des vormenschlichen Kauapparats Rückschlüsse auf Klimaveränderungen als Motor der Entwicklung zu.
Im Sommer 1991 stießen die Forscher tatsächlich auf zwei Teile eines rund 2,5 Millionen Jahre alten hominiden Unterkiefers, womit die erste vormenschliche Brücke zwischen Süd- und Ostafrika hergestellt war. Allerdings fehlte dem Kieferrest der Teil eines Backenzahns, den man zur Artbestimmung benötigte. Dieser wurde im folgenden Jahr aus dem Sand geschlämmt. Jetzt konnte der Kiefer dem Homo rudolfensis zugeordnet werden, den Schrenk mittlerweile für den Urvater der Menschheit hält.
In dem zum Teil äußerst humorvoll geschriebenen Buch lassen die Autoren erkennen, wie sehr ihnen nicht nur die Fossilien, sondern auch Malawi und seine Bewohner ans Herz gewachsen sind. Die beiden Forscher beschreiben, wie sie anfangs im Verdacht standen, Leichen auszugraben und zu zerstückeln, dann aber von der Bevölkerung akzeptiert wurden. Die Funde werden bald in einem Museum am Ort des Geschehens zu sehen sein, für das Schrenk mit viel Ausdauer Spender gefunden hat.
Ebenfalls mit dem Ur- und Vormenschen befaßt sich Yves Coppens in dem Buch "Lucys Knie". Coppens war als einer der drei Leiter an der Internationalen Afar-Expedition 1972 bis 1977 beteiligt, der die Entdeckung der Skelettreste von Lucy in Äthiopien zu verdanken ist, dem mittlerweile wohl bekanntesten Beispiel für den Australopithecus afarensis. Dieser Fund wird normalerweise mit Donald Johanson in Verbindung gebracht, dem paläoanthropologischen Leiter der Expedition. Coppens war "nur" für die Paläontologie verantwortlich, was er verschweigt.
Auch Coppens geht in seinem Buch auf die Entwicklung zum modernen Menschen ein - und nicht auf die Entwicklung der Pflanzen und Tiere im allgemeinen, wie der Untertitel des Buches vermuten läßt - sowie auf die Fundgeschichten, wobei er sich über manche Fehldeutungen anderer, besonders früherer Forscher mokiert. Besonders am Herzen liegt ihm Lucy, die Australopithecinen-Frau, deren Anatomie er ausführlich behandelt - einschließlich des Knies, das viel über ihren Gang verrät. Er schildert, wie in der Paläoanthropologie den Jahren der Pioniere die "wilden Jahre" und dann die Jahre der Erben folgten. Unverständlich ist, warum er sich in manchem recht oberflächlich äußert, zum Beispiel 15 bis 20 Millionen Jahre alte Fossilien als vormenschlich einstuft, obwohl sich zu der Zeit die Entwicklungslinien, die einerseits zum Menschen und andererseits zum Affen führten, noch gar nicht getrennt hatten.
GÜNTER PAUL
Friedemann Schrenk, Timothy G. Bromage: "Adams Eltern". Expeditionen in die Welt der Frühmenschen. Aufgezeichnet von Stephanie Müller. Verlag C. H. Beck, München 2002. 255 S., 130 Farb- u. S/W-Abb., geb., 19,90 [Euro].
Yves Coppens: "Lucys Knie". Die prähistorische Schöne und die Geschichte der Paläontologie. Aus dem Französischen von Fritz R. Glunk. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002. 170 S., S/W-Abb., br., 13,- [Euro].
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"Coppens erzählt die Geschichte von Lucy und ihrem Knie...humorvoll und anschaulich. Selten ist das trockene "Knochengeschäft" so begeisternd beschrieben worden." Tageblatt, St. Gallen/Schweiz
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.07.2002Zähne zulegen
Yves Coppens wühlt in den
Anfängen der Menschheit
Der französische Paläoanthropologe Yves Coppens ist einer der Entdecker von „Lucy”. So wurde eine Ansammlung von 3,2 Millionen Jahre alten Knochen genannt, aus denen sich ein Wesen zusammensetzen ließ, das je nach Ansicht des Rekonstrukteurs eher einem Menschen oder einem Affen ähnelt.
Das interessanteste Kapitel von Coppens behandelt die Geschichte der Paläoanthropologie. Die Evolution zu beschreiben ist dem Autor und dem Übersetzer hingegen nicht gelungen: Eierlegende Säuger „erfinden” die Schwangerschaft, Primaten „treten auf”, Australopithecinen „erschienen” vor vier Millionen Jahren in Grabungsstätten, Huftiere legten sich neue Zähne zu. Solche abgedroschenen Metaphern führen beim Leser leider nicht zum richtigen Verständnis.
Paläoanthropologen lassen sich als Helden feiern, weil sie etwas entdeckt haben; auch Coppens erliegt der Versuchung zur Selbstdarstellung. Aber ihre Sprache haben die Paläoanthropologen noch nicht gefunden. Die Resultate, die sich aus zufälligen Funden von Knochen ergeben, könnten besser genutzt werden als in diesem Buch.
HANSJÖRG KÜSTER
YVES COPPENS: Lucys Knie. Die prähistorische Schöne und die Geschichte der Paläontologie. Deutsch von Fritz R. Glunk. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002. 171 Seiten, 13 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Yves Coppens wühlt in den
Anfängen der Menschheit
Der französische Paläoanthropologe Yves Coppens ist einer der Entdecker von „Lucy”. So wurde eine Ansammlung von 3,2 Millionen Jahre alten Knochen genannt, aus denen sich ein Wesen zusammensetzen ließ, das je nach Ansicht des Rekonstrukteurs eher einem Menschen oder einem Affen ähnelt.
Das interessanteste Kapitel von Coppens behandelt die Geschichte der Paläoanthropologie. Die Evolution zu beschreiben ist dem Autor und dem Übersetzer hingegen nicht gelungen: Eierlegende Säuger „erfinden” die Schwangerschaft, Primaten „treten auf”, Australopithecinen „erschienen” vor vier Millionen Jahren in Grabungsstätten, Huftiere legten sich neue Zähne zu. Solche abgedroschenen Metaphern führen beim Leser leider nicht zum richtigen Verständnis.
Paläoanthropologen lassen sich als Helden feiern, weil sie etwas entdeckt haben; auch Coppens erliegt der Versuchung zur Selbstdarstellung. Aber ihre Sprache haben die Paläoanthropologen noch nicht gefunden. Die Resultate, die sich aus zufälligen Funden von Knochen ergeben, könnten besser genutzt werden als in diesem Buch.
HANSJÖRG KÜSTER
YVES COPPENS: Lucys Knie. Die prähistorische Schöne und die Geschichte der Paläontologie. Deutsch von Fritz R. Glunk. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002. 171 Seiten, 13 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nur kurz äußert sich Günter Paul in einer FAZ-Kritik über dieses Buch des französischen Paläontologen, der in Äthiopien an der Entdeckung der Skelettreste von "Lucy" beteiligt war - so wurde der wohl berühmteste Fund vormenschlicher Überreste in Afrika benannt. Paul fühlt sich in seiner Lektüre ein wenig durch den Umstand gestört, dass Coppens, bei der Afar-Expedition, die 1972 zu Lucys Fund führte, nur als Paläontologe beteiligt war, was er in seinem Buch verschweige - der Fund der Lucy wird normalerweise dem Paläoanthropologen Donald Johnson zugeschrieben, der ebenfalls an der Expedition beteiligt war, erläutert Paul. Auch weist Paul auf ein paar Oberflächlichkeiten hin, etwa dass Coppens 15 Millionen alte Fossilien als "vormenschlich" einstufe, "obwohl sich zu der Zeit die Entwicklungslinien, die einerseits zum Menschen und andererseits zum Affen führten, noch gar nicht getrennt hatten". Interessanter findet Paul aber wohl die titelgebenden Passagen über "Lucys Knie", an dem Coppens beispielhaft aufzuzeigen scheint, welche Rückschlüsse man aus der Form dieses Organs auf Lucys Gang ziehen kann.
© Perlentaucher Medien GmbH
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