Reporting on cutting-edge advances in economics, this book presents a selection of commentaries that reveal the weaknesses of several core economics concepts. Economics is a vigorous and progressive science, which does not lose its force when particular parts of its theory are empirically invalidated; instead, they contribute to the accumulation of knowledge.
By discussing problematic theoretical assumptions and drawing on the latest empirical research, the authors question specific hypotheses and reject major economic ideas from the "Coase Theorem" to "Say's Law" and "Bayesianism." Many of these ideas remain prominent among politicians, economists and the general public. Yet, in the light of the financial crisis, they have lost both their relevance and supporting empirical evidence.
This fascinating and thought-provoking collection of 71 short essays written by respected economists and social scientists from all over the world will appeal to anyone interested in scientific progress and the further development of economics.
By discussing problematic theoretical assumptions and drawing on the latest empirical research, the authors question specific hypotheses and reject major economic ideas from the "Coase Theorem" to "Say's Law" and "Bayesianism." Many of these ideas remain prominent among politicians, economists and the general public. Yet, in the light of the financial crisis, they have lost both their relevance and supporting empirical evidence.
This fascinating and thought-provoking collection of 71 short essays written by respected economists and social scientists from all over the world will appeal to anyone interested in scientific progress and the further development of economics.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Erich Weede findet die von Bruno S. Frey und David Iselin zusammengestellten kurzen Beiträge von 71 Autoren, deutschsprachige Ökonomen zumeist, lesenswert. Der Laie bekommt einen Überblick über kritik- beziehungsweise modifikationswürdige ökonomische Ideen und Hypothesen, meint er. Dass die Texte nicht thematisch geordnet wurden, empfindet der Rezensent als Mangel. Erkenntnisse über die Arbeitsmoral Selbständiger, das Spannungsverhältnis von Effizienz und Equity oder auch das verbesserungswürdige Menschenbild der Ökonomik hätten ihm anderenfalls noch mehr Freude gemacht. Zumal der Band sich nicht nur um Fragen der Mikroökonomik schert, wie Weede entzückt feststellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2017Fehler überwinden
Was Ökonomen nicht mehr glauben sollten
Weil auch Wissenschaftler der allgemein menschlichen Anfälligkeit für Fehler und Irrtum unterliegen, impliziert Erkenntnisfortschritt immer auch die Notwendigkeit, überlieferte Auffassungen zu korrigieren und aufzugeben. Im vorliegenden Band stellen 71 Autoren auf meist nur zwei Seiten Ideen und Hypothesen dar, die ihrer Meinung nach Kritik, Modifikation oder Elimination verdienen. Die meisten, aber nicht alle Autoren sind Ökonomen, die meisten, aber nicht alle Autoren lehren an Universitäten. Schon bei der ersten Durchsicht fällt auf, dass deutschsprachige Autoren im Allgemeinen und mehr noch schweizerische Autoren überrepräsentiert sind, dass Angelsachsen gut vertreten, aber Chinesen, Franzosen, Inder, Italiener oder Japaner fehlen. Außerdem fällt auf, dass leider kein Versuch unternommen wurde, Beiträge, die ähnliche Themen behandeln, dem Leser nacheinander vorzustellen.
Es gibt allerdings Themen, die von mehreren Autoren beleuchtet worden sind, angefangen mit dem Menschenbild des Homo oeconomicus. John Kay lehnt die verbreitete Gleichsetzung von Rationalität und Konsistenz ab. Karl-Dieter Opp schlägt vor, den vieldeutigen und falsche Konnotationen hervorrufenden Begriff der Rationalität ganz aufzugeben. Bruno Frey und Margit Osterloh bezweifeln den Beitrag von relativen Preiseffekten zur Verhaltenserklärung, denn dabei wird intrinsische Motivation und Freude an der Arbeit übersehen. Dazu passen auch die Hinweise von Thomas Benz, dass Selbständige zufriedener mit ihrer Arbeit sind als Angestellte, oder von Lasse Steiner auf die Zufriedenheit der Künstler, obwohl sie oft ein niedrigeres Einkommen haben. Thomas Bernauer zeigt, dass die Präferenzen der Menschen für Außenhandel unabhängiger von den materiellen Interessen sind, als es sich für den Homo oeconomicus gehört. Nach den üblichen Standards können zusätzliche Wahlmöglichkeiten die Lage von Menschen nur verbessern.
Christine Benesch und Alan Blinder zeigen, dass uns allzu viele Möglichkeiten eher verwirren. Die Botschaft ist klar, das Menschenbild der Ökonomik ist verbesserungsbedürftig. Ebenso klar ist, dass dennoch viele Ökonomen daran festhalten. Liegt das nur daran, dass die Zurückweisung von Hypothesen in empirischen Studien an der Akzeptanz ökonomischer Theorien so wenig ändert, wie Michael McAleer meint? Hier könnte man an Debatten denken, ob alle Theorien alle Zeit falsifiziert sind und deshalb Falsifikation nicht ausreicht, um Theorien zu verwerfen. Solche Fragen werden nirgendwo behandelt, obwohl sie sich aufdrängen.
Das Buch behandelt nicht nur Fragen der Mikroökonomik. Clemens Fuest betont trotz auftauchender Studien, die das Gegenteil behaupten, dass es keine robuste Korrelation der Einkommensverteilung und des Wachstums von Volkswirtschaften gibt. Arthur Melvin Okuns These, dass es ein Spannungsverhältnis von Effizienz und Equity gäbe, das der Versuch, die Einkommensverteilung egalitärer zu gestalten, die Effizienz beeinträchtigt, wird von Jeffrey Sachs und Mark Thoma abgelehnt. Sicher besteht kein Widerspruch zwischen diesen Aussagen, aber ein Spannungsverhältnis. Denn Sachs und Thoma wollen die Tür für staatliche Eingriffe offen halten, während Fuest die Hoffnung reduziert, mit egalisierenden Maßnahmen bei der Einkommensverteilung gleichzeitig die Wachstumschancen zu verbessern.
Friedrich Schneider warnt davor, sich von der Abschaffung des Bargeldes nennenswerte Vorteile bei der Verbrechens- und Terrorbekämpfung zu versprechen. Hans-Werner Sinn warnt vor Helikoptergeld. Carl Christian von Weizsäcker bezweifelt, dass der natürliche Zins in der westlichen Welt immer noch positiv ist. Mit Gerhard Schwarz sollte man auch nicht glauben, dass Amtsinhaber bessere Menschen als Andere sind. Frey und Iselin ist die Zusammenstellung vieler lesenswerter Kurzbeiträge gelungen, die vor allem Laien einen Überblick vermitteln können. Kein Leser wird nach der Lektüre noch das bescheidene Ausmaß an Gewissheit, dass allen sozialwissenschaftlichen Kenntnissen eigen ist, überschätzen. Politiker sollten allerdings daraus nicht schließen, dass Ökonomen und andere Fachleute gar nichts wissen und sie deshalb gut beraten sind, ihnen nicht zuzuhören.
ERICH WEEDE
Bruno S. Frey and David Iselin (eds.): Economic Ideas You Should Forget. Cham: Springer 2017, 166 Seiten, 32,09 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was Ökonomen nicht mehr glauben sollten
Weil auch Wissenschaftler der allgemein menschlichen Anfälligkeit für Fehler und Irrtum unterliegen, impliziert Erkenntnisfortschritt immer auch die Notwendigkeit, überlieferte Auffassungen zu korrigieren und aufzugeben. Im vorliegenden Band stellen 71 Autoren auf meist nur zwei Seiten Ideen und Hypothesen dar, die ihrer Meinung nach Kritik, Modifikation oder Elimination verdienen. Die meisten, aber nicht alle Autoren sind Ökonomen, die meisten, aber nicht alle Autoren lehren an Universitäten. Schon bei der ersten Durchsicht fällt auf, dass deutschsprachige Autoren im Allgemeinen und mehr noch schweizerische Autoren überrepräsentiert sind, dass Angelsachsen gut vertreten, aber Chinesen, Franzosen, Inder, Italiener oder Japaner fehlen. Außerdem fällt auf, dass leider kein Versuch unternommen wurde, Beiträge, die ähnliche Themen behandeln, dem Leser nacheinander vorzustellen.
Es gibt allerdings Themen, die von mehreren Autoren beleuchtet worden sind, angefangen mit dem Menschenbild des Homo oeconomicus. John Kay lehnt die verbreitete Gleichsetzung von Rationalität und Konsistenz ab. Karl-Dieter Opp schlägt vor, den vieldeutigen und falsche Konnotationen hervorrufenden Begriff der Rationalität ganz aufzugeben. Bruno Frey und Margit Osterloh bezweifeln den Beitrag von relativen Preiseffekten zur Verhaltenserklärung, denn dabei wird intrinsische Motivation und Freude an der Arbeit übersehen. Dazu passen auch die Hinweise von Thomas Benz, dass Selbständige zufriedener mit ihrer Arbeit sind als Angestellte, oder von Lasse Steiner auf die Zufriedenheit der Künstler, obwohl sie oft ein niedrigeres Einkommen haben. Thomas Bernauer zeigt, dass die Präferenzen der Menschen für Außenhandel unabhängiger von den materiellen Interessen sind, als es sich für den Homo oeconomicus gehört. Nach den üblichen Standards können zusätzliche Wahlmöglichkeiten die Lage von Menschen nur verbessern.
Christine Benesch und Alan Blinder zeigen, dass uns allzu viele Möglichkeiten eher verwirren. Die Botschaft ist klar, das Menschenbild der Ökonomik ist verbesserungsbedürftig. Ebenso klar ist, dass dennoch viele Ökonomen daran festhalten. Liegt das nur daran, dass die Zurückweisung von Hypothesen in empirischen Studien an der Akzeptanz ökonomischer Theorien so wenig ändert, wie Michael McAleer meint? Hier könnte man an Debatten denken, ob alle Theorien alle Zeit falsifiziert sind und deshalb Falsifikation nicht ausreicht, um Theorien zu verwerfen. Solche Fragen werden nirgendwo behandelt, obwohl sie sich aufdrängen.
Das Buch behandelt nicht nur Fragen der Mikroökonomik. Clemens Fuest betont trotz auftauchender Studien, die das Gegenteil behaupten, dass es keine robuste Korrelation der Einkommensverteilung und des Wachstums von Volkswirtschaften gibt. Arthur Melvin Okuns These, dass es ein Spannungsverhältnis von Effizienz und Equity gäbe, das der Versuch, die Einkommensverteilung egalitärer zu gestalten, die Effizienz beeinträchtigt, wird von Jeffrey Sachs und Mark Thoma abgelehnt. Sicher besteht kein Widerspruch zwischen diesen Aussagen, aber ein Spannungsverhältnis. Denn Sachs und Thoma wollen die Tür für staatliche Eingriffe offen halten, während Fuest die Hoffnung reduziert, mit egalisierenden Maßnahmen bei der Einkommensverteilung gleichzeitig die Wachstumschancen zu verbessern.
Friedrich Schneider warnt davor, sich von der Abschaffung des Bargeldes nennenswerte Vorteile bei der Verbrechens- und Terrorbekämpfung zu versprechen. Hans-Werner Sinn warnt vor Helikoptergeld. Carl Christian von Weizsäcker bezweifelt, dass der natürliche Zins in der westlichen Welt immer noch positiv ist. Mit Gerhard Schwarz sollte man auch nicht glauben, dass Amtsinhaber bessere Menschen als Andere sind. Frey und Iselin ist die Zusammenstellung vieler lesenswerter Kurzbeiträge gelungen, die vor allem Laien einen Überblick vermitteln können. Kein Leser wird nach der Lektüre noch das bescheidene Ausmaß an Gewissheit, dass allen sozialwissenschaftlichen Kenntnissen eigen ist, überschätzen. Politiker sollten allerdings daraus nicht schließen, dass Ökonomen und andere Fachleute gar nichts wissen und sie deshalb gut beraten sind, ihnen nicht zuzuhören.
ERICH WEEDE
Bruno S. Frey and David Iselin (eds.): Economic Ideas You Should Forget. Cham: Springer 2017, 166 Seiten, 32,09 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"The result was a potpourri of short essays that span economic science and economic policy." (David Colander, Journal of Economic Literature, Vol. 55 (3), September, 2017)