Schon 1909 erkennt der Publizist Arthur Roessler die Bedeutung des damals 19jährigen Egon Schiele. In der Folge rührt er für den jungen Künstler die Werbetrommel, führt ihn in die wenigen Sammlerzirkel der Stadt ein und vermittelt ihm damit seine ersten Aufträge. Auch in Roesslers eigener Kunstsammlung war Schiele mit einer exzellenten Werkauswahl vertreten. Diese Werke bilden den Grundstock der bemerkenswerten Schiele-Bestände des Wien Museums.Die erstmalige Rekonstruktion der Sammlung, ergänzt um Leihgaben aus dem In- und Ausland, steht nun im Mittelpunkt der Betrachtungen in "Schiele und Roessler. Der Maler und sein Förderer. Kunst und Networking im frühen 20. Jahrhundert". Am Beispiel von Schieles biografischem Werdegang fragt die Veröffentlichung nach den Mechanismen des Beziehungsgeflechts in der Kunstszene und in der Wiener Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.08.2017Die Macht der Linie
In einem Band: Sämtliche Gemälde von Egon Schiele
Wenn sich im Oktober 2018 der Todestag von Egon Schiele zum hundertsten Mal jährt, ist man jedenfalls mit einem gerade erschienenen Bildband in Übergröße bestens vorbereitet: Zumal dieses Buch nicht nur durch sein Format, sondern auch mit seiner Druckqualität besticht. Die mehr als 600 Seiten im Format dreißig mal vierzig Zentimeter, auf denen knapp 150 Zeichnungen und gut 220 Gemälde Schieles präsentiert werden, besitzen die farbliche und haptische Abbildungsqualität einer klassischen Kunstmappe. Dabei sind die zum Vergleich mit den Bildern ausgewählten Graphiken auf ein anderes, strukturiertes Papier gedruckt, was ihnen den Charakter von Faksimiles verschafft. Mit zahlreichen Detailaufnahmen und eigens neu fotografierten Werken, sämtlich in Farbe, überzeugt das Mega-Bilderbuch vor allem optisch.
Egon Schiele wurde am 12. Juni 1890 in der niederösterreichischen Kleinstadt Tulln an der Donau geboren. Die Wiener Akademie der bildenden Künste nahm ihn bereits als Sechzehnjährigen auf, ein Jahr später eröffnete er sein erstes Atelier und lernte Gustav Klimt kennen, der ihm väterlicher Freund und Gönner wurde. Der malerische Einfluss des Mentors ist in Schieles künstlerischen Anfängen noch deutlich zu spüren - etwa in seinem kürzlich in einer New Yorker Auktion angebotenem Gemälde "Danaë" von 1909. Es blieb bei einer Schätzung von dreißig bis vierzig Millionen Dollar aber unverkauft, weil es noch nicht typisch genug für Schieles spätere Expressivität ist. Seinen eigenen Malstil entwickelte er von 1910 an, vor allem in zahlreichen Selbstbildnissen auf Papier und Leinwand und den Akten junger Frauen, die ihm wegen als pornographisch empfundener Inhalte und angeblicher Verführung einer Minderjährigen 1912 einige Tage Untersuchungshaft eintrugen. 1918, im Alter von nur achtundzwanzig Jahren, starb Schiele an der Spanischen Grippe.
Es irritiert ein wenig, dass den Titel des üppigen Bands, der ein Werkverzeichnis von Schieles sämtlichen Gemälden verspricht, die aquarellierte Gouache "Moa" von 1911 ziert. Das "räsonierende Werkverzeichnis der Schiele-Gemälde" erfasst nur die Schaffenszeit von 1909 an; die rund 170 Arbeiten aus Schieles Frühzeit konnten "im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Projektressourcen", wie es heißt, nicht näher dokumentiert werden. Autor des Werkverzeichnisses und Herausgeber ist Tobias G. Natter, der ehemalige Direktor des Leopold Museums in Wien. Der österreichische Experte für die Kunst der Moderne hat im Jahr 2012 bei Taschen auch schon ein Kompendium zum absoluten Star des Wiener Jugenstils, Gustav Klimt, vorgelegt - ebenfalls im XXL-Format.
FELICITAS RHAN.
Tobias G. Natter (Hrsg.): "Egon Schiele". Sämtliche Gemälde 1909-1918. Mit Beiträgen von Christian Bauer, Helena Pereña, Gemma Blackshaw, Jill Lloyd, Diethard Leopold und Ursula Storch. Taschen Verlag, Köln 2017. 608 S., Abb., geb., 150,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In einem Band: Sämtliche Gemälde von Egon Schiele
Wenn sich im Oktober 2018 der Todestag von Egon Schiele zum hundertsten Mal jährt, ist man jedenfalls mit einem gerade erschienenen Bildband in Übergröße bestens vorbereitet: Zumal dieses Buch nicht nur durch sein Format, sondern auch mit seiner Druckqualität besticht. Die mehr als 600 Seiten im Format dreißig mal vierzig Zentimeter, auf denen knapp 150 Zeichnungen und gut 220 Gemälde Schieles präsentiert werden, besitzen die farbliche und haptische Abbildungsqualität einer klassischen Kunstmappe. Dabei sind die zum Vergleich mit den Bildern ausgewählten Graphiken auf ein anderes, strukturiertes Papier gedruckt, was ihnen den Charakter von Faksimiles verschafft. Mit zahlreichen Detailaufnahmen und eigens neu fotografierten Werken, sämtlich in Farbe, überzeugt das Mega-Bilderbuch vor allem optisch.
Egon Schiele wurde am 12. Juni 1890 in der niederösterreichischen Kleinstadt Tulln an der Donau geboren. Die Wiener Akademie der bildenden Künste nahm ihn bereits als Sechzehnjährigen auf, ein Jahr später eröffnete er sein erstes Atelier und lernte Gustav Klimt kennen, der ihm väterlicher Freund und Gönner wurde. Der malerische Einfluss des Mentors ist in Schieles künstlerischen Anfängen noch deutlich zu spüren - etwa in seinem kürzlich in einer New Yorker Auktion angebotenem Gemälde "Danaë" von 1909. Es blieb bei einer Schätzung von dreißig bis vierzig Millionen Dollar aber unverkauft, weil es noch nicht typisch genug für Schieles spätere Expressivität ist. Seinen eigenen Malstil entwickelte er von 1910 an, vor allem in zahlreichen Selbstbildnissen auf Papier und Leinwand und den Akten junger Frauen, die ihm wegen als pornographisch empfundener Inhalte und angeblicher Verführung einer Minderjährigen 1912 einige Tage Untersuchungshaft eintrugen. 1918, im Alter von nur achtundzwanzig Jahren, starb Schiele an der Spanischen Grippe.
Es irritiert ein wenig, dass den Titel des üppigen Bands, der ein Werkverzeichnis von Schieles sämtlichen Gemälden verspricht, die aquarellierte Gouache "Moa" von 1911 ziert. Das "räsonierende Werkverzeichnis der Schiele-Gemälde" erfasst nur die Schaffenszeit von 1909 an; die rund 170 Arbeiten aus Schieles Frühzeit konnten "im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Projektressourcen", wie es heißt, nicht näher dokumentiert werden. Autor des Werkverzeichnisses und Herausgeber ist Tobias G. Natter, der ehemalige Direktor des Leopold Museums in Wien. Der österreichische Experte für die Kunst der Moderne hat im Jahr 2012 bei Taschen auch schon ein Kompendium zum absoluten Star des Wiener Jugenstils, Gustav Klimt, vorgelegt - ebenfalls im XXL-Format.
FELICITAS RHAN.
Tobias G. Natter (Hrsg.): "Egon Schiele". Sämtliche Gemälde 1909-1918. Mit Beiträgen von Christian Bauer, Helena Pereña, Gemma Blackshaw, Jill Lloyd, Diethard Leopold und Ursula Storch. Taschen Verlag, Köln 2017. 608 S., Abb., geb., 150,- [Euro].
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