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Die burmesisch-britische Autorin Wendy Law-Yone beschreibt in diesem Buch, wie wichtig für sie und ihr Schaffen die Begegnung mit der deutschen Sprache und dem Werk Friedrich Dürrenmatts gewesen ist. Über die deutsche Sprache kam sie zum Schreiben. Beindruckt von Dürrenmatts Tragikomödie »Der Besuch der alten Dame« beschäftigte sie, die von der Militärdiktatur aus ihrem Land vertrieben wurde, sich insbesondere mit dem Thema der Rache. Ihr Bericht ist sehr persönlich, offen und heiter.Dieser Band präsentiert einem deutschsprachigen Publikum erstmals das Werk einer postkolonialen Autorin, die im englischsprachigen Raum bereits eine anerkannte Größe ist.…mehr

Produktbeschreibung
Die burmesisch-britische Autorin Wendy Law-Yone beschreibt in diesem Buch, wie wichtig für sie und ihr Schaffen die Begegnung mit der deutschen Sprache und dem Werk Friedrich Dürrenmatts gewesen ist. Über die deutsche Sprache kam sie zum Schreiben. Beindruckt von Dürrenmatts Tragikomödie »Der Besuch der alten Dame« beschäftigte sie, die von der Militärdiktatur aus ihrem Land vertrieben wurde, sich insbesondere mit dem Thema der Rache. Ihr Bericht ist sehr persönlich, offen und heiter.Dieser Band präsentiert einem deutschsprachigen Publikum erstmals das Werk einer postkolonialen Autorin, die im englischsprachigen Raum bereits eine anerkannte Größe ist.
Autorenporträt
WENDY LAW-YONE wurde 1947 in Mandalay, Burma, geboren und wuchs in der damaligen Hauptstadt Rangun auf. Ihr Vater gründete 1948 die erste englischsprachige Zeitung nach der Unabhängigkeit des Landes. Sie wurde in Folge des Militärputschs 1962 aufgelöst, Law-Yone als Herausgeber verhaftet. Auch Wendy Law-Yone wurde inhaftiert, konnte 1967 jedoch ausreisen, zuerst nach Thailand und später in die USA. Dort studierte sie, arbeitete als Journalistin und publizierte ihre ersten Romane, »The Coffin Tree« (1983) und »Irrawaddy Tango« (1993). 2002 übersiedelte sie nach Großbritannien, wo 2010 ihr dritter Roman, »The Road to Wanting«, erschien. 2013 folgte »Golden Parasol: A Daughter's Memoire of Burma«. Wendy Law-Yone lebt heute in London und in der Provence.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jochen Schimmang lernt in der Berner Antrittsvorlesung der aus Myanmar geflüchteten Wendy Law-Yone nicht nur selbstlose Bibliothekare im ehemaligen Burma kennen, sondern erfährt auch, was die Bekanntschaft mit Goethe, Heine und Dürrenmatt für eine junge Frau in einer Militärdiktatur in den 60er Jahren bedeutete. Das Gefühl der Fremdheit im Exil, Rache und wie sie sich verwandelt, behandelt die Autorin laut Schimmang ebenso augenöffnend aus eigener Erfahrung. Ein schönes "Lehrstück" über die welterschließende Macht der Literatur, meint er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.07.2021

Süchtig vom Herumschnüffeln

Rache ist ewig: Wendy Law-Yone erzählt über ihre Begeisterung als burmesische Schriftstellerin für Friedrich Dürrenmatt.

Seit dem Jahr 2014 vergibt die Universität Bern zweimal jährlich die Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur, über deren Zweck es reichlich generalisierend heißt, sie diene "der Vermittlung zwischen Wissenschaft und Literatur, Theorie und Praxis, Universität und Öffentlichkeit". Im Herbstsemester 2015 nahm die burmesische Autorin Wendy Law-Yone diese Gastprofessur wahr. Die 1947 geborene Autorin hat ihr Geburtsland, das inzwischen Myanmar heißt und seit Monaten wieder in den bedrückendsten Schlagzeilen ist, seit 1967 nicht mehr gesehen. Damals wurde sie nach einem misslungenen Fluchtversuch vom Militärregime inhaftiert, später aber als Staatenlose nach Thailand ausgeflogen und kam von dort in die Vereinigten Staaten.

Wendy Law-Yone war als Heranwachsende das Opfer der in Diktaturen üblichen Sippenhaft. Ihr Vater war bis zum Militärputsch von 1962 Herausgeber der von ihm selbst gegründeten einflussreichen englischsprachigen Zeitung The Nation und saß seit März 1963 in "Schutzhaft". Law-Yone beschreibt eindrucksvoll die Szene, wie er um drei Uhr nachts - auch das eine beliebte Zeit in Diktaturen aller Couleur - abgeholt wurde.

Aus dieser Zeit stammt ihre persönliche Beziehung zu Friedrich Dürrenmatt, wie sie gleich im ersten Satz ihrer Berner Antrittsvorlesung konstatiert: "Ich begegnete Friedrich Dürrenmatt das erste Mal in meiner Teenagerzeit - mit 17 Jahren, um genau zu sein." Die Sippenhaft bestand in ihrem Fall darin, dass sie "als Tochter eines prominenten politischen Gefangenen nicht nur das Land nicht verlassen durfte, sondern mich auch nicht an einer Universität einschreiben durfte". Stattdessen beginnt sie, durch Vermittlung der deutschen Freundin ihres älteren Bruders, an einem regierungsamtlichen Institut Deutsch zu lernen, umzingelt von ausnahmslos männlichen Staatsbeamten.

Natürlich hätte der Programmdirektor des Instituts, ein Dr. Lechner, dem Law-Yone in ihrer Vorlesung ein Denkmal setzt, sie nicht aufnehmen dürfen. Sie ist dort Gasthörerin und stößt nun auch auf deutsche Literatur, Goethe, Hölderlin, Heine, übersetzt Letzteren ("Das Fräulein stand am Meere") probehalber ins Englische und schreibt schließlich selbst deutsche Lyrik oder was sie dafür hält. Davon erzählt sie nicht ohne die nötige Selbstironie. Derselbe Dr. Lechner nimmt sie, nachdem der Kurs zu Ende ist, mit, um die Bibliothek des Goethe-Institus aufzuräumen und zu verpacken, das wie andere Kulturinstitute vor ihm in Myanmar nicht mehr erwünscht ist.

"Während ich begierig durch die Bücherstapel ... schnüffelte, stieß ich auf ein schmales Bändchen, einen englischen Titel in der deutschsprachigen Abteilung. Der Besuch der alten Dame." Dass es gerade dieses Stück war, auf das Law-Yone damals stieß, bildet ein halbes Jahrhundert später das Zentrum ihrer Berner Antrittsrede und mündet in eine Reflexion über das Leitmotiv Rache: nicht nur in der bekannten Geschichte von Dürrenmatts Claire Zachanassian, sondern auch in Bezug auf Law-Yones zweiten Roman, "Irrawaddy Tango" (1993). Rache sei eine der ältesten Geschichten der Welt, führt sie Beispiele aus der Weltliteratur an und kann sich nicht George Orwells Argumentation anschließen, der im Essay "Rache ist sauer" behauptet, sobald das Gefühl der Ohnmacht verschwinde, verschwinde auch die Rachsucht. Dagegen Law-Yone: "Sauer für wen, frage ich mich. Vielleicht für den unbeteiligten Beobachter. Verfliegt die Lust, Rache zu nehmen, wirklich, wenn die Möglichkeit, Rache zu nehmen, entsteht? Ich bin da nicht so sicher." In einer Zeit, in der überall Versöhnung gleich welcher Art beschworen und die "Spaltung der Gesellschaft" beklagt wird, sind das ebenso ungewohnte wie wohltuende Töne.

Im Übrigen ist "Dürrenmatt and Me - Eine Passage von Burma nach Bern" ein Lehrstück darüber, dass Literatur nach wie vor ein Instrument sein kann, die Welt zu erschließen und sich zu ihr zu verhalten. Zur Erfahrung der Fremdheit und des dauerhaften Exils (Wendy Law-Yone lebt seit zwei Jahrzehnten mit ihrem britischen Ehemann in London) zitiert die Autorin Roberto Bolaño: "Jeder Schriftsteller wird durch die bloße Tatsache, dass er sich in die Literatur hinauswagt, zum Exilanten." Dass die Abschiedsvorlesung der Autorin auf einem Berner Friedhof vor dem Grab Bakunins endet, hat mit der schlimmsten Wendung, die Dürrenmatt als Charakteristikum einer zu Ende gedachten Geschichte festgelegt hat, nichts zu tun, denn von dort geht es in der Rede immerhin direkt nach Ithaka.

JOCHEN SCHIMMANG

Wendy Law-Yone: "Dürrenmatt and Me". Eine Passage von Burma nach Bern. Englisch/Deutsch.

Aus dem Englischen von Johanna von Koppenfels. Mit einem Nachwort von Marijke Denger. Hrsg. von Oliver Lubrich. Verbrecher Verlag, Berlin 2021. 172 S., br., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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