Ich weiß, dass ich nicht(s) weiß
Ernst Pöppel und Beatrice Wagner liefern auf 245 Seiten, verteilt auf 8 wohl strukturierte Kapitel, Beispiele für die Dummheit der Menschen, um dann auf 70 Seiten (1 Kapitel) die Hintergründe aus Sicht der Hirnforschung zu beleuchten. Es wäre im Interesse der
Leser gewesen, dieses Verhältnis umzukehren. Oder wollen die Autoren, im Interesse ihrer eigenen…mehrIch weiß, dass ich nicht(s) weiß
Ernst Pöppel und Beatrice Wagner liefern auf 245 Seiten, verteilt auf 8 wohl strukturierte Kapitel, Beispiele für die Dummheit der Menschen, um dann auf 70 Seiten (1 Kapitel) die Hintergründe aus Sicht der Hirnforschung zu beleuchten. Es wäre im Interesse der Leser gewesen, dieses Verhältnis umzukehren. Oder wollen die Autoren, im Interesse ihrer eigenen Hypothesen, die Leser schützen? Denn auch die Wissenschaft ist, wie die Autoren ab Seite 202 thematisieren, „kein Hort der Weisen“. Dummheit lässt sich, manchmal in Form von Borniertheit, auch in der Wissenschaft nachweisen.
Die Autoren schlachten eine Vielzahl aktueller Themen aus und haben damit die Nase im Wind. Hierzu zählen PISA, Medien, Börsenhandel, Politik, Großprojekte, Smartphone und Facebook, um nur Beispiele zu benennen. Die Präsentation erfolgt in mundgerechten, manchmal Gegensätze betonenden Happen („Schnelligkeit macht dumm“, „Die Ware Freundschaft – oder wahre Freundschaft?“). Damit liefern sie (nebenbei) Stoff, den Comedians und Kabarettisten zu nutzen wissen. Müssen die Thesen der Autoren ernst genommen werden? Ist Dummheit nicht zu vermeiden?
Dummheit gehört zu unserem biologischem Erbe, so die Autoren. Der Mensch sei, so die provokante These, eine peinliche Fehlkonstruktion. Jedenfalls liefern Religion und Philosophie keine zufriedenstellenden Antworten, wie die Autoren an ausgewählten religiösen und philosophischen Textstellen pointiert untermauern. Aber Fehlkonstruktion impliziert einen Konstrukteur, dem Angesichts der beschriebenen Mängel wohl Versagen vorzuwerfen wäre. Wie stellt sich das Thema aus dem Blickwinkel der Evolution dar?
Hinsichtlich der Thematisierung von Dummheit liegt ein Fehlschluss der Autoren vor. Es geht in der Natur nicht um Dummheit bzw. Intelligenz, sondern um Überlebensfähigkeit. In diesem Sinne ist die „dumme“ Ameise viel erfolgreicher als manch hoch entwickelte Art. Jedoch gilt, und das können wir nicht bewusst steuern, wenn wir nicht genau so wären, wie wir heute sind, hätten wir nicht überlebt. Ich gebe den Autoren aber recht, dass die gleichen Eigenschaften bzw. Anpassungsleistungen, die zum heutigen Erfolg geführt haben, auch den Untergang einläuten können. Und das wird die dumme Ameise nicht stören.
Das Buch liefert einige Weisheiten über den Menschen, ohne den Anspruch zu erheben, diesen erklären zu können. Die Autoren suchen Zuflucht in der Literatur, die wesentliche Fragen auch nicht erklären, aber zumindest die Unwissenheit durch Weisheit ersetzen kann. „Dummheit“ ist ein Buch für Leser, die nicht wirklich tief in die Zusammenhänge einsteigen, sondern sich humorvoll unterhalten lassen wollen. Zur Vertiefung gibt es zahlreiche Werke. So ist z.B. auch heute noch „Der Geist fiel nicht vom Himmel“ von Hoimar von Ditfurth sehr zu empfehlen.