Eden ist nicht das Paradies. Eden liegt irgendwo im Nirwana von Colorado, zerteilt durch einen Interstate Highway, die größten Touristenmagnete sind eine Tankstelle und ein Café, sofern man dem Ausschank diese Vokabel gönnen mag. Die Landschaft ist von der Sonne verbrannt, fast vegetationslos und
unbesiedelt, aber von Zäunen eingesperrt. Ein in die Jahre gekommenes Reklameschild wirbt um…mehrEden ist nicht das Paradies. Eden liegt irgendwo im Nirwana von Colorado, zerteilt durch einen Interstate Highway, die größten Touristenmagnete sind eine Tankstelle und ein Café, sofern man dem Ausschank diese Vokabel gönnen mag. Die Landschaft ist von der Sonne verbrannt, fast vegetationslos und unbesiedelt, aber von Zäunen eingesperrt. Ein in die Jahre gekommenes Reklameschild wirbt um Investoren für ein Land, das offenbar keiner haben will.
Eden ist nicht das Paradies und Robert Adams weiß es. Das einzige freundliche Wort, das er hört, kommt von der Kellnerin, ansonsten ist der unaufhörliche Motorenlärm seine Geräuschkulisse, die ihn bei seiner fotografischen Suche begleitet. In der Trostlosigkeit der Steppe liegt ein Rätsel, das sich nur im Bild erschließ, denn der Ort, dem seine Bewohner den Namen „Paradies“ gegeben haben, existierte schon lange bevor es Menschen gab. Wer die Leere sieht, die Robert Adams im Jahr 1968 antrifft, will meinen, dass dieses Paradies gerne weiter auf den Menschen verzichtet hätte, so lebensfeindlich ist die Natur geraten. Das einzig gepflegte Objekt inmitten verzagter Relikte menschlicher Aktivität scheint der Highway, der jeden Besucher schnell wieder aus der Hölle namens Paradies hinwegbefördert.
Der kleinformatige Band ist eine erweiterte Neuausgabe der Edition von 1999. Auf voluminösem, leicht getöntem Papier gedruckt, erhalten die schwarz-weißen Bilder im zurückgenommenen Layout genügend Raum, um zu wirken und das kurze Vorwort gibt keine Hinweise, außer zu Ort und Zeit, sondern stellt Eden bewusst als ein Rätsel dar, das jeder Betrachter für sich interpretieren und damit lösen muss.
Auch wenn sie den Anschein von Ewigkeit erwecken, frieren Adams Bilder eine vergangene Zeit ein. Man mag es sich kaum vorstellen, dass jemand hier freiwillig sein Leben verbringen will, aber wer ein bisschen weiter recherchiert, stellt fest, dass Eden heute ein Stadtteil von Pueblo ist. Nicht wohlhabend, aber mit allen Annehmlichkeiten amerikanischer Vorstädte. Kein Paradies, aber auch nicht die Vorhölle, die Robert Adams 1968 beschrieb.
Dieses Wissen hat etwas Tröstliches und ist vielleicht auch die Lösung des Rätsels: Der Mensch kann aus der Hölle sein Paradies erschaffen. Selbst wenn „Eden“ gar nicht nach dem Paradies, sondern nach einem Eisenbahnbeamten des 19. Jahrhunderts benannt wurde.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)