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«Ein Internatsroman, ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis, der den Vergleich mit Robert Musil oder Hermann Hesse nicht scheuen muss.» Denis Scheck, ARD Druckfrisch
Auf den ersten Blick ist es die Kulisse für ein großes Abenteuer: das traditionsreiche Internat mitten in Wien, umgeben von einem Park mit Hügeln, Sportplätzen und einer historischen Grotte. Aber Till kann weder mit dem Lehrstoff noch mit dem snobistischen Umfeld viel anfangen. Seine Leidenschaft sind Computerspiele, konkret: das Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 2. Ohne dass jemand aus seiner Umgebung davon wüsste, ist…mehr

Produktbeschreibung
«Ein Internatsroman, ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis, der den Vergleich mit Robert Musil oder Hermann Hesse nicht scheuen muss.» Denis Scheck, ARD Druckfrisch

Auf den ersten Blick ist es die Kulisse für ein großes Abenteuer: das traditionsreiche Internat mitten in Wien, umgeben von einem Park mit Hügeln, Sportplätzen und einer historischen Grotte. Aber Till kann weder mit dem Lehrstoff noch mit dem snobistischen Umfeld viel anfangen. Seine Leidenschaft sind Computerspiele, konkret: das Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 2. Ohne dass jemand aus seiner Umgebung davon wüsste, ist er mit fünfzehn eine Online-Berühmtheit, der jüngste Top-10-Spieler der Welt. Nur: Wie real ist so ein Glück?

«Eine witzige, kühl analysierende, einfühlsame Geschichte junger Menschen im 21. Jahrhundert ... Ein herausragender Gegenwartsroman.» FAS

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Tonio Schachinger , geboren 1992 in New Delhi, studierte Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Nicht wie ihr , sein erster Roman, wurde mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet und stand 2019 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, den er 2023 für seinen zweiten Roman,  Echtzeitalter , erhielt. Tonio Schachinger lebt in Wien.
Rezensionen
Rezensent Adam Soboczynski findet den Buchpreis für diesen Roman absolut verdient: Tonio Schachingers Coming-of-Age-Geschichte über einen jungen Mann ist "ausgesprochen humorvoll" und "erzählerisch reif", lobt er. Gewiss, die Lehrer sind befremdlich autoritär in diesem Roman, aber der junge Mann lernt offenbar, sich zu behaupten. Und er findet mit Computerspielen einen Rückzugsort, der früher der Literatur vorbehalten war. Ansonsten geht es um alles, was einen in der Pubertät beschäftigt: das Verhältnis zu den Eltern und die erste Liebe. Ein positives Beispiel für einen Roman, der den Zeitgeist ignoriert, findet Soboczynski.

© Perlentaucher Medien GmbH

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Rezensent Adam Soboczynski findet den Buchpreis für diesen Roman absolut verdient: Tonio Schachingers Coming-of-Age-Geschichte über einen jungen Mann ist "ausgesprochen humorvoll" und "erzählerisch reif", lobt er. Gewiss, die Lehrer sind befremdlich autoritär in diesem Roman, aber der junge Mann lernt offenbar, sich zu behaupten. Und er findet mit Computerspielen einen Rückzugsort, der früher der Literatur vorbehalten war. Ansonsten geht es um alles, was einen in der Pubertät beschäftigt: das Verhältnis zu den Eltern und die erste Liebe. Ein positives Beispiel für einen Roman, der den Zeitgeist ignoriert, findet Soboczynski.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.12.2023

Geschenke
für den Kopf
Weihnachten ist die Zeit der Bücher,
Filme und Musik.
Empfehlungen aus dem
Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“.
Von SZ-Autorinnen und -Autoren, Illustrationen: Felix Hunger
Marie Schmidt
Einen historischen Augenblick lang mag man gedacht haben, Marlen Haushofers Literatur sei altmodisch geworden. Die Isolation ihrer weiblichen Hauptfiguren, die in aller Normalität lauernde Grausamkeit, die Entfremdung zwischen den Geschlechtern, der Wunsch, alles abzubrechen und die unheilvolle Zivilisation hinter sich zu lassen, gehörten zu einer Frauenbiografie der Nachkriegszeit. Heute liest man ihr Werk unter dem Eindruck neuer Katastrophen, ökologischer Zerstörung, immer wieder ausbrechender Kriege vielleicht anders. Aber ihr schlichter Stil, ihre psychologische Gnadenlosigkeit bleiben unvergleichlich. Am bekanntesten wurde ihr Roman „Die Wand“, aber die anderen Romane und vor allem ihre Erzählungen sind, weil sie ohne das sensationelle Plot-Element der unsichtbaren Wand im Gebirge auskommen und schrecklich realistisch wirken, noch erschütternder. Der Mangel an einer Gesamtausgabe ist lange beklagt und jetzt behoben worden. In sechs Bänden mit Vorworten von Clemens J. Setz, Antje Rávik Stubel, Monika Helfer und anderen und Nachworten der Herausgeber gibt es nun die ganze Haushofer. Die Atmosphäre ihrer Bücher verändert das Leben ihrer Leserinnen und Leser für immer.
Marlen Haushofer: Die gesammelten Romane und Erzählungen. Claassen, Berlin 2023, 6 Bände, 2000 Seiten, 90 Euro.
Jens-Christian Rabe
Bücher, die sich an einer schlüssigen Analyse der anhaltenden Krise unserer Gesellschaft und Demokratie versuchen, gab und gibt es viele. Keines konnte in diesem Jahr so überzeugen wie „Triggerpunkte“, das der Berliner Soziologie-Professor Steffen Mau gemeinsam mit Thomas Lux und Linus Westheuser geschrieben hat. Mithilfe einer großen Menge sozialstatistischer Daten und der Ergebnisse eigener Umfragen gingen die Forscher der Frage nach, wie groß die viel beschworene Uneinigkeit bei Themen wie dem Klimawandel, Armut und Reichtum, Diversität und Gender und Migration wirklich ist. Ergebnis: eigentlich viel kleiner als gedacht. Hinter diesem beruhigenden Befund entdeckten Mau und Co. allerdings einen ungleich beunruhigenderen: Die Radikalisierung der politischen Ränder frisst sich langsam in die Mitte – und sachliche Politik hat es zunehmend schwer gegen eine Politik, die nur noch nach dem nächsten Aufregerthema schielt. Kein besinnliches Buch, aber eines über den unschätzbaren Wert der Besonnenheit.
Steffen Mau, Thomas Lux, Linus Westheuser: Triggerpunkte – Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft. Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 534 Seiten, 25 Euro.
Gustav Seibt
Deutsche Geschichte seit 1942 als kollektive Autobiografie, so lässt sich das Besondere von Frank Trentmanns Darstellung zusammenfassen. Es geht nicht nur um soziale Prozesse und dramatische Wendepunkte, sondern darum, was in der deutschen Gesellschaft dazu gefühlt, erkannt, gewollt, moralisch geurteilt und besprochen wurde. Trentmann legt über die Ereignisgeschichte eine zusätzliche Schicht, die der begleitenden Selbstreflexion, mit all ihren Widersprüchen, ihrem Streit, ihren Irrtümern und Lernprozessen. Das ist originell, erleuchtend und unterhaltsam. Wir erkennen uns wieder und staunen!
Frank Trentman: Aufbruch des Gewissens – Eine Geschichte der Deutschen von 1942 bis heute. Fischer, Frankfurt am Main, 2023, 1036 Seiten, 48 Euro.
Tanja Rest
Schon klar, Deutscher Buchpreis 2023, zurzeit also auf wirklich jedem Büchertisch prominent in die Höhe gestapelt, aber wenn ein Buch dann so lustig, böse, sentimental und entertaining ist (also wienerisch), wenn es die Coming-of-Age-Geschichte eines Computerspiele-Nerds im Dunstkreis eines Wiener Elitegymnasiums ansiedelt, wo sich feuerzangenbowlehafte Streiche mit dem Erleben puren Terrors verbinden, wenn darin so herrliche Figuren auftreten wie Feli und Fina aus der Raucherecke, Lord Voldemort alias „der Dolinar“ als Klassenvorstand sowie die Top-Ten-Spieler von „Age of Empire 2“, dann ist dieses Deutsche-Buchpreis-Buch gar nicht fürs Bildungsbürgerpublikum geschrieben, sondern für jeden, der einmal wirklich jung war.
Tonio Schachinger: Echtzeitalter. Rowohlt, Hamburg 2023, 368 Seiten, 24 Euro.
Moritz Baumstieger
In der Geschichte der Menschheit sind schon ein paar Bücher über Rom geschrieben worden. Und ein, zwei, drei davon sind auch sicher lesenswert. Mit „Die Stadt der Lebenden“ ist ein weiteres dazugekommen, auch wenn sein Sujet zunächst wie True-Crime-Trash wirken mag: Es erzählt einen Mord von 2016 nach, im Drogenrausch stachen da zwei junge Männer einen Gelegenheitsstricher bestialisch ab. Der Fall erregte in Italien großes Aufsehen, packte auch Nicola Lagioia, Journalist, Schriftsteller und Leiter der Turiner Buchmesse. Seine Collage aus akribischer Recherche, Interviews mit Angehörigen und Überlebenden und Beobachtung erzählt viel über Italien, dessen Medien und Politik, über die Menschen – und ja, eben auch über Rom.
Nicola Lagioia: Die Stadt der Lebenden. btb, München 2023, 512 Seiten, 25 Euro.
Kathleen Hildebrand
Ein Roman mit einem Riesenkalmar, also einer Art sehr großem Kraken als Hauptfigur, wäre schon ungewöhnlich. Wenn es sich nicht um ein Kinderbuch handelt: noch ungewöhnlicher. Wenn es weitgehend aus der Perspektive nicht des Kraken selbst, sondern eines seiner Arme erzählt ist: sehr, sehr ungewöhnlich. Luca Kiesers hochexperimenteller und dennoch rasend unterhaltsamer Roman stand auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Er ist an keiner Stelle erwartbar, herkömmlich, und ja, manchmal ist er nicht ganz leicht zu lesen, sondern Vollwertkost fürs Gehirn, ein Buch, das verändert, wie man über das Tier als Gegenüber des Menschen denkt. Er erzählt von einem Riesenkalmar, mit dem mehrere Generationen einer Menschenfamilie verbunden sind, und von der unentwirrbaren Verflechtung von Mensch und Natur, die oft genug ein Problem sein kann. Aber manchmal auch die Lösung.
Luca Kieser: Weil da war etwas im Wasser.
Picus Verlag, Wien 2023, 320 Seiten, 26 Euro.
Wenn man das nur auch so hinbekäme. Der kleine Bo soll ins Bett, er will aber nicht so richtig. Stellt sich auf ein Bein und sagt: Ich schlafe doch schon. Ich bin ein Papagei. Und die Mutter: schimpft nicht, sondern steigt ein in sein Spiel und lenkt es geschickt. Der Vogel muss was essen, dann wird er zum Otter in der Badewanne, zum Walross, das Zähne putzt, und schließlich zum Erdmännchen, das sich zwischen vielen Kuscheltieren im Bett einmummelt. Kjersti Skomsvold ist eine der bekanntesten norwegischen Schriftstellerinnen, sie hat ein berückendes Buch über Mutterschaft geschrieben, und auch ihr Kinderbuchdebüt ist warmherzig, originell, besonders. Die wilden, warmfarbigen Illustrationen von Mari Kanstad Johnsen sind lustige Suchbilder, in denen die Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwimmen. Ein Gutenachtbuch, nach dem in Träumen alles möglich ist.
Kjersti Annesdatter Skomsvold: Alle schlafen (bis auf Bo), Gerstenberg, Hildesheim 2023, 72 Seiten, 20 Euro.
Laura Hertreiter
Normalerweise, schreibt Emmanuel Carrère, versuche Propaganda, das Grauen zu kaschieren. „Hier stellt es sich aus.“ Er schreibt über das Jahr 2015, als sich an einem Freitag, dem 13. im November – einem vendredi 13, wie man in Frankreich sagt –, in der Pariser Konzerthalle Bataclan, auf den Terrassen mehrerer Cafés und vor einem Stadion sieben IS-Terroristen in die Luft sprengten. 131 Menschen starben, Hunderte wurden verletzt. Den darauffolgenden Gerichtsprozess „V13“ hat Carrère im vergangenen Jahr als Reporter für den Nouvel Observateur begleitet und daraus ein unglaubliches Buch gemacht. Darin montiert er mit Zeugenaussagen und Massakerbeschreibungen zm historischen Dokument. Er erzählt, wie sich Menschen in Todesgefahr zueinander verhalten. Erzählt von den Schuldgefühlen Überlebender, die sich über tote Körper hinwegretteten. Und er fragt nach den Gründen, die Menschen zu Terroristen machen. Er hat, ohne es zu wissen, mitten ins Jahr 2023 hineingeschrieben.
Emmanuel Carrère: V13: Die Terroranschläge in Paris. Matthes & Seitz, Berlin 2023, 275 Seiten, 25 Euro.
Cornelius Pollmer
Sie habe, schreibt Anja Reich, niemanden in der DDR gekannt, dem es so gut gegangen war wie ihrer Freundin Simone. Die Freiheit treibt beide nach dem Mauerfall auseinander, aber sie halten Kontakt. Eines Tages telefonieren sie, Reich passt es gerade nicht und auch nicht am Tag darauf. Zwei Stunden später nimmt Simone sich das Leben. Und 27 Jahre später gibt es dieses Buch, das einfach so heißt wie sie, die verlorene Freundin: „Simone“. Wer war diese Frau, und warum hat sie ihr Leben beendet? Anja Reich hat diese Frage nie verlassen – und sie geht ihr nun in beeindruckender Weise behutsam nach, mit aufrichtigem Interesse, mit Akribie und ohne jeden Kitsch.
Anja Reich: Simone, Aufbau, Berlin 2023, 304 Seiten, 23 Euro.
Peter Richter
Jörg Buttgereit ist tatsächlich der Sohn eines Bierkutschers und hatte das Glück, im Berlin der Siebziger und Achtziger aufzuwachsen, auch noch auf der richtigen Seite der Mauer. Jedenfalls war er bei absolut allen Konzerten dabei, beim ersten der Dead Kennedys im SO36 und beim allerletzten von Led Zeppelin, er war Dekorateurslehrling neben Dirk Felsenheimer, Schlagzeuger von Die Ärzte, und er hat auf Super-8 Filme gedreht, die zum Welterbe des transgressiven Kinos gehören, darunter „Nekromantik“ und „Nekromantik 2“. Seine Autobiografie ist ein großes, oft ein bisschen ekliges Vergnügen – und eigentlich eine aus dem privaten Fotoalbum hinreißend illustrierte Kulturgeschichte des späten West-Berlin.
Jörg Buttgereit: Nicht jugendfrei! Tagebuch aus West-Berlin. Martin Schmitz Verlag, Berlin 2023, 368 Seiten, 36 Euro.
Jonas Soubeyrand ist tatsächlich der Sohn von Wolf Biermann und hatte das Glück, im Berlin der Siebziger und Achtziger aufzuwachsen, auch noch auf der richtigen Seite der Mauer. Das sah er zwar oft anders, etwa wenn Halbschwester Nina Hagen Karten aus New York schrieb. Aber so war er Zeitzeuge des Ostberliner Undergrounds: Wenn das Rhizom der Musiker um Bands wie Die Firma, Ich-Funktion, Freygang und Feeling B eine Art Zentrum hatte, dann war das offensichtlich er. Seine Autobiografie (unter dem Pseudonym eines Puppenspielers Klaus Thaler) hat auf den ersten Blick eine verwirrende Struktur. Auf den zweiten ist sie ein großes, oft ein bisschen melancholisches Vergnügen – und eigentlich eine aus dem privaten Fotoalbum grandios illustrierte Kulturgeschichte des späten Ost-Berlin.
Klaus Thaler: Eine Puppe packt aus. Verlag Theater der Zeit, Berlin 2023, 333 Seiten, 22 Euro.
Willi Winkler
Eine verspätete Entdeckung und deshalb mit größter Brandeiligkeit weiterempfohlen: Die Geschichte von Miriam „Midge“ Maisel, die aus Unglück und Versehen zum Comedian wird, ganz klein in Greenwich Village anfängt, sofort verhaftet wird wegen ungebührlichen Betragens, aber vor allem berühmt, weil sie auf der Bühne alles über sich und ihre noch verrücktere Familie erzählt. Ganz New York ist dabei: die jüdische Intelligenz, die chinesische Mafia, der italienische Liebhaber, die kurz geratene Theateragentin. Mad Men, nur viel besser. Für die fünf Staffeln, die etwa beim Streamingdienst Amazon Prime verfügbar sind, lohnt es sich, eigens Englisch zu lernen. Und erst die Kleider und die Hüte! Die kann man jetzt sogar in einem extra Bildband bewundern. Frau müsste man sein oder Midge Maisel.
Donna Zakowska: Madly Marvelous – The Costumes of The Marvelous Mrs. Maisel. Abrahams & Chronicle Books, London 2021, 303 Seiten, 38,55 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2023

Einführung in eine Passion

Gaming ist mehr als eine Gemeinde in Niederösterreich: Tonio Schachingers ebenso witziger wie weiser Schul- und Spiel- und Lebensroman "Echtzeitalter".

Einmal ist in diesem Roman von einem exzessiv kiffenden Schüler die Rede, dessen Mutter als Expertin für jugendliche Suchtprävention von Talkshow zu Talkshow gereicht wird. "Geschichten, deren Symbolik zu offensichtlich erscheint", so der Kommentar des Erzählers, würden uns daran erinnern, dass all die Zufälle, "Fügungen und Wendungen, die wir aus Büchern und Filmen kennen", manchmal auch in der Realität geschehen "und uns dann nicht mehr über das Leben sagen, als Filme es tun". Für einen dreißigjährigen Autor ist das eine erstaunlich illusionslose Sicht auf das Leben wie auf die Kunst. Andererseits sorgt Tonio Schachingers Gespür für das, was man landläufig Ironie des Schicksals nennt, nicht nur für manch erhellende Erkenntnis, sondern auch für viel Kurzweil. Das Modell der zwei Welten bleibt dabei bestimmend, es erfasst auch Schule und Leben, Albtraum und Pandemie-Realität und vor allem: Alltag und Computerspielkosmos.

Wir lernen Till Kokorda, den Helden des Buches, im zarten Alter von zehn Jahren kennen, als er mit seiner Mutter ein berühmtes Wiener Internat besichtigt, das im Buch Marianum, in Wirklichkeit Theresianum heißt, eine Schule, so sagt man, wie Österreich, "akademisch mittelmäßig, ambitionslos, aber trotzdem eingebildet"; eine Institution für Reiche und "Aristos", deren Kinder sich schon in der ersten Klasse Gymnasium "so kleiden, wie sie es ihr restliches Leben über tun werden: in grüne Polohemden und braune Segelschuhe, rosa Poloblusen und weiße Jeans". Mutter und Sohn entscheiden sich dafür, und zwar für das sogenannte Halbinternat, inklusive Tagesbetreuung. Till weiß, dass er dort nicht hingehört, auch ist ihm die Mauer rund um die weitläufige Anlage nicht entgangen, Symbol der Unfreiheit seiner nächsten acht Jahre. Aber als leidenschaftlicher Konsument von Computerspielen sieht er die Welt als phantastische Benutzeroberfläche und fühlt sich erhaben über das schnöde Schulgeschehen.

Till möchte einfach bis zur Matura unauffällig durchtauchen, und das gelingt ihm auch, bis er durch sein Versagen in Französisch die Aufmerksamkeit seines Klassenvorstands auf sich zieht: Professor Dolinar ist ein Despot der alten Schule, der seine Schüler beschimpft und demütigt, sie durch Schreibaufgaben, Nachsitzen und Nichtbeachtung straft, ein im geistigen Guerillakampf gegen die moderne Zeit Gift und Galle spuckender Konservativer, für den der Niedergang der Literatur gleich nach Büchner beginnt und der bei der Wahl der Lektüre im Deutschunterricht drei "goldene Regeln" befolgt: "nichts aus dem zwanzigsten Jahrhundert, keine Übersetzungen und nichts, was nicht als Reclamheft erhältlich ist".

So erscheint"der Dolinar" als schrecklich-komische Reinkarnation des "Gott Kupfer" aus Friedrich Torbergs Roman "Der Schüler Gerber hat absolviert" (Torberg wird im Text auch genannt). Seine pechschwarze Pädagogik bleibt zwar ohne tragische Folgen, doch während Kurt Gerbers Vater nur vom Herztod bedroht ist, stirbt Tills Vater tatsächlich. Dass der Halbwüchsige damit und mit Dolinars Schikanen zurande kommt, verdankt er der hingebungsvollen Versenkung in "Age of Empires 2", ein "Echtzeit-Strategiespiel", das seine Hochblüte um die Jahrtausendwende erlebte. In "Echtzeit" führen da Spieler ihre Aktionen simultan zur Realität durch, wiederum also in einer Art zweiten Wirklichkeit, auf die der Titel "Echtzeitalter" ebenso hindeutet wie auf die Lebensintensität der Jugend.

Die Rezensentin, die mit Gaming immer nur eine Gemeinde in Niederösterreich assoziiert hat, gehört ohne Zweifel zur didaktischen Zielgruppe: Tills Eltern "sprechen über Computerspiele, wie jemand, der nicht lesen kann, über Bücher spricht, und ihre Sorgen unterscheiden sich kaum von den Sorgen derjenigen, die zur vorletzten Jahrhundertwende ins Kino gingen und fürchteten, der Zug könne aus der Leinwand über sie hinwegrollen". Till möchte seiner Mutter irgendwie vermitteln, dass es beim Gaming "nie um Gewalt geht, sondern immer um Immersion", dass er das liebt, weil es "ihm jeden Abend garantiert, was Kunst nur in ihren besten Momenten schafft", nämlich eine Gelegenheit, "das Leben zu vergessen und zu ertragen". Schachinger gelingt es wie nebenbei, diese Faszination auch der unbedarften Leserin zu vermitteln. Die Szene, in der Till die völlig ahnungslose Mutter - und somit uns - ins Spiel einführt, zählt zu den Höhepunkten des Buches. Schließlich wird sie auch in sein Doppelleben eingeweiht: Heimlich hat Till sich zum jüngsten Topspieler der Welt gemausert, zum internationalen Star der Gamer-Szene.

So ist "Echtzeitalter" nicht nur ein famoser Schulroman über Freundschaft und, natürlich, erste Liebe, ein Wienbuch mit Einblicken in ein Milieu des Statusgetues und der Wohlstandsverwahrlosung, sondern auch ein Roman über den Homo ludens als Künstler, über eine adoleszente Entwicklung in Sprüngen und auf Umwegen, über eine Flucht ins Spiel, die mitten ins Herz der Dinge führt. Man kann Schachingers Erzählweise konventionell nennen, sie beweist aber mit der Lust an Ausschmückung, Pointe und dialogischer Dynamik ebenso wie mit dem Faible für essayistische Einsprengsel ihre individuelle Notwendigkeit.

Das Geheimnis des Gelingens besteht einerseits in der perfekten Mischung von Scharfsinn und Empathie. Der Autor fühlt mit seinen Figuren und reflektiert ihr Tun, er hat einen untrüglichen Sinn für Timing, für das Stimmige und den falschen Ton und tendiert dabei eher zu Wolf Haas als zu Robert Musil. Andererseits ist Tonio Schachinger ein Meister des Subtilen. Zum Beispiel erfährt man nur indirekt, dass Tills Freundin Feli senegalesische Vorfahren und offenbar dunklere Haut hat - die Schule braucht ihre Hände für ein Foto, um Diversität zu demonstrieren. Wie schon in seinem viel beachteten Debüt, dem Fußballerporträt "Nicht wie ihr", verzichtet Schachinger auf eine grobschlächtige Verteilung von Richtig und Falsch, Gut und Böse, was das satirische Verstörungspotential erhöht. Der tyrannische Sonderling Dolinar tritt als Anwalt einer unzeitgemäßen literarischen Bildung auf und der sympathische Protagonist als ihr Verächter. Das führt zu dem komischen Effekt, dass Stifters "Brigitta" und Ebner-Eschenbachs "Krambambuli" buchstäblich zu Stafetten im Spießrutenlauf durch den Schulparcours werden und erst durch die Augen der geliebten Mitschülerin in anderem Licht erscheinen, nicht direkt in besserem, denn Feli erklärt Till, "Krambambuli" sei "unironisch und deshalb lame, und weil es lame ist, wurde es mit Tobias Moretti verfilmt und jedem Kind in Österreich vorgelesen. Aber Er lasst die Hand küssen ist cool und ironisch und funny."

Die Ebner-Eschenbach-Verehrerin möchte widersprechen und ist doch bezaubert, wie sie auch Schachingers Polemik der Seitenhiebe gegen Literaturbetrieb und Wettbewerbswesen mit Vergnügen liest. Vielleicht kommt der einnehmende nostalgische Grundton (als noch alle "AOE 2" gespielt haben! als noch alle Thomas Mann lesen mussten! als es noch das Rauchereck gab!) daher, dass der Autor die Echtzeit seiner eigenen Schulkarriere im Theresianum in jene jüngste Vergangenheit verlegt hat, in der der Matura-Jahrgang 2020 die Pandemie lieben lernte. Mag sein, dass die Geschichte gegen Ende ein bisschen zerflattert - die Freude über ein kluges, höchst amüsantes und herzerwärmendes Buch wird dadurch nicht getrübt. "Dass jeder Erfolg mehr entfremdet als der davor", will man dessen Autor keinesfalls wünschen. DANIELA STRIGL

Tonio Schachinger: "Echtzeitalter". Roman.

Rowohlt Verlag, Hamburg 2023. 368 S., geb., 24,- Euro.

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Eine witzige, kühl analysierende, einfühlsame Geschichte junger Menschen im 21. Jahrhundert ... Ein herausragender Gegenwartsroman. Tobias Rüther Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20230312